1714 - Die Beausoleils
vergleichbar. Ein Sinn konnte nicht herausgehört werden. Wahrscheinlich waren es lediglich Peilsignale.
Die EVANGELINE erreichte das Vier-Planeten-System fast gleichzeitig mit der EMMELINE. Joseph Broussard jr. ortete den Sender auf einer einige hundert Meter hohen Felsnadel. Die EVANGELINE landete in der Nähe auf ihren Antigravfeldern in unwegsamem, felsigem Gelände.
Plötzlich brachen aus versteckten Höhlen wilde Gestalten hervor und versuchten, den Kugelgiganten, der aus dem Himmel gefallen war und nun über ihren zottigen Köpfen schwebte, mit Steinen zu bewerfen. Das mißlang natürlich.
Selbst als Joseph über die Außenlautsprecher stark übersteuerte Cajun-Musik eigener Produktion ertönen ließ, schreckte das die Wilden nicht ab. Inzwischen bevölkerten sie die umliegenden Geröllhalden zu Hunderten, machten Drohgebärden, brüllten und schleuderten ihre steinernen Waffen gegen den 100-Meter-Kreuzer. Sie waren im Schnitt kleiner als Terraner, und unter ihren wirren Gesichtshaaren zeigten sich Gesichter, die an die von Doggen erinnerten. Joseph taufte sie spontan Dogues.
„Laßt die Dogues sich müde tanzen", sagte er. „Michael und Dew sollen mit ihrer Mannschaft das weitere Gelände untersuchen. Ich sehe mir den Sender an. Alex begleitet mich."
Für Alexius Bullet war es eine große Ehre, mit Joseph in diesen Einsatz gehen zu dürfen. Er war noch nicht lange bei den „Beausoleils", hatte aber bereits das Gefühl, voll in die Truppe integriert zu sein.
Während sich Alex den SERUN überstreifte, dachte er daran, wie er Joseph zum erstenmal gegenübergestanden hatte. Alex war, was man auf der BASIS einen „Springer" nannte - nicht zu verwechseln mit den Angehörigen des gleichnamigen Händlervolkes, von dem es ebenfalls einige Vertreter an Bord gab. Sein Aliasname war nicht abwertend gemeint; es gab etliche solcher „Springer" auf dem Trägerschiff. Damit bezeichnete man Besatzungsmitglieder, die mehrmals ihre Einsatzgebiete wechselten, bevor sie das richtige Betätigungsfeld fanden.
Da Alex keine besondere Ausbildung besaß, nannte er sich nicht ohne Ironie einen „Allrounder". Er konnte von allem etwas. Was er aber wirklich gut beherrschte, das waren zwei Dinge, und diese waren es, die den Ausschlag dafür gegeben hatten, daß er auf der BASIS aufgenommen und den Einsatzkommandos zugeteilt wurde. Alex war ein guter Befehlsempfänger, und er tat immer genau das, was man von ihm verlangte. Auf ihn war Verlaß. Man mußte ihm nur sagen, was man von ihm wollte. Dabei war er überdurchschnittlich intelligent, nur eben zu faul, sich dieser Intelligenz zu bedienen. Er war sogar so intelligent, daß er bei Einsätzen stets im hintersten Glied blieb und Deckung hinter den Köpfen anderer suchte.
Darum war er auf der BASIS von einer Gruppe zur anderen abgeschoben worden, von den Kommandanten wie ein „Schwarzer Peter" weitergereicht, bis er zuletzt bei Joseph Broussards Einsatzkommando, den „Beausoleils", landete.
„Laisse les bon temps rouler, mon ami", sagte Joseph Broussard jr. zur Begrüßung - was soviel hieß wie „Genieße das Leben, mein Freund", - und setzte ihm ein Glas einer hellgoldenen und schaumlosen Flüssigkeit vor. „Trink ein Glas Jolie Blonde zum Einstand."
Und damit war Alex in die Beausoleil-Truppe aufgenommen. Ohne große Worte, ohne Eignungsprüfung, ganz formlos. Hinter dem hochtrabenden Namen „Jolie Blonde", was soviel wie „hübsche Blondine", hieß, verbarg sich ein leichtes, helles, recht bekömmliches Bier - von den „Beausoleils" an Bord der BASIS selbst gebraut. Da es jedoch keine natürlichen Hopfen- und Malzvorräte gab, mußten sich die „Beausoleils" beim Bierbrauen mit Ersatzstoffen behelfen. Die bordinternen Anlagen waren dabei beim Produzieren von Zusatzstoffen sehr wichtig. Darunter mochte die Qualität des Jolie Blonde leiden, weswegen Außenstehende es abfällig auch als „eine bloß den Stoffwechsel fördernde Designer-Droge" bezeichneten.
Alex fühlte sich bei den „Beausoleils" wohl, und er verehrte Joseph als einen draufgängerischen Naturburschen mit faszinierendem „Bauern-Charme".
Doch schon bald erkannte Alex, daß das, was er für derben Charme hielt, eigentlich Charisma war. Und dem war er verfallen.
Joseph Broussard jr. erweckte auf den ersten Blick den Eindruck eines zu rasch gealterten Sechzigjährigen. Er war ein Bär von 1,90 Metern, hatte ein derbes pockennarbiges Gesicht, das zusätzlich von einem gewaltigen Schnurrbart
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