1716 - Die Hantel des Somers
schließlich gaben sie es am 16. Februar auf.
Inzwischen hatte sich die Todeszone um den Mars auf rund hundertachtzigtausend Kilometer ausgedehnt. Drumherum existierte nach wie vor ein ausgedehntes Feld, das bei den Menschen Übelkeit hervorrief und jeden vor dem Weiterflug warnte.
Terra schickte Robotschiffe in die Todeszone, die Messungen vornahmen und unablässig den Mars beobachteten. Doch über dem Planeten blieb es ruhig. In jenem Bereich zwischen fünfzig und fünfhundert Kilometern über der Oberfläche materialisierte nichts mehr, kein Kristall, rein gar nichts. Es schien, als wisse eine unbekannte Macht genau darüber Bescheid, daß nun genug Kristalle auf dem ehemaligen Passageplaneten abgesetzt worden waren.
Oder der einseitig offene Übergang existierte nicht mehr.
*
NATHAN meldete sich am 17. Februar kurz nach Tagesanbruch, nach terranischer Zeit.
Boris Siankow fuhr von seinem Schreibtisch hoch und starrte in Richtung des Hologramms, das die Anwesenheit NATHANS symbolisierte. „Was sagst du?"
„Über eine halbe Million Recheneinheiten sind das Ergebnis meiner Arbeit, Boris. Der Algorithmus befindet sich bereits in euren Speichern."
„Danke, NATHAN."
„Keine Ursache. Stets zu Diensten."
Siankow erhob sich schwankend.
Ein Algorithmus mit über einer halben Million Recheneinheiten bedeutete mehrere Millionen Stellen und Ziffern!
Die Frage, ob NATHAN sich verrechnet haben konnte, erübrigte sich. Ein solcher Fall war praktisch nicht möglich.
Der Nexialist setzte sich mit dem Hauptlabor in Verbindung. Aroff Bowler saß bereits an seinem Platz und nahm das Gespräch an. Er lachte nur und machte mit der Hand eine Geste der Beruhigung. „Wir haben es schon entdeckt. NATHAN hat uns die Daten ohne Akustikmeldung einfach in den Syntron geschmuggelt. Sollen wir beginnen?"
Boris überlegte kurz. Er hatte noch nicht gefrühstückt und spürte eine dumpfe Leere in seinem Magen. Was er brauchte, waren ein Kaffee und ein Essen. „Ja, fangt an! Ich komme so schnell wie möglich zu euch hinunter."
Eine halbe Stunde später traf er im Hauptlabor in UREO Vein. Die ersten Strukturanpassungen an die neuen Gegebenheiten hatte der Syntron in seinem Innern bereits vollzogen. Mit Hilfe des Algorithmus gelang eine reibungslose Annäherung an die Komplexe und ihre Einzelteile. Der Syntron setzte sie in Rechenwerte nach terranischem Muster um, überspielte sie in einen neu geschaffenen Speicher in seinem Mikrokosmos und setzte sie dort in entsprechender Weise wieder zusammen.
Die gesamte Operation der Umsetzung nahm zehn Stunden in Anspruch. Die erste Hürde war genommen, und Siankow gab das Ergebnis NATHAN zur Gegenprüfung. Die Mondsyntronik bestätigte die Richtigkeit.
Der Nexialist gab sich damit nicht zufrieden. Er ließ NATHAN den Algorithmus umkehren und den Inhalt des neuen Speichers in das porleytische Rechensystem zurückübertragen. Der Syntron legte erneut einen Speicher an und verglich dessen Inhalt nach Abschluß der Übertragung mit den Prozessen und Komplexen im Kristall, den Dilja Mowak aus der Großen Magellanschen Wolke mitgebracht hatte.
Die Inhalte beider Speicher stimmten bis ins letzte Detail überein.
Boris Siankow war vorerst zufrieden. „Wir beginnen mit der Auswertung", verkündete er. „NATHAN, bitte stelle uns die entsprechende Rechenleistung zur Verfügung, sofern sie benötigt wird."
„Ich stehe voll zur Verfügung", meldete die Riesensyntronik unter der Oberfläche des Erdtrabanten.
Nach der Adaption der porleytischen Speicherinformationen auf die terranischen Systeme war es kein großes Problem mehr, erste mathematische Berechnungen anzustellen und die einzelnen Komplexe, die in ihnen enthaltenen Prozesse und schließlich die unterste Ebene der Operationen zu vermessen und zu ergründen. Erste Einblicke in die Konstruktionsprinzipien boten sich, und mit jeder Stunde und jeder Umsetzung von Operationen in technische Abläufe und optische Vorgänge kamen sie ihrem eigentlichen Ziel ein Stück näher.
Boris Siankow wurde mit jedem Ergebnis stiller und andächtiger.
Welch ein Unterschied zu früheren Zeiten das war!
Damals hatte die Technik der Porleyter für die Terraner ein Buch mit sieben Siegeln dargestellt. Jeder Versuch, diese Technik zu ergründen, wäre gescheitert. Man hatte sich damit abfinden müssen, sie lediglich zu bedienen wie etwa den Devolator gegen den Herrn der Elemente.
Und jetzt gelang dieser Durchbruch - mit einer aus porleytischer Sicht
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