1719 - Die Totenliste
PARACELSUS-Kommandant den Eindruck, aus den Vogelaugen würden Funken sprühen. Dann aber hatte sich Uleboe wieder in der Gewalt.
„Ich sollte die Leichname nun abholen lassen", sagte der Somer. „Ihr werdet die Übergabe in die Wege leiten. Wir nehmen unsere Helden an dem Transmitter in Empfang, durch den ihr ins Tor gekommen seid - und durch den ihr jetzt wieder auf eure Schiffe zurückkehren dürft. Betrachtet meinen Dank als den Dank meines Volkes."
„Moment", sagte da Dara Sheenbar. „Das war noch nicht alles, Freund Uleboe."
*
„Die Überführung eurer Toten war der eine Grund für uns, hierher zum Gom-Tor zu kommen", erläuterte die Hanse-Spezialistin. „Der andere ist, daß wir über neue Handelsbeziehungen zwischen Estartu und der Lokalen Gruppe verhandeln wollen. Dies war ja nicht zuletzt Furunoeds Forderung, als er mit der CILINO in der Milchstraße ankam. Wir sind nun hier, und ich habe entsprechende Vollmachten der Kosmischen Hanse bei mir."
Dara sah den überraschten Blick von Nuka Kullino, der mit einer so forschen Initiative ihrerseits offenbar nicht gerechnet hatte. Aber das war nun einmal ihre Aufgabe - der Grund, weshalb sie an der Mission teilnahm.
Im Solsystem hatte man geahnt, daß die Somer im Gom-Tor, wie von ihnen gewohnt, „unter sich" bleiben wollten. Ihr Verhalten stand ganz im Gegensatz zu dem Anspruch, den Furunoed in der Galaxis angemeldet hatte. Dieses Volk war so, und das hatte man zu akzeptieren. Doch nun bestand der Verdacht, daß die Somer ein undurchsichtiges Spiel trieben, und es lag nicht im Interesse der Galaktiker, unmittelbar nach der Übergabe der Toten aus dem Gom-Tor hinauskomplimentiert zu werden.
Dara tat nichts anderes, als den Spieß umzudrehen und Furunoeds laut und deutlich gestellte Forderung, so verlogen sie auch erschien, gegen seine Artgenossen zu kehren. Wenn Uleboe in das eingeweiht war, was das eigentliche Ziel der CILINO gewesen war, dann durfte er sich jetzt keine Blöße geben.
„Ich sollte", begann der Tormeister mit seiner stereotypen Formel, „mich entschuldigen." Auch das war nicht neu und klang entsprechend unwahr, noch dazu kitschig. „Natürlich sind wir an der Verbesserung unserer Handelsbeziehungen interessiert." Es folgte ein Laut, der vielleicht das somerische Gegenstück zu einem halb verlegenen, halb verärgerten Räuspern war. „Was habt ihr uns anzubieten?"
„Eine ganze Menge, denke ich", pokerte Dara charmantgerissen. „Den Beginn eines wirklichen Warenaustauschs zwischen Estartu und der Lokalen Gruppe über die Transmitterstraße. Es sind nach oben hin keine Grenzen gesetzt, soweit es die Kapazität der Transmitterstrecke zuläßt."
„Das klingt sehr gut", mußte Uleboe bekennen. Es war die erste Äußerung, die er ohne „Ich sollte..." begann. Vielleicht war dies ein Zeichen dafür, daß er sich zunehmend unwohl fühlte.
Dara verstärkte den psychologischen Druck auf ihn. Sie trieb ihn in die Enge, die Furunoed unbeabsichtigt für ihn geschaffen hatte, und als sie mit ihren Ausführungen am Ende war, hatte der Somer nur noch die Wahl, ihr und den anderen Galaktikern den Aufenthalt im Gom-Tor bis auf weiteres zu gestatten oder seine Maske zu verlieren.
„Wir möchten uns ein umfassendes Bild von den technischen und organisatorischen Möglichkeiten des Gom-Tores machen", faßte Dara noch einmal ganz kurz zusammen. „Ich bin ermächtigt, euch bereits konkrete Angebote zu machen; entsprechende Verträge befinden sich in unserem Gepäck." Sie lächelte. „Wir prüfen das Transmittertor - und damit dieStraße -, und ihr prüft unsere Angebote oder unterbreitet selbst welche, falls ihr schon soweit seid."
Uleboe schien noch einmal Land zu sehen, denn sofort hakte er ein: „Ich sollte euch überaus dankbar sein, ihr kommt unseren Wünschen wirklich sehr entgegen." Es klang so verlogen, daß Nuka Kullino Mühe hatte, sich zu beherrschen und Angst darum, daß Arnim Possag jeden Moment in die Luft gehen würde. Es war keine Rede mehr von den fünfzig Toten. So unangenehm dem Tormeister die Hartnäckigkeit der Galaktiker war, desto erleichterter schien er darüber zu sein, daß sie die CILINO und deren Schicksal nicht mehr erwähnten. Uleboe beugte sich vor. „Aber genau das ist das Problem, meine Freunde."
Das Wort war wie Galle aus seinem Mund.
Er, der vorhin noch so herrisch auftretende Somer, redete plötzlich daher wie in einer schlimmen Schmierenkomödie. Auch Dara war angewidert, machte sein Spiel aber
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