1719 - Die Totenliste
zu nehmen und zu bestatten - oder was immer ihr sonst mit euren Verstorbenen macht."
Uleboe, der sich von seinen Artgenossen, außer durch die Größe und Flaumfarbe, durch eine Vielzahl umgehängter, münzenähnlicher Schmuckstücke - es gab eine Zeit, da hätte man „Orden" dazu gesagt - und die aus Gurten und Riemen bestehende Bekleidung mit einer Reihe von technischen Kleinstgeräten unterschied, stieß einen trompetenden, grellen Schrei aus und begann unvermittelt, in dem großen ovalen Schaltraum vor den Galaktikern auf und ab zu stolzieren, immer wieder von links nach rechts und wieder umgekehrt. Manchmal blieb er stehen, starrte sie der Reihe nach an, als wolle er sie hypnotisieren. Dann ging das Spiel wieder von vorne los, bis der Tormeister sich endlich beruhigt zu haben schien.
Er stellte sich wieder vor den Galaktikern auf, denen es schwerfiel, einfach sitzenzubleiben. Aber sie hatten einen Auftrag und bissen deshalb die Zähne zusammen.
„So!" sagte er schließlich. Aus den Translatoren der Galaktiker klang seine Stimme etwas weniger schrill, fast erträglich. „Ich sollte euch wahrscheinlich dankbar sein."
„Das... ist nun wirklich nicht nötig", wehrte Kullino in schon provozierend gespielter Bescheidenheit ab. „Wir taten nur unsere Pflicht."
Uleboes Augen funkelten ihn an.
„So ist es wohl", sagte er dann, überraschend ruhig. Er redete jetzt normal, schrie nicht mehr. „Ich sollte mich bei euch entschuldigen. Ich war unfreundlich."
„Das verstehen wir doch", antwortete Possag. „Bei dem Schmerz über den Verlust von Kameraden..."
Kullino sagte nichts, aber er konnte sich nicht helfen; er hatte nicht den Eindruck, als sei Uleboe so stark vom Tod der fünfzig Somer betroffen.
„Ich sollte wohl jetzt nicht danach fragen", fuhr der Vogelähnliche fort, „was mit den Habseligkeiten der Verstorbenen und der Fracht geschehen ist, welche die CILINO an Bord hatte, als sie in eure Galaxis kam. Aber ihr werdet verstehen, daß man auch mir diese Fragen einmal stellen könnte."
Er drückt sich verdammt vorsichtig aus, dachte Kullino. Und das paßt absolut nicht zu ihm.
„Natürlich verstehen wir das", kam es von Possag. Der Plophoser grinste breit. Wenn Uleboe hier ein Spiel spielte, dann spielte der ARGYRIS-Kommandant mit. Kullino verfolgte die Unterhaltung mit gerunzelter Stirn, schwieg aber weiter. Einmal fing er einen Blick von Dara Sheenbar auf und wußte, daß sie sein wachsendes Unbehagen teilte. „Die CILINO-Mannschaft brachte einige sehr seltsame Dinge mit, die uns, ganz ehrlich gesagt, noch zu schaffen machen." Er hob abwehrend die Hände. „Ich meine damit nicht, daß die Terraner oder andere Galaktiker sie haben - wenn man von einer Handvoll altgedienter Veteranen absieht, die mit ihnen in die Große Magellansche Wolke geflogen sind und bisher nicht wieder aufgebracht werden konnten."
Und er erzählte von den Hanteln und anderen Dingen, verstand es dabei aber meisterhaft, das alles so aussehen zu lassen, als sei diese Angelegenheit für die Galaktiker erledigt.
Um glaubwürdig zu erscheinen, mußte er zugeben, daß die Terraner um die Fracht der CILINO wußten. Denn wenn die fünfzig Somer mit einem Auftrag in die Galaxis gekommen waren, von dem Uleboe und seine Besatzung unterrichtet waren, dann mußten sie auch davon ausgehen, daß Furunoed und seine Leute zumindest damit begonnen hatten, ihre Geräte an den Mann zu bringen.
Nuka Kullino mußte den Plophoser für seine geschickte Strategie bewundern, wobei er sich allerdings fragte, wie lange der Haudegen das durchhielt.
Es kam auf Uleboes weitere Reaktionen an, und die waren überraschend genug. Gleichzeitig paßten sie in das noch vage, aber düstere Bild, das sich in Kullinos Kopf allmählich zu formen begann.
Natürlich hatte Possag kein Sterbenswort über das unbekannte Raumschiff verloren, das Nymans Veteranen zur erneuten Flucht verhelfen hatte.
Uleboe setzte sich endlich auch. Die Sessel der Somer waren schalenförmig. Der Tormeister verschwand halb zwischen den hohen Lehnen, auf denen er die Arme ausstreckte.
„Ich sollte euch wirklich dankbar sein", sagte er. „Natürlich werden wir unsere Brüder und Schwestern bestatten, wie es wahren Helden gebührt.
Denn Helden waren sie, wenn ich euren Bericht richtig interpretiere. Um ein großes Blutvergießen zu verhindern, haben sie sich selbst geopfert."
„So könnte man es sehen", meinte Kullino.
Uleboes Kopf fuhr zu ihm herum. Für eine Sekunde hatte der
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