172 - Der Erzdämon schlägt zu
Sonnenuntergangs aufwies?
Kam da etwas?
Coco artikulierte einen Lockschrei, den Rebeccas Fledermausgeschöpfe hören mußten, wenn sie es, waren.
Es kam keine Antwort.
Vor Coco drehte sich alles. Sie hielt sich am Torflügel fest. Wieder gab sie den Lockschrei von sich, den sie von Rebecca gelernt hatte.
Sie fühlte, wie ihr die Sinne schwinden wollten. Mit aller Macht stemmte sie sich dagegen. Wieder sah sie Punkte am Himmel. Oder waren es nur schwarze Flecken vor ihren Augen? Die Wirklichkeit verschwamm, wurde von Wunschvorstellungen überlagert. Sie hoffte, daß dort unten Rebecca und Olivaro rettend eingreifen konnten. Sie fragte sich, wie sie Dorians Tod überstehen würde. Immerhin war er der Vater ihres Sohnes. Sie liebte ihn trotz aller Zerwürfnisse, die zuweilen auftraten. Wie würde sie reagieren, wenn nur sie dieses Abenteuer überlebte?
Plötzlich waren da Fäuste, die zupackten. Olivaros Zauber war erloschen, wirkte nicht mehr. Coco sah in die starren, maskenhaften Gesichter von Indio-Sklaven, die sie ins Innere des Gebäudes zerrten. Sie sah, wie einer der Torflügel bereits wieder geschlossen wurde. Und plötzlich sah sie einen Dolch vor ihrem Gesicht aufblitzen. Die Klinge raste auf sie zu und war nicht mehr zu stoppen.
Coco schrie.
Dann wurde alles schwarz.
Hochaufgerichtet trat Rebecca in die Mitte des Saales, bis dicht vor den schwarzen Blutaltar. Sie trug ein rubinrotes, fließendes und durchscheinendes Gewand. Sie sah Luguri an.
„Du hast mich gerufen, Fürst der Finsternis, und ich bin gekommen."
„Du weißt, was ich von dir will", sagte Luguri und erhob sich. Rebecca nickte.
„Wie lautet deine Antwort?" fragte Luguri.
Rebecca sah sich um.
„Fürst, ich bin nicht gewillt, die Kompromisse zu schließen, die man von mir verlangt", sagte sie.
Sie zeigte auf Don Hermano Munante. „Seinen Alleinherrschaftsanspruch über Südamerika kann ich nicht anerkennen. Ich bin bereit, dem Fürsten der Finsternis die Treue zu geloben, als Anführerin aller Vampirsippen in aller Welt."
Dorian atmete tief durch. Rebeccas Wortwahl war geschickt. Sie hielt sich ein gewaltiges Hintertürchen offen. Als Anführerin aller Vampirsippen in aller Welt - das konnte noch ein paar Jahre oder Jahrzehnte dauern, bis sie dieses Ziel erreicht hatte. Wenn sie dem Fürsten solange keine Treue zu geloben brauchte, war das für sie ein unschätzbarer Vorteil, der dem Fürsten auch noch einen Waffenstillstand abzwang.
Luguri begriff das auch ohne seinen Ratgeber Zakum.
„Vampirin, ich bin nicht gewillt, mich auf einen faulen Handel einzulassen", donnerte er. „Ich will deinen Schwur hier und jetzt, als das, was du hier und jetzt bist. Du bist in meiner Gewalt. Ich gebe dir die einzige Chance, zu beweisen, ob du dich mir unterordnest oder nicht."
Rebecca schwieg.
„Nun gut", sagte Luguri. „Dann wird dein Blut die Näpfe der Menhire füllen. Und ich werde erfahren, was ich von dir wissen will. Du wirst hier sterben."
Er hob beide Hände.
Rebecca keuchte auf. Die geballte Magie, von der der Saal erfüllt war, griff nach ihr. Sie wurde in einen fahlen Energiebogen gehüllt, der aber wieder zusammenbrach. Luguri stutzte.
Er verstand nicht, was es war, das ihn behinderte. Aber er hatte noch andere Möglichkeiten. Er winkte den Sklaven der Munantes.
„Packt sie auf den Altar!" schrie er. Zugleich verließ er seinen Thron. Don Hermano lachte schrill und trat näher, während vier Sklaven zugleich Rebecca ansprangen und sie auf den Altarstein schleuderten. Dort hielten sie sie fest.
Don Hermano zückte das Opfermesser und hielt es hoch empor.
„Ha, nein!" dröhnte Luguris Stimme. Er trat vor seine Blutorgel. „Das übernehme ich selbst. Ihr anderen - bereitet die weiteren Opfer vor. Die Hexe!"
Er zeigte auf Coco.
Dorian riß an seinen Ketten. Aber er konnte nicht verhindern, daß die reglose, aber noch lebende Coco losgekettet und ebenfalls zum Altar geschleppt wurde. Sie wehrte sich nicht.
Welche Ironie, dachte Dorian bitter. Die beiden Jugendfreundinnen sterben hier zusammen!
Unga stemmte sich mit seinen Bärenkräften ebenfalls gegen die Ketten, konnte aber nichts ausrichten. Don Hermano hielt das Messer über Coco, bereit, zuzustoßen.
Und als die Macht der Blutorgel erwachte, senkte sich das Opfermesser in Cocos Herz.
Coco hörte das Rauschen von Flügeln. Sie riß die Augen wieder auf und erkannte, daß sie noch lebte. Aber sie war unendlich schwach. Unwillkürlich tastete sie dorthin, wo
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