1720 - Kommandant der Abruse
„Nadja... C’est vrai?" stotterte er dann. Sein mächtiger schwarzer Schnurrbart begann zu zittern.
Nadja Vandemar nickte; auch wenn sie die Aussage nicht verstand, war ihr klar, was er gesagt hatte.
„Verzeihung... das wußte ich nicht..." stieß der Cajun hervor und griff sich an den Hals, weil er spürte, wie sich die Schlinge zuzog. Egal, was er jetzt noch sagte, es konnte nur falsch sein.
„Was sollte ich denn entschuldigen?" entgegnete Nadja ein wenig spitz.
„Ziehst du dein Kompliment zurück, da ich nicht Mila bin?"
„Mais non... natürlich nicht...", stammelte der Mann, „ich meinte nur, wegen Mila.... aber da sie ohnehin nicht da ist.... entschuldige, da kommt gerade ein wichtiger Ruf, bis später..." Er schüttelte den Kopf und unterbrach die Verbindung.
Nadja konnte sich nicht mehr zurückhalten, sie platzte laut lachend heraus, bis ihr die Tränen in die Augen traten. Mila, die soeben hereinkam, blieb erstaunt stehen.
„Was ist denn los?" fragte sie.
Nadja erzählte ihr die Episode, obwohl sie selbst kaum reden konnte.
„Du bist gemein", sagte Mila vorwurfsvoll und prustete dann selbst los.
„Ich weiß", gab Nadja zu, nachdem sie sich ein wenig beruhigt hatte.
„Ich werde ihn jetzt anrufen und mich entschuldigen. Aber ich konnte einfach nicht anders, Mila. Hoffentlich habe ich dir da jetzt nicht etwas vermasselt."
„Ach, er ist ganz nett", meinte die Schwester achselzuckend.
„Mehr nicht?"
„Auf mehr lasse ich mich nicht ein."
Nadja wurde für einen Moment ernst. Sie strich Mila sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Du bist ein Mensch, Mila. Eine Frau.
Sperr deine Gefühle nicht ein."
„Und du?" gab Mila zurück.
Nadja gab darauf keine Antwort, sonst hätte sie gestehen müssen, daß sie ein Geheimnis vor ihrer Schwester hatte. Statt dessen rief sie Joseph Broussard jr. an.
Der starrte etwas entgeistert auf das Holo, das die beiden Schwestern zeigte, eine als perfektes Spiegelbild der anderen. Bisher war diese unglaubliche Ähnlichkeit niemandem sonderlich aufgefallen, da die beiden sich meist etwas unterschiedlich kleideten und auch die Frisuren variierten.
Nadja trug beispielsweise gerne modische Accessoires und steckte sich häufig einen kleinen Kamm oder eine hübsche Klammer ins Haar, während Mila auf schmückendes Beiwerk fast ganz verzichtete, dafür aber farbenfrohere Kleidung bevorzugte. Dieses Outfit war so unverwechselbar, daß sie häufig auseinanderzuhalten waren, selbst wenn sie allein auftraten.
Im Moment aber gab es nicht die geringste Möglichkeit, sie zu unterscheiden. Der Cajun hatte, da er Mila sprechen wollte, einfach automatisch angenommen, daß er diese vor sich hatte; ihm war gar nicht die Idee gekommen, daß er sie mit ihrer Schwester verwechseln könnte.
Die beiden lächelten ihn synchron an; man hätte es für eine optische Täuschung halten können.
„Ich möchte mich bei dir entschuldigen, Joseph", sagte die junge Frau, die vor einem halb aufgegessenen Frühstück saß. „Ich habe mir einen Scherz auf deine Kosten erlaubt, das tut mir wirklich leid. Ich hoffe, du bist mir nicht böse deswegen."
„Selbstverständlich nicht, Nadja", sagte der Cajun. „Ich gebe zu, die Situation entbehrte nicht einer gewissen Komik... Normalerweise bin ich auch nicht so uncharmant, aber du hast mich völlig aus dem Konzept gebracht."
Nadja lachte herzlich, und er fiel in ihr Lachen ein. „Ich werde es bei Gelegenheit ausgleichen", versprach sie.
*
19 Tage waren vergangen, seitdem die drei ayindischen Rochenschiffe CADRION, MANAGA und TYRONA tief in die Todeszone hineingeflogen waren, zusammen mit den mutigen Männern und Frauen der Beausoleils jener Truppe aus Eigenbrötlern, deren Anführer sich gern der nahezu ausgestorbenen französischen Sprache bedienten, ihre „Jolie Blonde" selbst brauten und ausgelassene Feste feierten.
Diesem Kommando war etwas ganz Entscheidendes gelungen: Die Beausoleils hatten ein Kommandoschiff der Abruse, einen rund 1500 Meter durchmessenden „Diamanten", geentert. Das aufgebrachte Schiff war in drei hohlkugelförmige Sphären unterteilt gewesen. Im dritten, innersten Ring stießen die Terraner auf das Kommandozentrum, überwacht von vierzehn Kommandanten.
Bei der ersten Begegnung der CADRION im Februar 1217 NGZ mit einem Diamanten hatte Gucky festgestellt, daß diese Kommandanten eine Art Intelligenz besaßen. Damit war den Galaktikern das erste Mal die Möglichkeit gegeben, Kontakt mit einem der
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