1722 - Abrutians Boten
der höchst geheimnisvolle Geisteslenker auf.
Von der Immunen, die ihm vorausgegangen war, fand der ehemalige Maskenträger keine Spur. Sie konnte nur in Richtung Senke verschwunden sein.
Er machte sich vorsichtig an den Abstieg. Auf die ominösen Quesch, die im Horchturm hausen sollten, deuteten nicht einmal Anzeichen hin.
Saedelaere vermutete, daß er sie am Fuß der Schüssel finden würde.
Was sich dort unten befand, vermochte er nicht zu erkennen - obwohl er aus einiger Höhe hinabschaute. Für terranische Augen überlagerte eine flimmernde undurchdringliche Schicht die Senke.
Nach wenigen hundert Metern ging der steile Abhang in flacheres Gefalle über. Dafür wuchsen aus dem Boden niedrige Wände, zuerst nur wenige Zentimeter, dann kniehoch. Etwa einen halben Kilometer konnte er von dieser Sorte übersehen.
Saedelaere begriff, daß er es mit einer Art Labyrinth zu tun hatte. Da jedoch von jedem Punkt mehrere Wege wegführten, gab es auch mehr als einen Weg nach unten.
Je weiter er hinabstieg, desto mehr gewannen die Mauern an Massivität. Hüfthoch, bis über den Kopf hinweg. Keine einzige reichte länger als hundert Meter. Wenn er sie umrundet hatte, wurde er von der nächsten Mauer in eine neue Richtung gezwungen.
Saedelaere hatte das Gefühl, als würden die Mauern leben, als wohne ihnen eine lebendige Seele inne. Mit dem Individualtaster seines Anzugs checkte er das Material: normaler Sandstein, allerdings von hoher Festigkeit. Es war unwahrscheinlich, daß in dieser Mauer Leben existierte.
Trotzdem, der Turm wehrte sich gegen sein Eindringen. Dem ehemaligen Maskenträger wurde mittels einer nicht erklärlichen Gewalt eingegeben, daß er nicht erwünscht sei.
Er drehte sich um so schnell er konnte.
Niemand stand in seinem Rücken. Er war jedoch sicher, einen intensiven Blick gespürt zu haben. Da war es wieder, das Gefühl, intensiver als zuvor.
Er machte sich mit dem Gedanken vertraut, längst entdeckt zu sein: Diese Blicke in seinem Rücken, sie waren real und durchbohrten ihn mit spürbarer Aggressivität.
Saedelaere hätte das Flugaggregat benutzen können, am besten über die nächsten Mauern hinweg. Er glaubte allerdings nicht, daß das seine Probleme lösen würde. Also riß sich der ehemalige Maskenträger vom Anblick des Himmels los, so faszinierend dieser sein mochte, und beschleunigte soweit wie möglich seine Schritte. Ihm wurde bewußt, daß er keine Zeit mehr hatte, daß er in Perrys, Michaels und Ichos Interesse so schnell wie möglich ans Ziel gelangen mußte.
Außer Gucky und Dao-Lin hatten bereits Erfolg. Dann wartet alles nur auf mich. Ich kann es nicht wissen.
Er war sicher, daß von hier aus keine Funkverbindung nach draußen reichte.
Die Mauern wuchsen weiter an, je weiter er ins Zentrum vordrang.
Manche schienen nun, subjektiv betrachtet, mehr als fünfzig Meter hoch zu sein.
Und das Gefühl der Bedrohung lastete als tonnenschwerer Stein auf der Seele des ehemaligen Maskenträgers.
Sie waren jetzt überall, die unsichtbaren Fremden. Die Quesch. Saedelaere spürte, wie er den Verstand verlor. Seine Füße suchten automatisch den Weg über einen beinahe ebenen Boden. Durch den Schleier, der seine Gedanken umhüllte, begriff Saedelaere dennoch, daß er sich dem Zentrum der Senke näherte.
Vollständig eben konnte der Boden nur am Tiefpunkt sein.
Huschende Gestalten. Sie steigen vom Turm herab, begeben sich ins Reich der Lebenden und fressen ihre Seelen mit Mündern aus Feuer.
Saedelaere hatte sich im Lauf vieler Jahrhunderte eine besondere Art von geistiger Disziplin erworben. Es war nicht so einfach, ihn vollständig um den Verstand zu bringen. Körperlose Wesen waren es, die ihn umgaben, die immer wieder in seinen Schädel vorzudringen versuchten - und ebenso regelmäßig an einer mentalen Barriere scheiterten.
Und plötzlich öffneten sich vor seinem verschleierten Blick die Mauern.
Sie gaben den Blick auf eine kreisförmige, etwa hundert Meter durchmessende Fläche frei, die an einen Marktplatz erinnerte.
Saedelaere taumelte mit unkontrollierten Schritten mitten hinein. Eine seltsame Ausstrahlung erfüllte den Platz, die an seinem Körper zerrte, ihn auflösen wollte, um allein den Geist übrigzulassen.
Der ehemalige Maskenträger spürte seine Kontrolle schwinden. Er war nicht mehr imstande, den Kopf zu heben und zum Himmel aufzuschauen.
Wenn es einen Ort gab, an dem ein Mensch dem Hyperraum nahe sein konnte, dann hatte er diesen Ort erreicht.
Im selben
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