1722 - Flucht in die Finsternis
bekomme auch immer einen Termin, das hoffe ich zumindest.«
»Dann wollen wir es versuchen.«
»Hier?«
»Nein, wir können auch nach draußen gehen.«
»Ja, das wäre mir lieber.«
***
Unser Rover stand noch dort, wo wir ihn abgestellt hatten. Es war ihm auch nichts passiert, und wir versammelten uns vor dem Fahrzeug. Von hier aus wollte Jean anrufen.
Natürlich waren wir nicht allein. Die fremden Beobachter waren überall.
Sie hielten sich allerdings so weit entfernt von uns auf, dass sie nichts hörten.
Ich brauchte mein Handy nicht auszuleihen. Katanga besaß selbst ein Telefon. Er drehte uns den Rücken zu, als er telefonierte. Ich bekam Zeit, mich mit meinen Gedanken zu beschäftigen, und die gingen davon aus, dass wir wahrscheinlich in ein Wespennest gestochen hatten. Wir standen erst am Anfang dieser großen Jagd nach den Halbvampiren. Aber eine Voraussage hatte sich bereits erfüllt. Wir waren davon ausgegangen, dass sich diese Geschöpfe überall herumtrieben. Da spielte das gesellschaftliche Milieu keine Rolle. Und im Hintergrund tauchte bei meinen Gedankengängen stets das Bild einer hellblonden Blutsaugerin namens Justine Cavallo auf, die versuchte, die Halbvampire zu finden und auf ihre Seite zu ziehen. Sie wollte sich eine Macht schaffen, um ihre Pläne als Erbin von Dracula II durchziehen zu können.
So sehr sie auch verfeindet gewesen waren, jetzt hatten sie wieder zueinander gefunden, denn die Seele dieses unseligen Supervampirs war frei gekommen und hatte Justine Cavallo übernommen. Dadurch konnte sie noch stärker geworden sein.
Jean Katanga hatte sein Gespräch beendet und drehte sich zu uns um. Wir schauten in sein Gesicht, und uns war klar, dass er nicht besonders erfolgreich gewesen war.
Sehr bald schon erhielten wir die Bestätigung, denn da schüttelte er den Kopf.
»Nichts?«, fragte Suko.
»So ist es. Olivia ist nicht da.«
»Aber Sie haben mit jemandem gesprochen.«
Katanga nickte. »Das stimmt. Ihr Büro ist besetzt, ein Helfer oder so.«
»Kennen Sie ihn?«
»Nein. Und er gehört auch nicht zu den Eingeweihten, denn er hat mir nicht gesagt, wohin Olivia gefahren ist und wann sie wieder zurückkommt.« Er hob die Schultern. »Wir müssen also warten.«
Das gefiel uns ganz und gar nicht. Vor allen Dingen nicht in dieser Umgebung.
Wir baten ihn, uns Bescheid zu geben, sollte die Frau in ihr Büro oder in die Wohnung zurückgekehrt sein.
»Ja, das kann ich tun.«
Ich warnte ihn noch. »Bitte keine Alleingänge. Nur den Kundschafter spielen. Alles Weitere erledigen wir.«
»Ich habe verstanden.«
»Noch eine Frage«, sagte Suko. »Wo finden wir denn ihr Büro?«
»In der Backland Street. Das ist nicht weit von hier. Es gehört zu einer Außenstelle der Stadt.«
»Und sie ist nicht allein dort?«
»Nein, in diesem Haus sind noch andere Büros untergebracht. Olivia hat es geschafft, unter dem Dach eine kleine Wohnung zu bekommen. Die hat man ihr gern vermietet. So ist sie immer nahe an ihrer Arbeit.«
»Verstehe.« Suko drehte den Kopf und schaute mich an. Er musste nichts sagen, ich erkannte es an seinem Gesichtsausdruck. Dass wir wieder zurück ins Büro fahren wollten, schien ihm nicht zu passen, und er rückte auch mit seinem Vorschlag heraus.
»Ich denke, wir sollten jetzt schon hinfahren und uns zunächst mal umschauen.«
Dagegen hatte ich nichts. Nur Jean Katanga bekam große Augen. »Dann brauchen Sie mich nicht mehr – oder?«
»Das ist nicht gesagt, Jean. Es ist immer gut, wenn jemand dabei ist, den man kennt.«
»Alle kennen mich auch nicht.«
»Aber doch die wichtigen Personen.«
Etwas verlegen hob er die Schultern. »Nun ja, das kann man schon so sagen.«
»Super. Dann steigen Sie ein.«
Er tat es, und wenig später waren wir unterwegs …
***
Lange fahren mussten wir nicht, in der Not hätten wir die Strecke auch zu Fuß laufen können. Der Tag blieb weiterhin schön, die Sonne zog sich nicht zurück, wobei meine Gedanken im Gegensatz zu diesem Wetter schon trübe waren.
Bisher war nicht viel passiert. Wir hatten nur eine Aussage, einen Beweis dafür hatten wir nicht bekommen. Ich richtete mich dabei schon nach meinem Bauchgefühl, und das war nicht besonders positiv.
Die Gegend war nichts Besonderes. Es gab hier alte Häuser und Gassen, die in hintere Bereiche führten, wo weitere Häuser standen, allerdings nicht mehr so in Reih und Glied, sondern quer.
Die Sozialstation lag nicht vorn an der Straße. Wir mussten auf einen dieser
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