1727 - Der Schrecken von Dartmoor
bereits seit Urzeiten.
Ihr Verhalten hatte sich nicht geändert. Wie immer war Winston Fox der ruhigere Mensch. Er saß am Tisch und schaute auf die Platte. Nicht so seine Frau.
Sie ging im Zimmer auf und ab. Blieb mal stehen, schaute zum Fenster hin und nickte dann.
»Glaubst du denn daran, dass wir freikommen?«
»Ja, Winston, daran glaube ich. Die Hölle lässt uns nicht im Stich, das weiß ich genau.«
»Und wie soll das passieren?«
»Du wirst es sehen, wenn es so weit ist. Für den Teufel gibt es kein Hindernis.«
»Ich hoffe es.«
»Ich weiß es.«
Ihr Gespräch schlief ein. Jeder wartete darauf, dass etwas passierte, aber die Zeit verstrich, und der Himmel wurde immer heller.
Erica stand wieder vor dem Fenster. Die Gitterstäbe waren breit genug, um ihr einen guten Ausblick zu ermöglichen, und sie zuckte plötzlich zusammen, als sie etwas sah, das sich genau vor dem Fenster auf der anderen Seite zeigte.
Das Tier war da!
Erica schrie leise auf. Sie sah die Fratze vor dem Fenster schweben und war überglücklich. Jetzt konnte nichts mehr schiefgehen, denn sie glaubte fest, dass dieses Tier nur erschienen war, um ihnen zur Flucht aus der Klinik zu verhelfen.
»Bist du es wirklich?«, flüsterte sie. Eigentlich erwartete sie keine Antwort, die bekam sie trotzdem, denn hinter ihr wurde die Zimmertür geöffnet.
Die Frau drehte sich um.
Der Schreck durchfuhr sie, denn in der offenen Tür stand der Pfleger Kevin.
Jetzt war alles aus!
Der Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Sie konnte sich eine Flucht nicht mehr vorstellen, und sie fragte sich auch, warum dieser Kevin hier erschienen war. Der kam doch sonst nicht um diese Zeit, um nach ihnen zu sehen.
Ihr Mann hatte ihn auch bemerkt. Er blieb am Tisch sitzen und drehte nur den Kopf.
Erica wusste, dass die Fratze des Tiers noch immer hinter dem Fenster lauerte und dass auch Kevin sie sehen würde. Sie wartete auf dessen Reaktion, aber die erfolgte nicht. Zumindest nicht so, wie sie es sich gedacht hatte.
Er nickte in den Raum hinein, und dabei sprach er einen Satz, der beide erstaunte.
»Kommt mit…«
Erica Fox musste schlucken. »Was hast du da gesagt? Wir sollen mitkommen?«
»Ja.«
»Und wohin?«
»Nach draußen! Weg von hier!«
Beinahe hätte Erica laut gelacht. Das aber ließ sie bleiben, dafür war sie plötzlich voller Freude. Sie dachte an das Tier. Es hatte sie nicht im Stich gelassen und würde dafür sorgen, dass alles glatt lief.
Aber mit Kevin?
Sie trat näher an ihr heran und rechnete damit, dass er das Zimmer verlassen würde, was er nicht tat. Dafür schaute er sie an und sie ihn.
Und da sah sie etwas, das ihrer Freude noch einen weiteren Kick gab. Es lag am Blick des Pflegers, denn der hatte sich verändert. Er war ohne Leben, in den Höhlen befanden sich zwei starre Glotzaugen, und als er die nächsten Worte sprach, hörte es sich an, als würde ein Automat reden.
»Ihr sollt jetzt mitkommen. Sofort!«
»Aber sicher kommen wir mit, Kevin. Sehr gern, das kann ich dir versprechen, und ich habe auch schon alles vorbereitet.«
Das war keine Lüge, denn sie hatte ihren kleinen Koffer gepackt. Ihrem Mann war das gar nicht aufgefallen. Alles war nur an ihr hängen geblieben, aber das hatte sie gern getan, denn sie wusste genau, dass es keinen anderen Weg gab, dieser verdammten Hölle zu entkommen.
Sie schnappte sich den Koffer, blieb vor ihrem Mann stehen und stieß ihn an.
»Los, hoch mit dir.«
»Und dann?«
»Steh endlich auf, verdammt noch mal. Ich will nicht, dass du dich gehen lässt.«
»Ja, ist schon gut.«
Er stand auf, auch wenn er sich langsam bewegte und den Eindruck machte, als hätte er nichts von dem begriffen, was hier vor sich ging. Erica schaute auf Kevin. So richtig traute sie dem Frieden noch nicht. Er war durchaus in der Lage, es sich plötzlich anders zu überlegen, doch das trat nicht ein.
Kevin wartete an der Tür, und Erica nahm Winston an der Hand. So gingen sie auf den Pfleger zu, der ihnen bereitwillig Platz machte, sodass sie in den Flur treten konnten.
»Und jetzt?«, fragte Erica.
»Ich gehe vor.«
»Ja, tu das.«
Ihre Spannung wuchs von Sekunde zu Sekunde. Dass ausrechnet Kevin sie aus der Klinik schaffen wollte, war einfach sensationell. Aber dafür hatte eine andere Macht gesorgt, der sie nicht dankbar genug sein konnte.
Und so gingen sie in den Flur und wandten sich dort nach rechts, wo die Treppe lag.
Niemand hielt sie auf ihrem Weg nach unten in den Bereich des Ausgangs
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