1731 - Der Zwitter
nicht.«
Maxine blieb am Ball. »Aber du musst dir doch Gedanken gemacht haben.«
»Das habe ich versucht.«
»Und?«
Kim seufzte. »Ich sehe keine Lösung. Ich weiß nur, dass ich ihnen entkommen bin. Vorerst zumindest, aber ich kann euch nicht sagen, wie es weitergeht.«
Carlotta sagte: »Ist es nicht auch möglich, dass sie dich in Ruhe lassen?«
Kim dachte etwas länger nach, bevor er sagte: »Nein, das ist nicht möglich. Ich gehöre weder zu der einen noch der anderen Seite, ich stehe zwischen den Fronten. Ich weiß auch, dass ich etwas Besonderes bin, aber ich will nicht sterben. Auch ich habe ein Recht auf Leben, denn ich bin gezeugt worden.«
Beim letzten Satz hakte Maxine ein. »Kannst du uns sagen, wer deine Eltern sind?«
»Das habe ich schon.«
»Ja, aber du hast uns keine Namen gesagt. Möglicherweise können wir damit etwas anfangen.«
Kim überlegte. »Ich kenne die Namen nicht. Ein Engel und ein Dämon oder ein Teufel, das ist es. Sie hätten es nicht tun sollen und haben es trotzdem getan, und ich bin das Produkt.«
»Und wer will dich töten?« Carlotta wartete gespannt darauf, ob sie eine Antwort bekam, aber die erfolgte erst nach einigen Sekunden.
»Sie sind alle hinter mir her. Viele machen sich einen Spaß daraus. Einmal bin ich ihnen entkommen, aber das ist keine Lösung. Ich weiß, dass ich ihnen nicht entkommen kann. Sie sind einfach zu stark für mich, und sie werden mich jagen. Das ist nicht vorbei, ich sage es euch. Sie jagen mich weiter.«
»Auch hier?«, fragte Carlotta.
»Ja, denn ich bin nirgendwo sicher.« Sie schaute sich um, als wäre sie auf der Suche nach den Verfolgern. »Deshalb muss ich so schnell wie möglich weg.«
»Und wohin?«
»Ich weiß es nicht, Carlotta. Es ist wichtig für euch, denn auch ihr seid in Gefahr. Jeder, der sich in meiner Nähe aufhält, muss um sein Leben fürchten. Im Moment ist es ruhig, doch ich kann nicht dafür garantieren, dass es in der Nacht so bleiben wird. Sie kommen, sie haben Macht, und sie sind gefährlich. Sie wollen keine Zwitter.«
»Kannst du mir sagen, wer sich auf deine Fährte gesetzt hat? Die Engel oder die Dämonen?«
»Beide, glaube ich.«
Carlotta nickte. »Das hatte ich mir gedacht.« Sie überlegte und schaute Maxine fragend an. »Hast du eine Idee?«
Die Tierärztin hob die Schultern. Mit leiser Stimme sprach sie aus, was sie dachte.
»Wir können Kim nicht im Stich lassen, das hätten wir bei einem Tier nicht getan und erst recht nicht bei einem Menschen. Es ist unsere Menschenpflicht, ihr oder ihm Schutz zu gewähren.«
»Ja, so denke ich auch, Maxine.«
»Aber jetzt kommt es darauf an, wie wir das bewerkstelligen. Kim hat von Feinden, von Gegnern gesprochen. Wir wissen, dass er gejagt wird, aber wir wissen nicht, welche Geschöpfe dahinter stehen. Auch können wir ihn nicht für immer bei uns behalten und verstecken. Das ist bei dir, Carlotta, gerade noch gut gegangen. Deshalb muss uns etwas anderes einfallen, ich denke, dass er einen wirklichen Schutz benötigt, den wir ihm nicht bieten können.«
***
Carlotta senkte den Blick, ein Zeichen, dass sie kein Gegenargument besaß. Dennoch sagte sie: »Aber wir können ihn nicht einfach wieder wegschicken.«
»So sehe ich das auch.«
»Hast du denn keine Idee?«
Auf dem Gesicht der Tierärztin zeigte sich ein gequälter Ausdruck. »Ich weiß nicht so recht, ob ich damit durchkommen werde, aber mir ist etwas durch den Kopf gegangen.«
»Mir auch, Max.«
»Und?«
Carlotta senkte den Blick. »Wenn jemand eine Chance hat, etwas für Kim zu tun, dann ist es jemand, den wir beide gut kennen, der aber leider nicht hier ist.«
»John Sinclair!«
Carlotta hob die Arme. »Ja, wer sonst?«
»Oder mal wieder?«
»Wie meinst du das?«
Maxine fühlte sich ein wenig unwohl, es war ihr anzusehen. »Es ist mir schon peinlich, wenn ich daran denke. Immer dann, wenn wir Probleme haben, muss der gute John daran glauben.«
»Aber es ist sein Job. Bisher ist er nie grundlos gekommen. Und Kim ist wohl Grund genug. John kann ihn beschützen, denke ich mal. Wer sonst könnte es tun?«
»Ich wüsste keinen«, gab die Tierärztin zu.
»Und ich denke auch, Max, dass John nicht ablehnen wird. Das hat er noch nie getan, und wenn ich mir Kim so ansehe, dann kann ich ihn nur als ein Phänomen bezeichnen, an dem John nicht vorbeigehen kann.«
»Das ist richtig.« Maxine drehte den Kopf und fixierte dabei das Telefon. »Dann können wir nur hoffen, dass er zu Hause ist und
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