1738 - Der alte Raunach
kann, dachte ich so an vier, fünf weitere Tage. Keinesfalls mehr."
„Das ist immerhin etwas", meinte der Thean.
„Pi-Poul, sind wir denn wirklich keinen Schritt weitergekommen?"
sagte Rhodan.
„Es ist nicht so einfach, wie du denkst", sagte Pi-Poul leise.
Er stand auf und ging einige Schritte auf und ab.
„Unsere Geschichte ist zwei Millionen Jahre alt", argumentierte er.
„Vieles von dem, was überliefert wurde, hat sich nach dieser langen Zeit bewahrheitet. Die Tabugrenzen wurden gesprengt, die Korridore dem Feind geöffnet. Daran tragt ihr die Schuld. Natürlich willst du dich rechtfertigen, doch weshalb sollte ich dir glauben? Du kannst dir alles mögliche einfallen lassen, nur um die Schuld von dir zu weisen."
„Dessen bin ich mir bewußt. Ich gebe selbst zu, daß unser Verhalten nicht ganz korrekt war, doch stand schon die erste Begegnung mit der Damurial unter keinem guten Stern. Ich habe allerdings keinerlei Veranlassung, Lügen zu erzählen."
„Die Ayindi sind eure Verbündeten, Perry Rhodan. Das ist für mich der beste Grund. Nur mit eurer Hilfe konnten sie hierhergelangen. Dafür werden sie sich sicher erkenntlich zeigen. Solange werdet ihr versuchen, uns ruhigzustellen und eure Sicherheit nicht zu gefährden."
Der Terraner stützte den Kopf in die rechte Hand und rieb nachdenklich mit dem Zeigefinger die Narbe an der Nase. „Damit werden wir niemals zu einer Annäherung kommen", sagte er ein wenig niedergeschlagen.
Der Thean hob die linke Hand. „Die Fronten sind vollkommen klar. Es gibt keinen Grund, an unserer Denkweise zu zweifeln."
„Keinen Beweis", korrigierte Rhodan.
„Keinen Beweis", nickte Pi-Poul. „Das ist das Problem. Deine Argumente klingen ebenso glaubhaft und logisch wie unsere. Solange es keinen konkreten Beweis zur Untermauerung der einen oder anderen These gibt, kann kein Kompromiß erzielt werden. Das kannst du nicht erwarten."
„Ich kann an der Wahrheit nicht rütteln."
„Für die Damurial ist es ebenfalls die Wahrheit, an der sie nicht rütteln kann."
Rhodan stand auf. „Das sehe ich ein, so schwer es mir auch fällt. Ich bedaure es sehr, daß ich nichts bewirken konnte. Ich werde die Ayindi morgen um eine Strukturlücke des Schutzfeldes bitten und euch zurückbringen."
Er wandte sich zum Gehen, verharrte jedoch, als Pi-Poul noch etwas sagte.
„Ich freue mich, daß du das einsiehst, Perry Rhodan. Damit ist die Voraussetzung für ein vernünftiges, sachliches und objektives Gespräch gegeben."
*
Der Terraner war einen Moment so verblüfft, daß er sich nur umdrehen und den Thean anstarren konnte.
Äußerlich gesehen, war der alte Raunach nur ein zerbrechlicher Zwerg.
Doch er besaß innere Größe. Rhodan war nun klar, daß nicht einmal die Damurial zu schätzen wußte, was sie an diesem Mann hatte.
Pi-Poul lächelte. „Du hast die Theans einmal als ignorant bezeichnet, Terraner. Du selbst hast dich von Anfang an nicht anders verhalten. Du warst in deiner Meinung ebenso stur wie wir. Du glaubtest, uns mit aller Gewalt überzeugen zu müssen, weil du dich im Recht fühltest. Doch es gibt immer zwei Seiten, du vertrittst die eine, ich die andere. Solange wir aber auf unserer Seite stehenbleiben und den anderen nur zu überzeugen versuchen, ohne uns selbst überzeugen lassen zu wollen, können wir niemals zu einer Einigung kommen. Das wollte ich dir klarmachen."
„Ich verhielt mich so, weil es um sehr viel mehr geht."
„Es spielt doch gar keine Rolle, Perry Rhodan. Möglicherweise hast du recht. Ich betone jedoch das Wort: möglicherweise. Sei bereit, dich in meine Lage hineinzuversetzen und meine Ansichten als die Wahrheit anzuerkennen. Dann werde ich es auch sein."
Der Unsterbliche setzte sich hin. Der Thean hatte die ganze Zeit über einen bestimmten Zweck verfolgt, wie er vermutet hatte. Dennoch hatte er sich selbst manipulieren lassen, in genau die beabsichtigte Richtung.
Einige Zeit schwiegen beide.
„Es stimmt", sagte Rhodan schließlich. „Im Prinzip war ich genauso verblendet. Ich versuchte dich dazu zu zwingen, meinen Ansichten zu folgen, ohne näher auf dich einzugehen. Ich habe eure Millionen Jahre alte Geschichte in Frage gestellt, dabei ist euer Standpunkt, auf euer Wissen bezogen, vielleicht vollkommen richtig."
„Und du hast ein anderes Wissen. Wenn wir uns einander annähern wollen, müssen wir uns erst verstehen lernen."
„Dazu bemühe ich mich."
„Ja, bisher aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Bist du jetzt
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