1738 - Der Dämonen-Dom
nicht gewonnen. Ich könnte dich töten, ich könnte mein Kreuz nehmen und dafür sorgen, dass es dich vernichtet.«
»Dann tu es.«
»Ja, das werde ich auch. Nur passt mir der Ort hier nicht. Da kannst du mich auslachen oder nicht, ich habe mir einen anderen Ort für dich ausgesucht. Dort wird es dann zur Abrechnung kommen. Freue dich schon auf den Dämonen-Dom.«
»Ja, darauf freue ich mich auch. Er ist etwas Besonderes. Vielleicht kommt er ja mir entgegen. Der Name sagt doch alles – oder?«
»Ja, das stimmt.« Ich wollte sie trotzdem schocken und holte mein Kreuz hervor. Serena und der Professor beobachteten uns. Noch befand es sich etwas entfernt von der Blutsaugerin, aber Justine konnte es nicht aus dem Blick lassen. Sie schielte darauf, und in ihren Augen lag der Ausdruck einer starken Abwehr.
Ja, es erwärmte sich, mir tat es gut, dies zu spüren. Ich steckte plötzlich in einer Zwickmühle. Kam eine derartige Chance noch mal wieder?
Ich wusste es nicht. Das Kreuz musste sie einfach vernichten, denn sie war nicht so stark wie Dracula II, der sich im Besitz des Blutsteins befunden hatte.
Sie atmete nicht, aber sie keuchte. Ihre Augen erhielten einen anderen Glanz, und ich dachte darüber nach, ob es Todesangst war, die sie durchflutete.
Das konnte ich mir bei ihr kaum vorstellen, denn sie hatte sich stets als Siegerin gesehen.
Mein Gott, die Chance, Justine zu vernichten, war einfach einmalig.
Ich durfte sie mir nicht entgehen lassen. Oder ich musste sie noch mehr schwächen.
Ich steckte in einer Zwickmühle. Es drängte mich plötzlich, einen Schlussstrich zu ziehen. Da zählte auch nicht, dass sie mal auf meiner Seite gestanden hatte. Sie hatte sich letztendlich für eine andere Seite entschieden und...
»Ich habe mit Sheila gesprochen, John.«
Dieser Satz meines Freundes Bill riss mich aus meinen Gedanken. Ich war für einen Moment leicht verunsichert und drehte mich dann zu meinem Freund um.
Der war etwas verwundert, als er mich sah. Er schüttelte den Kopf. »Hast du was?«
»Wieso?«
»Du siehst so anders aus.«
»Wieso?«
»Etwas durch den Wind...«
Da mochte er recht haben. Ich ging nicht näher darauf ein und sagte nur: »Vergiss es.«
»Klar, mache ich.«
»Und was ist jetzt mit Sheila?«, wollte ich wissen.
»Sie will mit uns. Kann ich auch verstehen.«
»Hast du ihr denn die Wahrheit gesagt?«
»Das musste ich.«
»Und?«
Bill verdrehte die Augen. »Einen großartigen Kommentar habe ich von ihr nicht gehört, aber du kannst dir ja vorstellen, dass sie nicht eben begeistert war. Sie sprach etwas von unserem verdammten Schicksal. Allein wollte sie mich aber nicht gehen lassen. Deshalb werde ich sie holen.«
Bill verabschiedete sich mit einem Kopfnicken. Ich wandte mich wieder den anderen zu.
Ludwig Leitner deutete so etwas wie ein Kopfschütteln an. »Habe ich das richtig verstanden? Es kommt noch jemand hinzu?«
»Ja. Sheila Conolly, Bills Frau.«
»Aha.« Er sagte nichts mehr, und so erfuhr ich auch nicht, ob er sich darüber ärgerte oder nicht. Allerdings kam Bewegung in die Szenerie hier, denn jetzt tat auch Serena etwas. Sie richtete sich auf und drehte sich der geschwächten Justine Cavallo zu, die nichts sagte und darauf wartete, dass sie sich erholte.
»Willst du mein Blut trinken?«
Die Vampirin schwieg.
»Warum nicht? Du bist doch so scharf darauf gewesen. Du hast mich gesucht und auch gefunden. Du wolltest mich leer trinken, um noch stärker zu werden. Was bist du denn jetzt? Schau dich an. Du bist ein Niemand, ein Nichts. Mein Blut hat dir die Macht genommen. Es ist einfach zu stark für dich.«
Die Cavallo hatte zugehört und abgewartet, bis kein Wort mehr an sie gerichtet wurde. Dann gab sie eine Antwort. »Keine Sorge, ich bin noch nicht vernichtet. Es wird auch andere Zeiten geben, das kann ich euch schwören.«
»Die du nicht mehr erleben wirst. In dem alten Dom habe ich damals so etwas wie eine Heimat gefunden, und die besteht noch jetzt. Sie ist nicht verloren, daran solltest du denken.«
Es war genug geredet worden zwischen den beiden. Und ich war gespannt darauf, wie sich die Cavallo in der Kirche verhalten würde. Diese Orte waren eigentlich nichts für sie. Da konnte sie sich nur unwohl fühlen, doch es gab auch Ausnahmen. Der Dämonen-Dom hatte seinen Namen nicht zu Unrecht bekommen. Wer von uns konnte schon sagen, was dort wirklich ablief?
Auch Professor Leitner nicht. Er musste sich fühlen wie jemand, der zwischen allen Fronten steht.
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