1738 - Der Dämonen-Dom
Zustand hineingeraten ist.«
Natürlich machte ich mir meine Gedanken, wurde jedoch davon abgelenkt, als ich an der Tür eine Bewegung sah. Dort erschien Professor Ludwig Leitner, der die Cavallo ebenfalls kannte. Wir ließen ihm Zeit, die Person anzuschauen. Er war blass geworden, schluckte heftig, und ebenso heftig bewegte sich sein Adamsapfel.
»Ist sie tot?«
»Nein«, sagte Bill. Dann erklärte er, wo und wie er sie gefunden hatte.
Leitner stieß schnaufend den Atem aus. »Das kann ich mir im Moment auch nicht erklären.«
»Aber eine Erklärung muss es geben«, sagte ich.
»Bestimmt.«
»Wir sollten darüber nachdenken und sprechen.«
»Hier?«
»Im Wohnzimmer«
»Gut.« Der Professor drehte sich wieder um und betrat den Raum.
Ich hatte den Vorschlag nicht ohne Hintergedanken gemacht, denn im Wohnzimmer hielt sich Serena auf, die nach einem Schlaf über Jahrhunderte hinweg, versteckt in einer Höhle in einem Glassarg, von dem Professor und einem einheimischen Bergführer gefunden worden war.
Der Professor hatte sich mit der legendären Person Serena beschäftigt. Er hatte geforscht, gesucht und sie schließlich auch gefunden.
Leider nicht nur er, denn auch die Blutsaugerin Justine Cavallo hatte sich auf die Suche begeben und ebenfalls Erfolg gehabt. Aber sie hatte Serena aus anderen Gründen finden wollen, denn ihr ging es um das besondere Blut, das in ihr floss. Es war das Blut einer Heilerin, denn so war Serena zu ihren Lebzeiten angesehen worden. Als eine Heilerin, die viele Menschen glücklich und gesund gemacht hatte.
Jetzt saß sie im Wohnzimmer des Ferienhauses, das der Professor gemietet hatte, und bewegte sich nicht. Sie schaute durch die offene Tür in den Flur und bekam auch mit, dass ich mich bückte und der Cavallo beide Hände entgegenstreckte.
»Komm hoch!«
»Nein!«
Hatte die Antwort gequält geklungen? Ich war mir nicht sicher, aber es konnte sein. Sie war schwach, und sie wollte wohl auch nicht, dass ich ihr half.
Vor ihr stehend und auf sie nieder blickend schüttelte ich den Kopf. »Die Fronten haben gewechselt, Justine. Ich glaube nicht, dass du noch in der Lage bist, Forderungen zu stellen oder etwas abzulehnen. Du wirst das tun müssen, was wir verlangen, so ist das eben in deinem Zustand, der bestimmt noch eine Weile andauern wird.« Den letzten Satz hatte ich gesagt, um sie zu provozieren, aber darauf ließ sie sich nicht ein. Sie schaute mich nur an, und diesen Blick kannte ich. Er war völlig gefühllos und einfach nur leer.
»Du kannst also nicht von allein aufstehen.« Ich hob die Schultern an. »Okay, dann machen wir es anders.« Langes Reden hatte keinen Sinn. Ich bückte mich noch tiefer, packte ihre Arme und zog die Cavallo hoch, ohne sie loszulassen. Mit dem größten Teil des Oberkörpers blieb sie auf dem Boden liegen, und wie mein Freund Bill es getan hatte, so schleifte ich sie weiter.
Bill war bereits ins Wohnzimmer gegangen. Er wartete dort auf mich, ebenso wie Serena und der Professor. Bill half mir, Justines Körper auf einen Sessel zu hieven und ins Polster zu drücken.
Da blieb sie hocken.
Wir schauten sie an, Bill sah mich an, und er schüttelte einige Male den Kopf. »Ich kann es noch immer nicht glauben. Das ist der Sieg über die große Blutsaugerin. Die Herrscherin über die Vampire. Die Königin der Dunkelheit. Und was ist sie jetzt? Ein Nichts. Ein schlaffer Körper. Eine Frau, über die man sich amüsieren kann, wenn man bedenkt, wer oder was sie früher mal gewesen ist.«
Ich hatte Bill reden lassen. Er hatte einfach etwas loswerden müssen. Die gleichen Worte hätte auch ich sagen können, hielt mich aber zurück. Und so warteten wir ab, ob der Professor oder auch Serena etwas hinzufügen wollten.
Ludwig Leitner sah eher aus, als wollte er nichts sagen und sich zurückhalten. Er schaute zur Seite oder gegen die Decke.
Ganz anders Serena. Sie sah die Cavallo an. Und ihr Blick zeigte keinen freundlichen Ausdruck. Er war eher abweisend. Darüber machte ich mir meine Gedanken, denn ich ging davon aus, dass sie besser darüber informiert war, wie Justine in diesen so schwachen Zustand geraten war.
Da Serena keine Anstalten traf, etwas zu sagen, unterbrach ich das Schweigen und schaute die Mystikerin dabei an.
»Was hat sie so schwach werden lassen? Kannst du uns eine Erklärung geben?«
Die Person mit der roten Haarflut hielt sich mit einer Antwort zurück. Sie wartete ab, vielleicht dachte sie auch nach, und sie ließ die Cavallo
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