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1743 - Digital-Gespenster

Titel: 1743 - Digital-Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Man konnte sich auf diese Syntronik nicht mehr bedingungslos verlassen. Jetzt halfen mir wahrscheinlich auch die vierhundert Riesen nicht mehr, selbst wenn die Liga pünktlich zahlte. Ich wünschte, ich wäre bei meinem Freund Ayin Dhin auf Lepso. Sein Schnaps war gräßlich, seine Karten waren so falsch wie meine Liebesschwüre, und wahrscheinlich war er jederzeit bereit, einem für zehn Galax eigenhändig die Gurgel durchzuschneiden, aber bei ihm hätte ich mich sicherer gefühlt als vor dieser Syntronik im Machtzentrum der Liga Freier Terraner.
    „Danke, NATHAN", sagte Geo Sheremdoc ruhig. „Ich entbinde dich von allen Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Digital-Gespenstern.
    Ende!"
    Das Holo erlosch, und mir blieb der Mund offenstehen. Wenn ich das an die Medien weitergab... Vielleicht ließ sich meine Reisekasse noch ein bißchen aufstocken.
    „Spinnt dieser Kasten etwa?" fragte ich vorsichtig und tippte mir an die Stirn.
    „NATHAN zeigt einige seltsame Anwandlungen und Störungen in letzter Zeit", sagte Geo Sheremdoc. Er kehrte mir den Rücken zu und betrachtete sehr konzentriert einige Farbkleckse an der Wand. Da sie gerahmt waren, mußte es sich wohl um zeitgenössische Kunst handeln.
    Mein Mißtrauen war im höchsten Maße geweckt.
    „Und das erzählst du mir so einfach?" fragte ich vorsichtig. Sheremdoc betrachtete weiter die Bilder; ich konnte sehen, daß er gleichzeitig Entspannungsübungen machte: Seine Muskulatur wurde weicher, sein Atem ging sehr gleichmäßig und ruhig.
    „Du bist jetzt Geheimnisträger", antwortete Sheremdoc ruhig. „Du weißt, was das heißt."
    Jetzt hatten sie mich endgültig am Wickel. Ich kam aus dieser elenden Geschichte einfach nicht mehr heraus. Nicht, daß es mir etwas ausmachte, gelegentlich auch für die Guten in dieser Welt zu arbeiten - vorausgesetzt, die Bezahlung stimmte -, aber zuviel davon war auf Dauer der Gesundheit sehr abträglich. Wahrscheinlich hatte Sheremdoc seit Tagen keinen Alkohol mehr getrunken und erwartete ähnliche Opferbereitschaft auch von mir.
    „NATHAN ist offenbar mit internen Vorgängen beschäftigt, die unter dem Kodenamen Projekt Insideout laufen. Um was es sich dabei handelt, wissen wir nicht. Immerhin..." - er drehte sich um und zeigte ein dünnes Lächeln -„...haben wir jetzt so etwas wie einen Anhaltspunkt."
    „Aber auch nicht viel mehr", gab ich zu bedenken.
    „Bald werden wir mehr wissen", versprach Sheremdoc. „Du bist doch reisefertig?"
    Ich war weder reisefertig noch reiselustig, aber was sollte ich tun? Das Gute hatte mich fest im Griff, und in mir stieg die grausige Ahnung auf, daß ich am Ende dieser Geschichte wohl als Märtyrer dastehen würde - mit sehr gutem Ruf, aber leider gänzlich ohne Leben.
    „Wohin soll’s gehen?" fragte ich hoffnungsvoll.
    Vielleicht bot sich eine Möglichkeit, aus dem Solaren System herauszukommen. Zum wenigsten aber von der Erde weg, die sich in wenigen Wochen in ein sechstausend Kilometer durchmessendes Stück billigen Modeschmucks aus Kristall verwandeln würde.
    „Titan", antwortete Geo Sheremdoc.
    Ich lächelte zufrieden.
    Wenigstens fand ich unterwegs Zeit zum Schlafen und vielleicht für den einen oder anderen oder dritten oder dreizehnten Drink. Meine Gurgel ächzte nach Feuerwasser.
    Aber nichts dergleichen...
    Transmitter!
    Ich hasse Transmitter. Je weiter man damit reist, um so mehr zieht es im Nakken, außerdem ist es gefährlich. Man weiß ja, was mit Alaska Saedelaere passiert ist. Vor tausend Jahren oder so... Auch wenn sich davor und danach ein solcher Unfall nie wieder ereignet hat, kann man gar nicht vorsichtig genug sein.
    Geo Sheremdoc zeigte sich von meinen Einwänden völlig unbeeindruckt.
    Er sah mich nur an und begann zu lächeln.
    „In deinem Fall, Orpheus Chambers", sagte er mit wohligem Sarkasmus, „könnte sich ein solcher Unfall nur vorteilhaft auf dein Äußeres auswirken."
     
    7.
     
    Boris Siankow war ein Heimatloser. Die bronzene Farbe seiner Haut, die etwas gelben Augen mit der winzigen grünen Iris - an diesen Kennzeichen konnte man den Marsgeborenen erkennen. Jetzt gab es keine neuen Marsgeborenen mehr. Der Mars als solcher existierte zwar noch, aber leben, lieben und kleine Marsianer in die Welt setzen konnte man dort nicht mehr.
    Nach dem Transmittersprung war Sheremdoc auf dem kürzesten Weg, mit meiner Wenigkeit im Schlepptau, sofort zu Siankow geeilt. Ich hatte gehofft, er würde mich irgendwo zurücklassen, damit ich mich erholen konnte, aber

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