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1743 - Digital-Gespenster

Titel: 1743 - Digital-Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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daran hatte Sheremdoc keinen Gedanken verschwendet.
    „Ich fürchte, wir haben neue Sorgen", begann er das Gespräch; das Drumherumreden war offenkundig nicht seine Sache. Immer mitten hinein, rein in die Probleme und die Fettnäpfchen, das schien seine Devise zu sein.
    Boris Siankow reagierte mit einem mageren Lächeln.
    „Als ob die alten nicht schon genügen würden", sagte er halblaut. „Was ist es dieses Mal?"
    Geo Sheremdoc gab mir ein Zeichen, und ich spulte meinen Bericht ein weiteres Mal ab. Siankow hörte mit großer Aufmerksamkeit zu.
    „Das klingt mehr als seltsam", stellte er fest. „Gibt es irgendeinen Beweis für diese Vorkommnisse? Wenn ich euch richtig verstanden habe, hat NATHAN diese Vorfälle gewissermaßen nur als Nachricht zur Kenntnis genommen, aber keine Aufzeichnungen gemacht, die man hätte studieren können."
    „Genau so ist es", sagte Geo Sheremdoc seufzend. „Ich habe den Verdacht, daß diese Störfälle etwas mit dem Projekt Insideout zu tun haben, aber dafür fehlt jeder Beweis."
    Siankow kratzte sich hinter dem rechten Ohr.
    „Das reicht nicht, um etwas darüber aussagen zu können", kommentierte er seufzend. „Ein bißchen mehr müßte es schon sein."
    „Vielleicht kann ich aushelfen", warf ich ein.
    Sheremdoc blickte mich skeptisch an.
    „Mehr als deine Aussage haben wir auch nicht", sagte er. „Oder hast du noch mehr zu bieten?"
    Ich deutete auf meine Augen, meine sogenannten Augen.
    „Wenn ich im Einsatz bin", sagte ich und grinste Sheremdoc frech an, „ob freiwillig oder gezwungenermaßen, aktiviert sich ein kleines optisches Aufzeichnungsgerät. Das habe ich mir seinerzeit in den Schädel einpflanzen lassen. Die Qualität dieser Aufzeichnungen ist nicht die allerbeste, aber vielleicht reicht es ja für unsere Zwecke."
    Siankow starrte mich an. Jetzt wußte ich ziemlich genau, wie sich ein Regenwurm fühlte, kurz bevor er zu Forschungszwecken in Einzelteile zerschnippelt werden sollte.
    „Und wie kommt man an diese Aufzeichnungen heran?" wollte er neugierig wissen.
    „Ich trage einen kontaktlosen Stecker unter der Haut", klärte ich ihn auf. Nicht, daß er mir Böses wollte, aber er war ein Forscher und sehr neugierig. Ich war mir sicher, die beiden hätten mich andernfalls mit allen Mitteln bearbeitet oder mir den Schädel aufstemmen lassen. „Hier an der rechten Schläfe. Dort können die Daten abgefragt werden."
    Boris Siankow lächelte, Geo Sheremdoc lächelte, und mir wurde mulmig zumute. Mein Lächeln verging.
    „Na, dann wollen wir mal sehen", verkündete Siankow fröhlich.
    Nach einer halben Stunde hatten sie einen passenden Kontakt gefunden, der mir mit einem Spezialkleber an der Schläfe befestigt werden konnte. Danach war es ein Kinderspiel, die Aufzeichnungen abzurufen.
    Der syntronische Speicher selbst war knapp einen Kubikzentimeter groß, das reichte für meine Zwecke vollauf aus; die Bilder und Töne, die ich so gewonnen hatte, galten bei Gericht als Indiz. Es fragte sich nur, ob sie auch für wissenschaftliche Zwecke ausreichten.
    Das Überspielen war nach fünf Minuten erledigt, dann waren die Aufzeichnungen in der Großsyntronik auf Titan gespeichert und konnten abgerufen werden. Siankow zögerte keine Minute.
    „Das Gerät zeichnet auf, was ich in dem jeweiligen Augenblick sehe und höre", erklärte ich.
    „Aha", murmelte Geo Sheremdoc und starrte auf die Projektion. „Und was hast du in diesem Augenblick gesehen und gehört?"
    „Ich verstehe diese Bilder nicht", kommentierte Boris Siankow. „Und diese seltsamen Laute! Ist das schon eines dieser Digital-Gespenster?"
    „Ahem", machte ich.
    Zu sehen war eine Hand, die langsam über eine Fläche tastete, aufgenommen aus einer sehr seltsamen Perspektive, dazu war unverständliches Brabbeln und Fluchen zu hören. Offenbar hatte Siankow beim Abspulen der Aufzeichnung genau jenen Augenblick erwischt, in dem ich versucht hatte, die Tür zu meiner Unterkunft aufzubekommen.
    „Die wichtigen Szenen liegen vor diesen Bildern", sagte ich schnell.
    „Mann, Chambers!" stieß Geo Sheremdoc amüsiert hervor. „Du solltest nichts trinken, was älter und stärker ist als du. Boris, such nach der anderen Szene. Wie sich für einen völlig Bezechten die Welt darstellt, weiß ich auch ohne dieses Meisterwerk."
    Boris Siankow wußte der Angelegenheit tatsächlich Positives abzugewinnen.
    „Die Qualität ist immerhin recht gut", kommentierte er.
    Er brauchte nicht lange, bis er die richtige Stelle

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