1750 - Die Zeitmühle
später, als Harry die Wohngegend erreichte. Hier wechselten sich Einfamilienhäuser mit kleineren Wohnblocks ab. Dazwischen gab es viel Grün und hin und wieder die hellen Lichter der Lampen an den Häusern und auch in den Vorgärten.
Alles war normal. Es gab keine Störungen. Kein Verkehr, der Harry aufhielt.
Ungefähr dort, wo die Fehn begannen, musste er nach rechts abbiegen und in eine schmale Straße fahren, in der nur Einfamilienhäuser standen. In einem davon wohnte Eike Peters mit seiner Frau. Ab und zu besuchten ihn auch die beiden erwachsenen Söhne, die allerdings in Bremen Jobs gefunden hatten.
Hier gab es Land genug. Entsprechend groß waren auch die Grundstücke. Jedes Haus hatte einen Vorgarten, und das war auch bei den Peters nicht anders.
Harry fuhr langsamer. Er wusste, dass sein Ziel auf der rechten Seite lag, aber er war zu selten hier gewesen, um es sofort zu finden. Deshalb fuhr er langsamer.
Er fand es, denn im Vorgarten stand ein Mast, an dem an Festtagen eine Fahne gehisst wurde. Im Moment ragte er nur als blasser Stab in die Höhe.
Harry bremste ein paar Meter weiter. Er wollte nicht direkt vor dem Haus aussteigen und sich erst mal umschauen. Eine kniehohe Mauer bildete die Grenze zum Gehsteig. Im Vorgarten wuchs eine ausladende Robinie, die ein Kleid aus kleinen Blättern trug, von denen die meisten noch an den Zweigen hingen.
Im Haus brannte Licht. Sogar in der oberen Etage und auch noch darüber unterm Dach. Es gab auch eine Außenleuchte. Ihr Schein verteilte sich auf dem rötlichen Klinker.
Harry hatte den Wagen verlassen. Langsam und auch gespannt ging er den Weg zurück. Er schaute dabei nach links, auf das Grundstück, das sich hinter dem Haus ausbreitete.
Er hatte vor, zur Haustür zu gehen und zu klingeln. Das konnte er vergessen, denn abrupt blieb Harry stehen. Er spürte, dass ihm das Blut in den Kopf schoss, denn er hatte im Garten und fast am Rand des Hauses eine Bewegung gesehen.
Das war kein Tier.
Die Gestalt war größer, sogar um einiges. Für Harry stand fest, dass es sich um einen Menschen handelte. Er glaubte nicht, dass sein Kollege das Haus verlassen hatte. Dazu war er viel zu krank, und seine Frau würde sich um diese Zeit auch nicht im Garten aufhalten.
Harry Stahl dachte daran, dass die Gestalten aufgetaucht und dann wieder verschwunden waren. Plötzlich war ihm klar, dass es nur der unheimliche Besucher sein konnte, der an seine alte Wirkungsstätte zurückgekehrt war.
Das Schicksal hatte es gut mit ihm gemeint. Er konnte sein Glück kaum fassen. Endlich war er dem Geheimnis auf die Spur gekommen, und das wollte er nicht mehr aus der Hand lassen.
Er dachte nicht mehr daran, zu dem Ehepaar Peters zu gehen. Eine derartige Chance bekam er nicht wieder, und die musste er einfach nutzen.
Sekunden später war er bereits auf dem Grundstück unterwegs. Er hatte sich die Richtung gemerkt, in der die Gestalt verschwunden war, und machte sich nun an die Verfolgung.
Es war schwerer, als er es sich vorgestellt hatte. Es gab kein Licht. Dunkelheit umgab ihn. Hinzu kam der Dunst, der die Sicht auch nicht eben verbesserte, aber an Aufgabe dachte er nicht.
Die Peters harten den Garten zwar nicht verwildern lassen, aber er war auch nicht besonders gepflegt. Hier hatte man der Natur freie Bahn gelassen. Obstbäume konnten sich ausbreiten, Büsche wuchsen wie natürliche Raumteiler. Man fand hier Deckung. Das galt leider auch für die Gestalt, die Harry verfolgte, denn sie war verschwunden.
Er ärgerte sich, schluckte seinen Ärger aber herunter und machte sich weiter auf die Suche. Nach einigen Schritten hielt er an, um zu lauschen. Es war besser, wenn er sich Zeit nahm und auf Geräusche achtete, die die andere Gestalt verursachte.
Da hatte er Pech.
Es war nichts zu hören, aber er nahm etwas anderes wahr. Die Luft war gleich geblieben, sie hatte nur ihren Geruch verändert. Etwas anderes erfüllte sie, und Harry kannte den Geruch inzwischen, denn er war schon lange genug hier.
So roch das Wasser der Kanäle. Also musste einer in der Nähe sein.
Harry hatte die Gestalt nicht mehr gesehen, er ging jedoch davon aus, dass sie weitergegangen war, und das tat er auch.
Er ging dem Geruch nach. Das Grundstück hatte er längst hinter sich gelassen und bewegte sich nun auf einem weichen Boden weiter. Der Himmel war glücklicherweise fast von Wolken befreit, sodass die Finsternis nicht zu dicht war.
Das hohe Gras störte ihn nicht. Auch nicht die Feuchtigkeit des
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