1756 - Das Grauen hieß Elvira
war, die gestöhnt hatte, und niemand sonst.
Jetzt glaubte sie auch, den fremden Geruch wahrzunehmen. Er war schlimm für sie, weil er nicht normal war. Es war ein Geruch nach Blut.
Elvira schrie nicht. Sie hörte sich nur scharf atmen. Dann drehte sie sich tatsächlich nach rechts um. Sie wollte sehen, ob sie recht behielt.
Der Schrei löste sich nicht aus ihrer Kehle. Irgendwie wurde er erstickt, aber das Bild, das sie zu sehen bekam, war schlimm.
Elvira lag nicht allein in diesem Doppelbett. Auf der anderen Seite lag noch jemand. Es war Rita Cromwell, ihre Freundin. Nur würde sie nie mehr mit ihr sprechen können, denn Rita war tot.
Jemand hatte ihr die Kehle durchgeschnitten!
Ein Teil des Blutes war zur linken Seite gelaufen und hatte dort die Decke rot gefärbt und auch genässt. Im Gegensatz zum roten Lebenssaft war Ritas Gesicht so schrecklich bleich. Es glich einer Totenmaske, wenn es nicht den Mund gegeben hätte, der noch leicht verzerrt war, als hätte Rita in den letzten Sekunden ihres Lebens den Mund zu einem starken Grinsen verzogen.
In dieser kurzen Zeit fühlte sich Elvira ebenfalls wie eine Tote. Zumindest war sie so starr. Was alles durch ihren Kopf zuckte, wusste sie nicht. Es war der reine Wahnsinn. Verrückte Gedanken, für sie ohne Sinn und Verstand, aber mit einem fürchterlichen Beweis, denn neben ihr lag eine Tote.
Sie atmete tief ein, ohne es richtig zu merken. Obwohl sie lag, spürte sie einen Schwindel. Sie hatte das Gefühl, sich im Bett zu drehen, aber das war wohl nur Einbildung. Sie schrie nicht.
Und genau darüber wunderte sie sich. Kein Schrei, nicht mal ein Ton löste sich aus ihrer Kehle. Sie richtete sich auf, saß jetzt und starrte nach vorn, über das Ende des Betts hinweg und auf die Wand, die einen gelblichen Anstrich zeigte.
Sie sagte nichts, obwohl ihr unzählige Gedanken durch den Kopf schwirrten. Aber ein Gedanke kristallisierte sich hervor.
Wer hatte diesen scheußlichen Mord begangen?
Elvira wusste die Antwort nicht, doch sie ließ noch eine zweite Frage zu. Warum bin ich verschont worden?
Der Gedanke daran machte ihr Angst und ließ sie sogar leicht frieren. Sie spürte den kalten Schauer auf ihrem Rücken und kauerte sich unwillkürlich zusammen.
Ja, es waren Stimmen gewesen, an die sich Elvira Little nach ihrem Erwachen erinnerte.
Aber wer hatte gesprochen? Es gab nur eine Erklärung für sie. Das mussten die Killer gewesen sein. Sie waren ja nicht allein gekommen, mindestens zwei von ihnen mussten dabei gewesen sein, und jetzt waren sie verschwunden. Hatten die Leiche ihrer Freundin zurückgelassen, und sie durfte leben.
Das wusste Elvira, aber irgendwie schien das alles nicht zu passen. Sie stöhnte leise auf und schüttelte den Kopf. Hier ging einfach zu viel quer. Wahrscheinlich musste man ganz von vorn mit dem Denken beginnen, alles andere hatte keinen Sinn.
Elvira entschloss sich, dass sie jetzt mal mehr an sich denken musste. Sie konnte nicht länger hier im Bett sitzen bleiben und auf irgendetwas warten.
Sie musste weg!
»Fliehen!«, flüsterte sie sich selbst zu. Ja, sie musste fliehen, bevor hier Menschen eintrafen und auf falsche Gedanken kamen, denn sie hatte mit dieser Tat wirklich nichts zu tun. Aber sie nahm sich vor, die Polizei zu rufen. Irgendjemand musste den Leuten Bescheid geben, dass in diesem Haus eine Tote lag.
Elvira rutschte über die Bettkante und richtete sich auf. Es war nicht einfach für sie. Ein leichter Schwindel musste überwunden werden, und sie holte einige Male tief Luft, bis sie sich wieder normal fühlte.
Jetzt konnte sie das Haus verlassen.
Aber einen Gedanken wurde sie nicht los. Wer waren die Mörder?
Sie glaubte ja, Stimmen gehört zu haben. Eine Einbildung war es bestimmt nicht gewesen. Jemand hatte sie ins Haus geschleppt und ihre Freundin getötet.
Aber wer? Wer hatte Rita so stark gehasst, dass er zu dieser Tat fähig war?
Sie wusste es nicht. Es gab keine Antwort auf die Frage, nur dachte Elvira daran, dass sie so etwas wie eine Zeugin war, obwohl sie nichts gesehen hatte. Aber das wusste die andere Seite nicht, und genau das war ihr Problem.
Es gab niemanden, der sie aufhielt, als sie das Zimmer verließ. In dem kleinen Haus war es ruhig. Auch auf der nach oben führenden schmalen Treppe bewegte sich niemand, und es gab auch keine Stimme, die sie ansprach.
Draußen war es nicht eben warm. Ihre Jacke hatte man ihr gelassen, nachdem sie niedergeschlagen und ins Haus geschleppt worden war.
Sie
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