1759 - Engelslicht
haben.«
»Keine Ursache. Aber ob es stimmt, weiß keiner von uns. Davon müssen wir auch ausgehen. Das kann sich als Blase herausstellen, die bald platzen wird.«
»Wünschen Sie sich das, John?«
»Nein, ich will nur die Wahrheit herausfinden, und das wird schwer genug sein. Ich denke, dass Sie hier in der Kirche sicher sind. Einen Schutzengel brauchen Sie nicht.« Ich grinste. »Und wenn, dann sind ja wohl zwei in der Nähe.«
»Ha, wenn Sie das sagen.«
Für mich war das Thema erledigt. »Solange es hell ist, werde ich meine Chancen nutzen und recherchieren. Kann ja sein, dass mir etwas auf- oder einfällt.«
»Das würde ich Ihnen gönnen, John.«
»Danke.«
Nach dieser knappen Antwort verließ ich die Kirche und blieb vor der Tür stehen. Mein Blick glitt bis zum nächsten Ort, der schon am Wasser lag. Die Nordsee selbst sah ich nicht, weil die Kirche in einer kleinen Senke lag. Doch weit in der Ferne, wo sich Himmel und Erde berührten, da zeigte sich nicht nur das endlose Grau der See, sondern hin und wieder der Umriss eines Schiffes, wahrscheinlich einer Fähre, die Richtung Osten oder Südosten fuhr. Da lagen die Zielhäfen besonders in den skandinavischen Ländern.
Mein Weg führte zunächst woanders hin. Ich wollte mir einen Ort anschauen, an dem zwei Menschen verschwunden waren, die ihren Hubschrauber vergessen hatten...
***
Auch in den nächsten beiden Tagen fand man keine Spur von den Vermissten, obwohl die Küstenwache alles an Menschen und Material einsetzte, was ihr zur Verfügung stand. Ohne Erfolg. Craig Nelson und Tony Hopper blieben verschwunden.
Das bedeutete nicht nur offiziellen Stress, es kam auch der hinzu, der persönlich und privat war. Er traf die Familien der beiden Männer.
Besonders Lisa Nelson, Craigs Frau. Die junge Frau, die schwanger war.
Lisa litt unter ihrer Angst. Aber sie wollte sie nicht zum Ausbruch kommen lassen und musste immer daran denken, dass sie ein Kind unter dem Herzen trug, das sehr wichtig für sie war und natürlich auch für seinen Vater.
Keine Spur!
Regelmäßig erhielt Lisa die Anrufe der Dienststelle. Sie hatte sich die Meldungen gewünscht, denn sie wollte immer am Ball bleiben. Solange die Leiche ihres Mannes nicht gefunden worden war, gab es Hoffnung. Nur sank sie leider von Stunde zu Stunde, aber auch damit musste sie sich abfinden.
Lisa Nelson wollte nicht allein bleiben. Deshalb hatte sie sich mit Amy Miller verabredet. Amy war die Freundin von Toby Hopper. Lisa arbeitete am Nachmittag in einem Blumenladen und am Vormittag für drei Stunden im Geschäft eines Gärtners. Der Laden hatte auch im Winter gut zu tun, denn es gab in der Nähe keinerlei Konkurrenz.
Alles lief hervorragend. Eigentlich. Und jetzt war dieser Hammerschlag gekommen. Urplötzlich und knallhart. Craig war verschwunden, ebenso wie sein Freund Toby, und keiner konnte ihnen helfen und irgendwelche Auskünfte geben.
An diesem Nachmittag wollte Amy Miller kommen. Lisa hatte ihre Arbeitszeit im Blumenladen verkürzt, was der Chefin auch recht gewesen war, denn es war so gut wie nichts zu tun, und so konnte Amy ihre Freundin schon früher besuchen.
Nach dem Klingeln öffnete Lisa schnell. Sie wohnte in einem kleinen Haus.
Lisas erste Frage galt den Verschwundenen. »Hast du was von ihnen gehört?«
Amy zog die Jacke aus und hängte sie auf. »Tut mir leid, aber sie stehen noch immer auf dem Schlauch.«
Lisa nickte. »Das dachte ich mir. Ich hätte auch nicht zu fragen brauchen, aber das tut man irgendwie automatisch.«
»Stimmt.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Warten und beten.«
Keine der beiden Frauen lachte. Sie gingen in den Wohnraum mit der niedrigen Decke. Das Haus war schon älter, und man hätte es auch als eine große Hütte bezeichnen können.
»Einen Tee?«
»Gern.« Amy Miller rieb ihre Hände. »Es ist ganz schön kalt geworden.«
»Ja, man spricht von Frost.«
»Dann werden unsere Männer frieren.«
Lisa sagte nichts. Sie holte die Teekanne, die bereits mit Tee gefüllt war, und stellte die Kanne auf eine Warmhalteplatte. Tassen holte sie auch, füllte sie und stellte auch eine Schale mit Gebäck auf den Tisch.
Beide tranken ihren Tee. Amy Miller hatte noch ein paar Stücke Kandis in ihre Tasse geworfen und rührte um. Sie schaute dabei auf die Oberfläche des Tees und hob die Schultern.
»Soll ich dir ehrlich was sagen, Lisa?«
»Bitte.«
»Meine Hoffnung schwindet immer mehr. Ich glaube nicht, dass sie noch am Leben sind.«
Das konnte
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