1761 - Blutschwert aus der Hölle
Feuer hatten gelodert. Jetzt waren sie erloschen. Trotzdem roch es noch nach kaltem Rauch.
Verletzte gab es nicht mehr, nur Tote. Wer hier lag, der sah schlimm aus. Blutige, verstümmelte Leichen. Freund und Feind hatten bis zum letzten Atemzug gekämpft.
Am Himmel hatten sich graue Wolken versammelt. Der Wind trieb sie weiter. Sie nahmen immer mehr zu und bildeten bald eine dichte Decke am Himmel.
Kein Vogel flog mehr durch die Luft. Auch sie schienen zu trauern über das Leid und um all die Toten, um die sich kaum jemand kümmern würde, denn die normalen Menschen schlugen einen Bogen um das Schlachtfeld.
Nur einer nicht!
Er tauchte aus dem Hintergrund auf, wo es einen Bach gab, in dessen Wasser das Blut der Menschen geflossen war und es gefärbt hatte. Es war eine große und düstere Gestalt. Sie trug schwarze Kleidung. Einen langen Mantel, der bei jedem Schritt wehte. Eine breite Kopfbedeckung und auch ein Tuch vor dem Gesicht. Es bedeckte vor allen Dingen Mund und Nase, als wollte sich der Mann vor dem Gestank schützen.
Er ging seinen Weg. Es sah ziellos aus, was es aber nicht war, denn er hielt den Kopf leicht gesenkt und wirkte wie ein Suchender. Manchmal musste er lange Schritte machen, um die Leichen zu übersteigen.
Die Vögel hatten sich inzwischen wieder beruhigt. Sie waren zurückgekehrt. Als schwarze Gestalten flogen sie durch die Luft und gaben ihr Krächzen ab, als sollte das die einsame Gestalt noch mehr anspornen, das Schlachtfeld schneller hinter sich zu lassen.
Die Gestalt ging weiter. Sie war der mächtige Todesbote, der nichts ausließ, um seinem Ziel näher zu kommen. Irgendwann würde er es gefunden haben – und tatsächlich, er hielt an.
Dass um ihn herum die Leichen lagen, machte ihm nichts aus. Er hatte es nicht anders gewollt. Jetzt war es an ihm, das zu tun, was so wichtig war.
Er bückte sich. Er schaute sich um. Dabei ging er mal nach rechts, dann wieder nach links. Für ihn war es wichtig, etwas Bestimmtes zu finden, nur deshalb war er gekommen. Die Toten interessierten ihn nicht, mochten sie auch noch so schlimm aussehen.
Das Blut hatte die Fliegen angelockt. Ihr Summen war zu hören und begleitete die Suche der düsteren Gestalt. Manchmal schlug er nach ihnen, die meiste Zeit aber ließ er sie allerdings in Ruhe. Wäre ein Lebender in seiner Nähe gewesen, so hätte er den leisen Schrei gehört, der über die Lippen des Suchenden drang.
Es war für ihn der Sieg, denn er hatte gefunden, was er suchte.
Er bückte sich und schob einen toten Körper zur Seite, um freie Bahn zu haben. Dann fiel er auf die Knie und hob etwas an. Er reckte es gegen den düsteren Himmel und gab ein scharfes Lachen ab.
Endlich hielt er es in seinen Händen!
Es war das Blutschwert. Es war einmalig. So eine Waffe gab es kein zweites Mal. Dem Satan war es geweiht, und jetzt gehörte das Blutschwert der Hölle ihm...
***
Der Mann, der das Schwert gefunden und auch mitgenommen hatte, wusste genau, wie er sich damit in Szene setzen konnte. Er verdingte sich als Henker, aber er war kein bei einem Hof fest angestellter, sondern ein freier Henker, den man mieten konnte, was im Endeffekt preiswerter war.
Und das Schwert tat seine Pflicht. Wenn der Henker es in seinen Händen hielt, dann hatte er den Eindruck, dass es allein für ihn angefertigt worden war. Er war ein Mann, der ständig zu tun hatte und nie arbeitslos wurde.
Über Jahre hinweg übte er diese blutige Arbeit aus. Es machte ihm nichts aus. Gewissensbisse kannte er nicht, und so erreichten er und sein Schwert eine gewisse Berühmtheit. Aber auch er wurde älter, und die Zeit des Sterbens rückte heran. Er tötete nicht mehr. Genug Geld besaß er, um sich zurückzuziehen, aber ein freies Leben war es nicht, das er führte. Auch er hatte ein Gewissen, und das meldete sich immer öfter.
Eine Ehe hatte er nie vollzogen. Deshalb blieb er auch einsam in seinem Leben und mit seinen Träumen. Immer wieder sah er im Traum die zahlreichen Menschen, die er getötet hatte, wobei bestimmt nur die wenigsten richtig schuldig gewesen waren.
Schweißgebadet erwachte er oft mitten in der Nacht. Er fuhr dann von seinem Lager in die Höhe, schaute sich um und glaubte, die Menschen an seinem Bett stehen zu sehen, wobei sie ihre Köpfe unter die Arme geklemmt hatten.
Alles wurde zur Qual. Das seelische Leiden und auch das körperliche. Er litt unter der Gicht. Seine Finger waren krumm geworden, und aus seinem Mund drang immer öfter ein waidwundes
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