1761 - Blutschwert aus der Hölle
Stöhnen, das sich anhörte, als wäre ein Tier dabei, zu verenden. Wer jetzt zu ihm kam, der fand ihn wehrlos.
Dem Henker ging es immer schlechter. Der Tod rückte näher, und irgendwann bekam er Besuch. Er wusste nicht, wer es war. Er schaute den Gast zwar an, aber für ihn war es nichts Konkretes und einfach nur ein Schatten.
Aber er konnte sprechen. »Ich bin gekommen, um dich zu verabschieden, Henker. Ich hole mir das zurück, was in Wirklichkeit mir gehört. Du bist dem Tod geweiht, das Schwert ist es nicht, und so wird es einen neuen Besitzer finden, der würdig ist, es zu behalten.«
Der Henker gab keine Antwort. Er war zu schwach. Er lag auf dem Lager, hustete, spie auch Blut und hielt die Augen weit offen. Er sah nur einen Schatten über sich, der sein gesamtes Blickfeld einnahm. Aber es gab auch Bewegung in dem Schatten, denn als er sich zweimal gedreht hatte, da sah der Henker das Funkeln. Es stammte nicht von einem Gestirn, sondern von der so blanken Schwertklinge, denn der Schatten hatte sich diese Waffe geholt.
Er lachte.
Es hörte sich an wie ein Grollen, und der Henker wusste, dass sein Besucher noch nicht fertig war. Er musste noch etwas loswerden. Das Schwert spielte dabei eine Rolle, denn er hob es langsam an und es kam über dem Körper in Kopfhöhe zur Ruhe.
»Du hast diese Waffe aus meinem Reich lange genug gehabt, jetzt wird es Zeit, dass sie ein anderer bekommt und sie ebenfalls in Ehren hält. Und wenn ihn die Kraft des Lebens verlassen wird, gibt es jemanden, der das Schwert an sich nehmen wird, um es in meinem Sinne zu führen...«
Dem Henker war plötzlich alles klar geworden. Er überlegte, was er tun könnte, aber es gab keinen Ausweg mehr.
Er sah, dass sich sein Besucher reckte und dabei das Schwert nach hinten schwang. Er gab zudem ein hartes Lachen von sich. Es war der Gruß, den der andere noch hören sollte.
Einen Moment später fegte die Klinge nach unten und trennte mit einem perfekten Schnitt den Kopf vom Körper...
***
Eine andere Zeit, ein anderes Land.
Die Menschheit hatte sich kaum entwickelt. Noch immer waren die Gegensätze zwischen Arm und Reich groß. Jedes Aufbegehren der ärmeren Schicht wurde sofort durch Gewalt im Keim erstickt.
Und es war auch die Zeit der negativen Helden. Einer tat sich besonders hervor. Er nannte sich Freibeuter. Andere suchten ihn als Banditen, der sich in den Wäldern versteckte, wohin er auch seine Gefangenen brachte.
Es waren Männer aus dem gehobenen Stand. Alle besaßen genug Geld, um sich freikaufen zu können. Wer den Forderungen nicht nachgab, der konnte seinen Freund oder Verwandten ohne Kopf irgendwo abholen, wo man ihn hingelegt hatte.
Die Bande des Köpfers machte kurzen Prozess. Wer keinen Gewinn brachte, war nur eine Belastung und wurde getötet. Er verlor seinen Kopf, und so hatte sich die Bande bereits einen grauenvollen Namen gemacht, man fürchtete sie. Man hatte Angst, und so taten die Familien in der Regel alles, um das Lösegeld für ihr entführtes Mitglied zu zahlen und es heil in den Schoß der Familie zurückzuholen.
Das gelang nicht allen. Viele waren traumatisiert, anderen waren die Beine abgeschlagen worden oder auch die eine oder andere Hand. Wenn diese Menschen über ihre Zeit der Gefangenschaft redeten, dann sprachen sie nur von der Vorhölle.
Der Anführer der Bande jedenfalls fühlte sich unbesiegbar und war es dann doch nicht. Es kam der Tag, an dem auch bei ihm abgerechnet wurde. Über Jahre hinweg hatte er sich frei entfalten können, und das war jetzt vorbei.
Die Hölle brauchte einen Nachfolger. Ihr wichtigster Vertreter war bereits unterwegs. An einem lauen Sommerabend wurde der Mann auf eine Lichtung im Wald bestellt.
Er hatte sich dort mit zwei Frauen vergnügt und mit ihnen viel Spaß gehabt, jetzt lag er ziemlich erschöpft auf dem Rücken, musste wieder zu Atem kommen und lauschte dem Stimmenklang der beiden jungen Frauen.
Am Rand der Lichtung schimmerte dunkel das Wasser eines Teichs, in den die jungen Frauen sprangen, um sich abzukühlen. Noch vor ein paar Jahren hätte der Bandit mitgemacht, das war jetzt vorbei.
Er blieb auch weiterhin auf dem Rücken liegen und musste mehrmals gegen den Wunsch ankämpfen, einzuschlafen. So richtig schaffte er es nicht. Er merkte nur, dass die Stimmen leiser wurden und er sich vorkam wie jemand, dessen Geist wegschwamm.
Er war auf einmal so müde. Richtiggehend erschöpft. Einen Grund konnte er sich nicht vorstellen. Gut, er hatte sich mit den
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