1762 - Vorstoß nach Schingo
erklang. Clarven erschrak. Auf einem Monitor unmittelbar in Blickrichtung begann in dickem Gelb ein Schriftband zu laufen. Geblendet bedeckte er ein Auge mit der Hand.
DIESER VORGANG IST NICHT DURCHFÜHRBAR, warnte das Schriftband. EINE VOLLSTÄNDIGE AUSLÖSCHUNG DER FREMDEN IST UNREALISTISCH UND WIRD NICHT AKZEPTIERT.
Clarven lachte blubbernd und machte seine Aktion rückgängig.
„Ich habe keine Lust mehr und fahre ein andermal an dieser Stelle fort", sagte er laut.
„Das erscheint sinnvoll", entgegnete die oberste Steuereinheit sofort. „Zudem steht eine erneute Aktualisierung der Informations- und Datenträger bevor."
„Es gibt neue Entwicklungen in Bezug auf die Gierigen?"
„Ja."
„Was ist es?"
„Zunächst warte ich auf deine Eingabe."
„Wozu?"
„Um das Programm zu beenden. Du wolltest ein andermal weitermachen."
„Spielverderber!"
„Du siehst das mit sehr subjektiven Augen."
„Nun gut." Clarven bearbeitete die Tastatur seines Terminals. „Hiermit verlasse ich Shourachar. Programmende. Exit. Rückkehr zum Normalbetrieb."
„Danke", sagte die künstliche Stimme, diesmal etliche Stufen freundlicher.
Clarven schwenkte den Sessel herum und starrte die Wand an. Seine Gedanken kamen nicht von den Fremden los. Wesen wie sie durfte es eigentlich gar nicht geben.
Eiderlo tauchte auf, und übergangslos besserte sich die Laune des Fürsten.
„Du siehst krank aus, Clarven. Das ist nicht gut für dich", sagte der Sydorrier. „Gönn dir eine Pause."
„Du hast recht. Wie sieht es draußen aus?"
„Es ist schwül. Ein plötzlicher Wetterumschwung. Nicht vorhersehbar. Das Wasser eines ganzen Ozeans fällt vom Himmel."
„Das gefällt mir. Im warmen Regen stehen und sonst nichts sehen!" rief Clarven und eilte hinaus.
*
Seyllen: „Sie sind da, mein Fürst."
So atemlos wie in diesen Augenblicken hatte Clarven die Kanzlerin noch nie gesehen. Er versuchte, aus seinem Fahrzeug aufzustehen, aber seine Arme versagten ihren Dienst.
„Tu das nicht", wehrte Halena Diza eilfertig ab. „Du tust dir weh. Erspare dir das. Komm, begleite mich im Wagen."
Er befolgte ihren Rat, aber mit seinen Gedanken weilte er woanders. Clarven wünschte sich in einer solchen Situation Eiderlo an seine Seite und nicht die Kanzlerin. Sie kam doch nur, um ihn zu überwachen und dafür zu sorgen, daß er sich keine Eigenmächtigkeiten leistete.
„Wie ist der Stand der Dinge?" fragte er, nachdem Halena Diza eines der Terminals aktiviert hatte.
„Dreißig ihrer Schiffe haben das Iss-System erreicht und versuchen, nach Clorech vorzustoßen.
Unsere Flotten sind wachsam. Nurtinen spricht mit den Gierigen. Er will sie wegschicken."
Halena Diza warf Clarven einen vielsagenden Blick zu.
„Erst sind sie bei SCHERMOTT aufgetaucht und dann in die Oktanten ausgeschwärmt", erinnerte sie, als wüßte er es nicht. „Jetzt haben sie Ammach erreicht und bringen den Handel der Planeten durcheinander. Teilweise sind die Beeinträchtigungen erheblich. Noch zaudern die Flotten."
„Gut. Ich werde etwas gegen die Gierigen unternehmen", sagte er in dem Gedanken, daß er mittels Shourachar genug Informationen besaß, um sich ein Urteil erlauben zu können. „Sie sollen erfahren, was es heißt, sich mit Fürst Clarven anzulegen."
Er schaltete die Anlage in das Konferenznetz des Iss-Systems, wie er es immer tat, wenn er in seiner Funktion als Fürst von Ammach eine Mitteilung zu machen hatte. Sein Gespräch besaß höchste Priorität und brachte jede übrige Kommunikation im Sonnensystem zum Erliegen.
„Fürst Clarven grüßt sein Volk", begann er mit der üblichen Floskel. „Die Fremden haben das Zentrum Ammachs erreicht. Sie bedrängen unsere Schiffe und treffen Vorbereitungen, über Clorech herzufallen. Wir lassen uns das nicht gefallen. Die Fremden sind aggressiv und neigen zur Bösartigkeit. Sie dulden keinen Widerspruch, allein ihre eigene Meinung gilt. Sie halten uns für dumm und unbelehrbar. Wir werden ihnen die Wahrheit beibringen."
Halena Diza stand seitlich versetzt außerhalb des Aufnahmebereichs der Kamera.
„Gut so", soufflierte sie. „Kampf, Vernichtung!"
„Die Fremden sind umgehend anzugreifen und aus dem Iss-System zu vertreiben. Werft ihnen alles entgegen, was unser Sonnensystem besitzt. Jagt sie davon und bleut ihnen ein, daß sie niemals hierher zurückkehren sollen."
Die Kommandanten draußen im All hatten nur darauf gewartet. Sie informierten ihre Flotten und warfen sie den Gierigen entgegen.
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