1767 - Teufelsmädchen
fluchte, kämpfte jedoch gegen ihn an und blieb sitzen. Nur nicht nachgeben, und es ging mir tatsächlich innerhalb kurzer Zeit besser.
Jetzt nahm ich mir das letzte Drittel vor. Ich wollte aufstehen und zur Tür gehen und wusste zugleich, dass es nicht einfach werden würde. Ich würde mir vorkommen wie jemand, der nach einem langen Liegen wieder aufgestanden war.
Dennoch gab es kein Zurück.
Meine Füße hatten den Kontakt mit dem Boden bekommen. Ich holte noch mal Luft und konzentrierte mich auf das Gehen. Noch saß ich. Dann rutschte ich von der Bettkante, stellte mich hin und erlebte ungefähr das, was ich mir vorgestellt hatte. Die Welt um mich herum wurde zwar nicht zu einer anderen, aber sie schwankte schon, und ich glaubte zudem, dass der Fußboden ebenfalls Wellen schlug.
Innerlich fluchte ich. Nach außen hin versuchte ich, das Gleichgewicht zu halten, was nicht einfach war. Und mitten hinein in meine Bemühungen hörte ich den leisen Schrei, und dann gab es plötzlich zwei Hände, die mich packten und mich wieder zurück auf das Bett drückten, wo ich sitzen blieb.
»Um Himmels willen, was ist denn mit Ihnen los, Mister Sinclair?«, fuhr mich die Stimme der Frau an.
Im ersten Moment wusste ich nicht, mit wem ich es zu tun hatte. Ich war ziemlich von der Rolle, bis ich die Augen weit öffnete und die Frau erkannte.
Es war Schwester Veronika, deren Dienst wieder begonnen hatte. Auf ihrer Runde hatte sie auch nach mir geschaut und gesehen, wie mies es mir gegangen war.
»Haben Sie einen Rückschlag erlitten?«
Ich lachte leicht krächzend. »Rückschlag kann sein. Muss aber nicht sein. Trotzdem geht es mir nicht besonders gut.«
Ich sah sie allmählich klarer und auch, dass sie den Kopf schüttelte.
»Was ist genau passiert, bitte schön?«
»Ach, nicht viel. Ich kann Ihnen sagen, dass es an Ihrer netten Kollegin Susan lag.«
»Wieso?«
»Sie hat mich besucht und dafür gesorgt, dass ich bewusstlos wurde.«
Veronika sah aus, als könnte sie es nicht glauben. Trotzdem fragte sie: »Wie hat sie das denn gemacht?«
»Durch eine Spritze, die sie mir heimlich und hinterrücks gesetzt hat. So ist es gewesen.«
Die Krankenschwester schwieg. Ihrem Gesichtsausdruck entnahm ich, dass sie mir nicht glaubte, sie schüttelte den Kopf und sagte: »Jetzt legen Sie sich mal wieder hin und warten ab, bis Sie sich besser fühlen. Dann können Sie ja gehen, denke ich mir.«
Gehen? Ich wusste nicht, was sie damit meinte, fragte auch nicht nach und beließ es dabei. Sie bekam von mir keinen Protest zu hören. Das brachte sowieso nichts ein. Auch wenn ich Veronika die ganze Wahrheit erzählt hätte, sie hätte mir nicht geglaubt. Dabei konnte ich ihr keinen Vorwurf machen. Was ich erlebt hatte, das war schon verdammt ätzend gewesen.
Mir ging die andere Schwester nicht aus dem Kopf. Ich sprach Veronika auf die Kollegin an.
»Können Sie mir denn sagen, wo ich Schwester Susan finde?«
Sie bekam große Augen. »Aber ich bitte Sie! Was wollen Sie denn von ihr?«
»Nur ein paar Fragen stellen.«
»Hm.« Veronika rieb ihre Lippen. »Das ist alles recht schwierig. Susan hat Dienst, ich kann sie da nicht so einfach wegholen, wenn Sie verstehen.«
»Das ist klar, aber wie wäre es mit einer Ausnahme?«
»Ich denke nicht.«
Mir war klar, dass ich hier auf Granit biss, und konnte hier nicht den Störenfried spielen. Da unten hatte es schon Ärger genug gegeben, jetzt wollte ich es nicht auf die Spitze treiben.
Die Krankenschwester nickte mir zu. Es war zu sehen, dass sie unter Druck stand. »Gibt es sonst noch etwas, was Sie mir sagen wollten?«
»Nein, nein.«
»Gut. Dann lasse ich Sie jetzt wieder allein.«
»Tun Sie das.«
Veronika nickte mir zu, dann rang sie sich ein Lächeln ab und musste noch etwas zum Abschied sagen. »Sie sind mir vielleicht ein Typ. Einfach anders.«
»Wie anders denn?«
»Ach, lassen wir das.« Sie ging zur Tür, winkte mir noch zu und verschwand.
Die andere Seite war noch immer präsent, aber sie agierte jetzt im Hintergrund, und ich ging nicht davon aus, dass Schwester Veronika ebenfalls eingeweiht war. Das hätte ich gemerkt, denn so viel Menschenkenntnis traute ich mir schon zu.
Aber Gina und Lilo hatten es geschafft, einen Teil der Schwesternschaft zu unterwandern, jedenfalls war es bei Susan der Fall gewesen. Für mich war sie auch so etwas wie eine Vorbereiterin, die den Weg freimachte. Sie hatte mir die Spritze verabreicht, aber sie hatte dabei einen Fehler begangen.
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