1770 - Blutfalle
auf sie gehört, denn sie hatte stets die Prioritäten gesetzt. Das würde sich wahrscheinlich nicht so weiterführen lassen, denn Matthias war ebenfalls ein Alphatier, und er würde ihr irgendwann seine Rechnung präsentieren, und dann konnte es unter Umständen Ärger geben, denn sie war keine Person, die sich die Butter vom Brot nehmen ließ.
Noch vor einigen Wochen hatten diese Gedanken sie gar nicht beschäftigt, da hatte sie sich noch zu mies gefühlt. Jetzt war es etwas anderes, und sie dachte darüber nach, wie es wohl weitergehen konnte.
Alles hat seinen Preis!, dachte sie. Aber ich bin nicht bereit, jeden Preis zu zahlen. Nur wollte sie das für sich behalten und Matthias auf keinen Fall damit konfrontieren.
Er war in dieser Nacht mal wieder unterwegs. Und er wollte ihr bei seiner Rückkehr ein Geschenk mitbringen. Ein Blutgeschenk. Sie wusste noch nicht, ob es sich dabei um eine Frau oder einen Mann handeln würde. Sie glaubte eher an eine Frau, denn Matthias war jemand, der die Frauen um den Finger wickeln konnte. Sie taten alles, was er wollte, und das nutzte er auch weidlich aus.
Er hatte nicht genau gesagt, wann er zurückkehren würde. Irgendwann in der Nacht, und die war bereits angebrochen und auch fortgeschritten.
Justine Cavallo war zwar eine Vampirin, aber sie war auch jemand, der aus dem Rahmen fiel, es machte ihr nichts aus, auch bei Tageslicht zu existieren. Sie musste keiner Sonne aus dem Weg gehen. Sie konnte so leben wie jeder normale Mensch, und die Dunkelheit war eigentlich nur ihre Jagdzeit gewesen.
Vor Jahren war es ihr gelungen, sich in einem Haus einzunisten, das der Detektivin Jane Collins gehörte. Sie hatte sich nicht mehr vertreiben lassen, und Jane hatte es auch nicht mehr versucht.
Beide waren keine Freundinnen geworden. Sie hatten sich gegenseitig akzeptiert, und das war auch mit einem Mann geschehen, der eigentlich als Vampirjäger bekannt war.
Er hieß John Sinclair, jagte die schwarzmagischen Wesen, zu denen auch Vampire gehörten. Es hatte Zeiten gegeben, da hatten sie sich feindlich gegenübergestanden, dann waren sie durch bestimmte Umstände so etwas wie Verbündete geworden, wobei sie sich gegenseitig das Leben gerettet hatten, nun aber waren die Fronten wieder geklärt. Da gab es keine Zusammenarbeit mehr. Sie waren wieder zu Todfeinden geworden, und damit hatte es sich.
Es wurmte sie, dass sie sich auch vor Sinclair hatte verstecken müssen. Denn bei ihrer Schwäche wäre es für ihn eine Kleinigkeit gewesen, sie zu vernichten. Zum Glück hatte Matthias das Versteck gut gewählt, und Sinclair war nicht einmal bis in ihre Nähe gekommen, und das sollte auch so bleiben.
Wenn Justine allerdings wieder fit war, dann würde sie sich Sinclair stellen, denn es musste einen Sieger geben, und sie war scharf darauf, sein Blut zu trinken, um ihn später als einen Artgenossen wieder begrüßen zu können.
Das wäre das Höchste gewesen, davon träumte sie, und sie war sicher, dass sich der Traum irgendwann erfüllen würde, wobei sie auch auf Matthias’ Hilfe hoffte, der ebenfalls schon mit Sinclair aneinander geraten war.
Erst mal musste sie wieder stärker werden. Nachdem sie Serenas Blut getrunken hatte, war sie in einen Zustand geraten, da hätte selbst ein kleines Kind sie umwerfen können. Jetzt fühlte sie sich wieder besser, für einen Menschen wäre der Zustand normal gewesen. Nicht aber für sie, denn ihre Kräfte waren mit denen eines Menschen nicht zu vergleichen.
In einem Zimmer bleiben wollte sie nicht. Deshalb bewegte sie sich durch das Haus, in dem kein Licht brannte, was sie auch nicht brauchte. Sie ging die dunklen Stufen der Treppe hinab in den unteren Bereich und blieb dort neben der Haustür vor einem Fenster stehen, das ihr den Blick ins Freie erlaubte.
Viel sah sie nicht. Das war gut so. So schafften die Bäume eine Deckung, die auch von außen genutzt werden konnte. Sie standen nicht zu dicht vor dem Haus, es gab noch einen Zwischenraum, sodass vom Haus aus gesehen werden konnte, wer da ankam.
Es war dunkel, auch der Himmel zeigte sich bedeckt, sodass kein Funkeln eines Sterns zu sehen war. Vor dem Haus gab es keine Außenleuchte, und auch im Haus selbst war auf viel Licht verzichtet worden, man konnte eher von einer Notbeleuchtung sprechen, was einer Blutsaugerin wie der Cavallo nichts ausmachte.
Sie war lange Zeit aus dem normalen Leben weg. Aber verändert hatte sie sich nicht. Weder innerlich noch äußerlich. Da galt sie noch immer
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