1776 - Blutsüchtig
Fall. Wer sie angefallen hatte, der wollte nicht, dass noch ein weiterer Vampir durch die Gegend lief. Das kannte ich ja, denn eine gewisse Justine Cavallo hatte es vorgemacht.
Ich drehte mich wieder zu den anderen hin um und schüttelte den Kopf.
»Da ist nichts zu machen. Sie ist tot.«
»Und wer könnte sie sein?«
»Eine Besucherin, Harry.«
»Ja, verdammt.« Der Agent wandte sich an unseren Begleiter. »Sind Sie auch der Meinung?«
»Ja, das bin ich. Es ist keine Kollegin, das kann ich Ihnen sagen, und das müssen Sie mir auch glauben.«
»Okay«, sagte ich. »Wir haben zwei Möglichkeiten. Entweder befindet sich der Killer noch hier im Museum oder er ist verschwunden. Ich tendiere dazu, dass er sich noch hier befindet.«
»Und warum?«
»Das will ich Ihnen sagen, Lisa. Unser Täter hat etwas vor. Das hat mit der Familie Barton zu tun und auch hier mit diesem Schiff. Sonst wäre er nicht hierher gekommen, denn so ein Schiff kann auch zu einer Falle werden. Etwas muss ihn getrieben haben. Er ist gekommen, um etwas zu regeln.«
Keiner widersprach, aber man hob die Schultern. Der Mann, der die Tote entdeckt hatte, hieß Jens Brodersen. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Einige Male fuchtelte er mit den Händen durch die Luft, setzte zum Sprechen an und sprach von der Polizei, die geholt werden musste.
»Das wird später alles geschehen«, sagte Harry. »Zuvor werden wir versuchen, den Täter zu stellen.«
»Hier auf dem Schiff?«
»Ja.«
Brodersen schluckte. Er wollte noch etwas sagen, überlegte es sich anders und ließ sich auf einer Bank nieder.
»Ist das okay?«
»Sicher.«
»Ich gehe nicht mit Ihnen.«
»Das hätten wir auch nicht gewollt«, erklärte Harry Stahl. »Aber halten Sie sich zurück und sprechen Sie mit niemandem über das, was Sie gesehen haben.«
»Darauf können Sie sich verlassen. Ich werde nur nach nebenan gehen. Hier kann ich nicht bleiben.«
»Tun Sie das.«
Er ging und wirkte dabei wie ein alter Mann.
Für uns gab es jetzt eine wichtige Aufgabe, und die musste schnell erledigt werden, bevor es zu weiteren Untaten kam...
***
Laurie Barton hatte ihren Platz noch immer nicht gewechselt. Sie war froh, sitzen zu können, und war auch froh darüber, dass sie keinen weiteren Schlag erhielt. Der eine hatte ihr gereicht.
Pamela stand vor ihr.
Sie war die Siegerin, und das zeigte sie auch durch ihre Haltung. Sie hatte sich leicht breitbeinig hingestellt und den Kopf gesenkt. Ihr Gesicht war blass. Die großen dunklen Augen waren blutunterlaufen. Ihren Mund hatte sie geöffnet, denn sie wollte, dass ihre beiden Zähne gesehen wurden.
»Sie warten auf dich«, flüsterte sie Laurie zu. »Sie warten darauf, in deinen Hals gestoßen zu werden, damit ich anschließend dein Blut trinken kann. Hier, ja, genau hier. So habe ich es mir gewünscht.«
»Warum denn genau hier?«
»Ganz einfach. Hier haben sich schon immer Schicksale entschieden. Auch das der Familie Barton. Deine Vorfahren, die auch meine sind, haben sich bestimmt nicht aus lauter Freude entschlossen, ihre Heimat zu verlassen. Einer musste gehen, einer ist hier gelandet, er wurde hier getestet, und dann konnte auch er das gelobte Land betreten, in dem keine Milch und kein Honig flossen, sondern die harte brutale Wirklichkeit auf sie wartete. Ich allein habe es geschafft, mich durchzuschlagen, weil ich einen anderen Weg gegangen bin und mich anderen Kräften angeschlossen habe. Aber die Vergangenheit hat mich nie losgelassen, und ich habe nachgeforscht und es geschafft, dich aufzuspüren. Ich will nicht mehr allein als Blutsaugerin herumlaufen, sondern eine Partnerin an meiner Seite haben. Und das bist du. Ja, das wirst du sein und keine andere.«
Laurie musste lachen, obwohl Tränen aus ihren Augen liefen. »Das ist doch verrückt«, sagte sie schluchzend. »Wie kommst du darauf? Was habe ich mit dir zu tun?«
»Noch nichts, aber bald. Ich will nur, dass unsere beiden Stammbäume wieder vereint sind, das ist alles. Dann gehen wir zu zweit auf die Jagd nach Blut. Du wirst schon sofort nach dem Erwachen die Gier in dir spüren, das kann ich dir versprechen. Dich werde ich zu einer Blutsaugerin machen. Die anderen Personen habe ich dazu nicht gebraucht. Aber bei dir ist es etwas anderes. Ich bin sicher, dass wir uns beide gut verstehen werden.«
Laurie hatte alles gehört. Sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Sie würde kein normaler Mensch mehr sein, sondern ihr weiteres Dasein als Vampirin
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