1780 - Blick in die Hölle
keine Verkleidung. Deshalb stand für mich noch nicht hundertprozentig fest, dass er sich in der Kutte verbarg.
Ich ging auf die Wand zu. Es war egal, an welcher Stelle ich sie berührte. Wenn es einen Durchgang gab, dann war er überall vorhanden.
Mein Kreuz hatte mich ja gewarnt. Im Moment reagierte
es nicht. Kein Stechen, kein Schmerz auf meiner Brust.
Ich ging weiter. Noch zwei Schritte, die ich langsamer ging, dann blieb ich stehen. Vor mir lag die andere Welt. Wäre sie nur ein Gemälde gewesen, ich hätte es spätestens jetzt gesehen. Aber so kam sie mir nicht vor. Keine Malereien auf der Wand, das war etwas völlig anderes, aber auch etwas, in dem es jetzt keine Bewegung mehr gab. Dort stand alles still. Vom Mond bis zu der Kuttengestalt, von der ich nicht wusste, ob es sich um Matthias handelte.
Auf meinem Weg hatte ich festgestellt, dass die Wand eigentlich recht schmal war. Der Blick aber weitete sich, wenn ich gegen sie schaute, und das war schon ein Phänomen.
Gehen oder nicht?
Natürlich ging ich. So kam ich der Mauer noch näher, streckte meine rechte Hand aus, wollte sie anfassen – und schaffte es nicht, denn es trat das ein, was ich schon erwartet hatte. Zwar nicht befürchtet, aber es war auch nicht überraschend für mich, dass ich in die Wand hineinfassen konnte.
Der Blick in die Hölle hatte sich verändert. Er war zu einem Tor in die Hölle geworden. Ich zögerte keine Sekunde und zog das Bein nach, dann hatte ich die richtige Position erreicht, um endgültig die sogenannte Hölle zu betreten...
***
Johnny Conolly und sein Vater waren zurückgeblieben und schauten dem Geisterjäger nach. Sie waren darüber nicht eben glücklich.
»Das ist ein Tor!«, flüsterte Bill. »Ich glaube fest daran, dass es ein Tor ist, das Tor in die Hölle. Nicht mehr und nicht weniger.«
John würde sein Ziel in wenigen Sekunden erreicht haben. Auch bei Vater und Sohn wuchs die Spannung. In den nächsten Sekunden musste es zu einer Entscheidung kommen.
Beide sahen, wie John seinen Arm bewegte und dann auch das Bein. Er drückte es gegen die Mauer, die keine war. Es gab für ihn keinen Widerstand.
Johnny lachte leise. »Er ist drin!«, flüsterte er dann. »Es ist tatsächlich wahr. Er hat es geschafft...«
Bill schaute nur zu. Beruhigt war er nicht, aber zufrieden.
»Wir könnten ihm vielleicht nachgehen«, sagte Johnny.
»Ja, das könnten wir, aber wir werden uns hüten, das zu tun. Noch besteht keine Gefahr für ihn. Sollte das so sein, dann ist noch Zeit genug, etwas zu unternehmen.«
»Gut, aber wir bleiben hier?«
Bill nickte. »Darauf kannst du dich verlassen, mein Junge.« Er wollte noch hinzufügen, dass sie John weiterhin unter Kontrolle behalten würden, aber das schaffte er nicht mehr, denn in ihrer Nähe befand sich die Eingangstür, und die wurde jetzt geöffnet. Das dabei entstehende Geräusch war nicht zu überhören, und ihre Köpfe ruckten herum.
Eine Frau war eingetreten. Eine, die hierher gehörte. Es war Maggy Cole, die sogenannte Hexe...
***
Nur ein Schritt hatte die beiden so unterschiedlichen Welten voneinander getrennt. Und diesen Schritt hatte ich hinter mir. Ich stand in der anderen Welt, was für mich kaum einen Unterschied machte. Klar, die Umgebung sah anders aus, aber ich konnte auch hier atmen. Kein Feuer der Hölle wollte mich vernichten.
Ich fühlte mich nicht bedroht. Es gab kein Zeichen für einen plötzlichen Angriff. Weder vom Boden her noch aus der Luft.
Ob der Rückweg ebenso problemlos war wie der Hinweg, das probierte ich nicht aus. Ich ging davon aus, dass es so war, und schlug den Weg ein, den ich mir vorgenommen hatte.
Wichtig war einzig und allein die vermummte Gestalt. Ich wollte wissen, ob sich unter der Kutte tatsächlich Matthias verbarg.
Ich drehte mich halb nach rechts und sah den Turm im Hintergrund. Auch andere Bauten entdeckte ich, ohne mir darüber Gedanken zu machen, weil sie seltsame Formen aufwiesen.
Ich ging davon aus, dass meine Aktion hier in der Welt aufgefallen war. Aber niemand kam mir entgegen, keiner wollte etwas von mir. Weder Freund noch Feind, und ich kam mir erst mal recht allein gelassen vor. Und das in einer Welt, die ich nicht kannte, die aber neutral war und keine bösen Gefühle übermittelte.
Um mich herum herrschte eine Stille, die ich auch von anderen Dimensionen her kannte. Stille kann beruhigen, in diesem Fall beruhigte sie mich nicht. Sie konnte jeden Augenblick platzen und das Grauen freilassen.
Ich hatte
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