1785 - Mandragoros Angriff
unten gepackt worden. Skips Augen weiteten sich, er glaubte, dass sich der Meeresboden bewegen würde und ihm entgegenkommen wollte. Das war nicht zu fassen, es war auch keine Täuschung, und dann flüsterte der Mann Worte, die er selbst nicht verstand.
Etwas stemmte sich in die Höhe. Es war eine Wand, die aus Wasser bestand. Sie war plötzlich da und nicht nur hoch, sondern auch immens breit, sodass sie sein gesamtes Sichtfeld einnahm.
Und plötzlich hatte Skip Holting wieder das Bild eines Tsunamis vor Augen. Aber das war keine Theorie mehr, sondern echt, das war hier der Beginn eines Tsunamis. Eine Jahrhundertwelle rollte auf die Insel zu, um sie zu verschlingen.
Skip Holting hörte wieder, dass sich sein Handy meldete. Er hob diesmal nicht ab. Er konnte nichts tun, er konnte nicht helfen. Er konnte nur schauen, was da heranrollte. Noch immer sah er diese riesige Wand aus Wasser. Ob sie nun schnell höher kam oder nicht, das bekam er nicht mit, er wusste nur, dass sie nicht stehen blieb.
Und er sah noch etwas.
In der Wand malte es sich ab, und er hielt es zunächst für eine Täuschung. Er sah ein riesenhaftes Gebilde, das entfernte Ähnlichkeit mit einem Menschen hatte, tatsächlich aber ein Monstrum war. Eines mit mächtigem Körper und wilden Armen. Es stand da wie ein Dirigent, der die Aufmerksamkeit des Orchesters einforderte.
Was war das?
Skip Holting wusste es nicht. Er hörte die Geräusche des Wassers und dann kam ein Neues hinzu, das ihn erschaudern ließ. Es war ein Donnern, ein Grollen, ein böses Geräusch, das immer mehr auf ihn zu raste.
Holting war kein Mann, der schnell Angst bekam. In diesem Fall aber war das so. Er fürchtete sich, denn dieses Grollen stammte nicht von einem Seegewitter. Das Wasser hatte es abgegeben. Er drang aus dieser hohen Wand, als schienen sich die Seemonster für einen Angriff auf die Bohrinsel versammelt zu haben.
Sie kamen.
Nein, die Wand kam.
Und zugleich die Schreckensgestalt, die sich turmhoch darin abzeichnete. Es gab nur noch das eine Geräusch und nichts anderes mehr.
Die Welt um die Bohrinsel herum schien aus den Fugen zu geraten, und zum ersten Mal verspürte Skip Holting eine tiefe Angst um sich und die Insel.
Die Wand rauschte, sie donnerte auch, und Holting erkannte, dass sie ihn nicht verschonen würde. Er stand hoch, aber so hoch auch nicht. Er würde zumindest den Rand erleben und dachte dabei an seine Männer, die draußen waren und Wache hielten. Sie würden es nicht überleben. Sie würden weggespült werden wie Puppen.
Die Wand war da.
Das Monster in ihr auch. Kein Mensch, etwas anderes und Grauenhaftes. Ein Umhang aus Wasser und Gischt, eine Gestalt, die nur als Monster zu bezeichnen war.
Ein Wassermann, ein Seemonster oder was auch immer.
Dann war die Welle da.
Die Bohrinsel wirkte nicht eben klein, aber einer solchen Welle konnte sie nicht standhalten.
Sie fiel über sie hinweg.
Des Öfteren sprechen Menschen davon, wie klein sie letztendlich gegen das waren, was die Natur ihnen brachte. Das war hier wirklich so. Skip Holting fühlte sich als Ameise. Das Wasser war der Elefant, und der schlug zu.
Der Mann stand zum Glück nicht im Zentrum. Trotzdem machte die Krone der Riesenwelle mit ihm, was sie wollte. Skip wurde von den Beinen gefegt. Er rutschte über das nasse Metall, stieß irgendwo gegen, schaffte es nicht, sich festzuhalten, drehte sich um die eigene Achse und wurde weiter geschleudert.
Und dann fand er einen Halt. Es glich mehr einem Zufall, dass er sich an einer Stange oder einem Streben festklammern konnte. Was es genau war, sah er nicht. Aber er ließ diese starre Rettung nicht los.
Um ihn herum gurgelte und schmatzte es. Wenn er die Augen aufriss, sah er nichts bis auf das aufgewühlte Wasser. Er hielt den Mund geschlossen, nur nicht ertrinken. Wie hoch das Wasser ihn umschäumte, das wusste er nicht.
Aber es war da und floss noch nicht ab. Er musste den Atem anhalten und versuchte dann, wieder auf die Beine zu gelangen. Zumindest eine sitzende Position zu erreichen.
An dem Gegenstand, an dem er sich festhielt, zog er sich auch in die Höhe. Er packte es. Er kam plötzlich aus dem Wasser, das hier oben nicht so hoch war. Er spürte, dass die Insel schwankte, und betete, dass sie hielt.
Skip bekam Luft.
Es war ein wunderbares Gefühl, endlich wieder atmen zu können. Er lachte, er spie dabei Wasser. Er schüttelte sich und er merkte zugleich, dass der Sog nicht mehr zu stark war wie zu Beginn. Das Wasser fing
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