18 - Orangen und Datteln
kristallisch auf; das war der Schott Rharsa; der Ruhh es Sebcha lockte uns durch den reichen Schimmer seiner Wohnung; hinabzueilen von der Höhe, auf welcher wir standen. Von der Sebcha aus zog sich ein weites Sandmeer zu uns heran, außer einigen rauhen Koloquinten ganz ohne Vegetation, und dort, dort zu unserer Rechten trabten zwei Pferde, ein Schimmel und ein Falbe; auf dem ersteren saß eine weibliche Gestalt und auf dem andern eine männliche, der Krumir, den wir sofort erkannten.
„Allah 'l Allah!“ rief Ali en Nurabi mit lauter jubelnder Stimme, riß seine Flinte aus dem Sattelriemen und sprengte im Galopp den Abhang hinab.
Diese Unvorsichtigkeit sollte sich sofort rächen. Die Morgenluft trug den Schall bis zum Ohr des Krumirs. Er wandte sich um und erblickte uns. Auch er mußte uns erkennen. Nur einen Augenblick zögerte er erschrocken, dann aber flog er mit beiden Pferden ventre-à-terre davon.
Alle waren dem Scheik der Uëlad Sebira gefolgt; nur Achmed hielt noch neben mir.
„Warum reitest du nicht?“ fragte ich ihn lächelnd.
„Weil auch du hier halten bleibst, Sihdi.“ antwortete er. „Du wirst wissen, was du tust.“
„Ich weiß es allerdings. Siehe, wie die Sebcha einen Bogen nach rechts beschreibt; diesen Bogen werden sie reiten; wir aber machen es uns leichter und halten in gerader Linie auf die Spitze des Bogens zu. So nehmen wir dem Krumir den Vorsprung ab, den er jetzt noch hat. Vorwärts.“
Wir ritten in der soeben beschriebenen Richtung fort, zunächst Trab, dann Galopp, endlich aber in voller Karriere. Die Hamemastute Achmeds war ausgezeichnet; ich strengte meinen Rappen nicht zu sehr an, und so blieben die beiden Pferde stets in gleicher Höhe. Nach und nach wurde der Sand tiefer, doch wir minderten unsere Schnelligkeit nicht. Der Krumir hatte nur acht auf die anderen Verfolger; wir waren von ihm noch gar nicht bemerkt worden, obgleich wir ihm gefährlicher werden mußten als jene. Es war vorauszusehen, daß sie ihn nicht erreichen würden; die Milchstute und der Falbe waren ihnen überlegen, obwohl diese beiden braven Tiere sehr harte Anstrengungen hinter sich hatten.
Da, jetzt wandte er sich einmal nach rechts hinüber und erblickte uns. Ich sah, wie er den Kopf voll Trotz in den Nacken warf und seine Pferde zu vergrößerter Schnelligkeit anspornte. Er ritt parallel mit dem Ufer des Schott; er hatte tieferen Sand als wir, und darum war es gar nicht notwendig, meinen Hengst mit dem Geheimnis anzurufen. Er war uns immer voraus, aber da wir die Sehnen seines Bogens ritten; so war es gar keine Frage, daß wir ihn erreichen würden.
So verging wohl eine halbe Stunde. Wir näherten uns dem glänzenden Spiegel des Schott immer mehr; die Spitze des Bogens flog förmlich auf uns zu, und die andern hatten wir längst hinter uns gelassen. Jetzt langten wir an dem Busen an, den der Schott in das Land hineinschob, der Krumir hart an demselben, ich in gleicher Höhe, aber vielleicht einen Kilometer von ihm entfernt, Achmed noch immer an meiner Seite. Damit aber veränderte sich das Panorama vor uns. Der Schott trat ganz plötzlich wieder zurück und machte einer breiten Landzunge Platz, die in ihn hineinragte. Der Krumir erhob sich im Sattel, stieß einen lauten Schrei der Freude aus und warf den rechten Arm verächtlich empor. Dann riß er die Pferde nach links uns sauste dem Schott gerade entgegen.
„Allah kerihm“, rief Achmed, „er will auf das Salz!“
Ich antwortete gar nicht, denn jetzt war keine Zeit zu Worten, sondern warf meinen Hengst in dieselbe Richtung und legte ihm die Hand zwischen die Ohren: „Rih, Rih, Rih!!!“
Das Pferd erschrak förmlich bei diesem Ton, den mir die Angst durch die Kehle trieb. Es schien den Boden gar nicht zu berühren, es hatte an meinem Ruf gehört, daß es jetzt einmal Zeit sei, ein Rih, ein Wind, zu sein. Ich ahnte, daß der Krumir eine Stelle suchte, an welcher ein Pfad über den Schott münde; kam Mochallah auf das Salz, so war sie verloren; ich mußte den Entführer also erreichen, noch ehe er am Rand der Sebcha anlangte. Es war, als würde mir die Entfernung entgegengeworfen. Sosehr lang sich auch die Landzunge in den Salzsee erstreckte, sie flog zusehends zurück, aber ich kam dem Verfolgten mit jedem Sprung meines Pferdes näher; noch zehn, noch acht, noch fünf, vier, drei Pferdelängen; jetzt nur noch eine.
Ich schwang das Lariat in der Rechten; aber den Reiter durfte ich nicht treffen, sonst wäre das kostbare Pferd verloren
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