18 - Orangen und Datteln
Anspruch nahm.
Es kamen nämlich im raschesten Lauf vier Reiter hinter uns her, welche beim Anblick der stehenden Karawane einen Augenblick beobachtend anhielten, dann aber vollends herbeigeritten kamen. Sie saßen auf Bischarinhedjihns, und ich erkannte – den Uëlad Sliman, welcher mir sein Djemmel geschenkt hatte, und den Boten, welcher in Algier von uns gefangengenommen worden war. Diesem mußte es auf irgendeine Weise gelungen sein, seine Freiheit zu erlangen; er war in das Duar am Auresgebirge zurückgekehrt, und der eine der Räuberbrüder hatte sich sofort mit den Seinen in Eile auf den Weg gemacht, den Mißerfolg der Sendung zu berichten. Vielleicht kannten sie den Zweck meiner Reise, aber selbst wenn dies nicht der Fall war, schwebte ich jetzt in einer offenbaren Gefahr, und ich winkte daher Josef und den Tebu an meine Seite.
„Sallam aaleïkum“, grüßte der Uëlad Sliman laut, indem er mich und Josef nicht bemerkte, da wir hinter den andern hielten. „Wer ist der Khabir dieser Kaffilah?“
„Ich“, antwortete der Tuareg mit einem verschmitzten Blinzeln seiner Augen.
„Wohin geht euer Weg?“
„Nach Safileh.“
„Bismillah, das ist gut. Auch ich will nach Safileh; ich werde mit euch reiten!“
Da gab es weder Anfrage noch Bitte; der Mann machte kurzen Prozeß; er behandelte die Karawane bereits als sein Eigentum. Da erblickte er den großen Hassan, der über alle andern um eines Kopfes Länge emporragte. Sofort ritt er auf ihn zu.
„Du warst bei dem Franken, welcher den Löwen tötete?“
„Ja.“
„Wo ist dein Herr!“
„Dort!“ antwortete der Kubaschi, auf mich deutend.
Das Auge des Beis traf mich und wandte sich dann zu dem Boten.
„War es dieser?“
„Ja; er schlug mich nieder.“
Jetzt lenkte er, gefolgt von den drei andern, sein Tier zu mir heran; auch der Führer und der Schech el Djemali kamen herbei. Ich hatte sechs wohlbewaffnete Leute gegen mich, von den Männern der Kaffilah ganz abgesehen. Korndörfer hatte die Büchse gefaßt; der Tebu hielt seinen aus biegsamem Bassamholz gefertigten Wurfspeer in der Faust, und ich zog mit der Linken den Revolver unter dem weiten Burnus aus dem Gürtel, während ich in der Rechten die Kamelpeitsche behielt, damit es den Anschein hatte, als sei ich auf eine augenblickliche Verteidigung nicht vorbereitet.
„Du kennst mich?“ fragte er ohne Gruß, indem sein stechendes Auge drohend das meine suchte.
„Ich kenne dich“, antwortete ich ruhig und kalt.
„Du hast meine Anaïa?“
„Ja.“
„Gib Sie mir wieder!“
„Hier!“
Ich warf ihm das Korallenstück hinüber; er fing es auf und steckte es zu sich.
„Du hast mich vom Löwen errettet, und ich gab dir mein bestes Hedjihn; wir sind quitt!“
„Gut! Dein Leben hat keinen höheren Wert als den eines Kameles. Du hast recht gesagt; wir sind quitt!“
Sein Auge blitzte auf.
„Kennst du diesen Mann?“
„Ich kenne ihn.“
„Du hast ihn geschlagen, daß er seinen Geist verlor. Er war ein Bote, und ihr habt ihn gefangengenommen. Ein Giaur, der einen Gläubigen schlägt, verliert seine rechte Hand, sagt der Koran; du wirst deine Strafe leiden!“
„Und wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll wieder vergossen werden, sagt die Bibel, das heilige Buch der Christen. Du wirst deine Strafen leiden, Hedjahn-Bei!“
Bei diesem letzteren Wort war es, als habe der Blitz mitten unter die Männer der Kaffilah hineingeschlagen. Sie waren von Anstrengung und Entbehrung entkräftet und entmutigt; Hunger und Durst wühlten in ihren Eingeweiden; sie konnten der Gum unmöglich widerstehen, wenn der Schreck sie schon bei Nennung dieses einen Namens beinahe vom Pferd und Kamel stürzte.
Der Uëlad Sliman war auch überrascht; er konnte von der Plauderhaftigkeit des Khabir nichts wissen; doch sah er die Wirkung seines Namens, sah fünf mutige Männer bei sich und wußte auf jeden Fall seinen Bruder mit der Gum in der Nähe; dies gab ihm die Kühnheit, sich ohne Leugnen zu dem Namen, den ich genannt hatte, zu bekennen.
„Allah kerihm, Gott ist gnädig, und ich bin der Hedjahn-Bei. Diese Kaffilah wird morgen wohlbehalten in Safileh sein, wenn sie mir den Franken mit seinen Dienern ausliefert. Steige herab vom Djemmel, Giaur, und küsse mir die Schuhe!“
Sämtliche Araber wichen von uns zurück, so groß war die Furcht vor diesem Mann.
„Du wirst die Kaffilah dennoch töten“, entgegnete ich ruhig. „Dieser Khabir ist ein Verräter; er hat sie nach dem Bab-el-Ghud
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