18 - Orangen und Datteln
waren uns nötig, um die Gum zu fangen; jetzt aber schweigt ihr Mund, und ihr Fuß kann uns nicht zu den Räubern führen.“
Schon befand sich alles, was die Toten getragen hatten, in den Händen der Araber. Der Uëlad Sliman hatte noch einen ziemlichen Vorrat von Wasser und Proviant bei sich geführt; ich ließ beides verteilen und nahm die Bischarinhedjihn der Gefallenen als Beute für mich in Beschlag.
Die Kaffilah hielten leise beratend beieinander; dann trat einer von ihnen zu mir.
„Sei unser Khabir, Sihdi! Du hast einen Geist, der uns nach Safileh bringen wird.“
„Wollt ihr diesem Geist gehorchen?“
„Ja. Sage uns seine Befehle!“
„Ihr werdet nicht nach Safileh kommen, wenn ihr die Gum hinter euch laßt, sie wird euch verfolgen und vernichten. Doch wenn ihr tapfere Uëlad Arab seid, so werden wir die Räuber töten, und der Pilger kann fortan in Frieden durch die Wüste ziehen.“
„Wir sind tapfer, Sihdi, und haben keine Furcht, doch die Gum hat mehr Männer, als wir sind, und wird uns besiegen.“
Ich mußte ihnen Mut machen.
„Mein Geist sagt mir, daß sie uns nicht besiegen wird. Ich bin der Bruder des Behluwan-Bei, der am Bab-el-Ghud auf uns wartet; er wirft die Räuber nieder wie dürren Weizen. Seht hier: diese zwei Revolver, von denen ihr noch niemals gehört habt, fressen zwölf Männer auf; diese Büchse sendet zwei von ihnen zum Scheïtan, und dieser Henrystutzen, dessen Namen noch kein einziges Mal an euer Ohr gedrungen ist, kostet zweimal zehn und noch fünf Diemalan das Leben. Soll ich euer Khabir sein, so sagt es schnell, sonst suche ich mit meinen Dienern die Gum allein auf und lasse euch hier in der Wüste halten.“
„Wir wollen dir gehorchen, Sihdi!“
„Ja, wir wollen dir gehorchen, Sihdi“, stimmte der große Hassan begeistert ein. „Du bist der Weiseste der Weisen, der Klügste der Klugen und der Held aller Helden. Seht her, ihr Männer, ich bin Djezzar-Bei, der Menschenwürger. Dieser Säbel wird zehn Räuber den Bauch aufschlitzen, diese Tschembea (Dolch) wird zwanzig Mördern die Kehle zerschneiden, und diese Flinte, diese Lanze und diese Pistolen werden alles vernichten, was dann noch übrig ist. Für euch wird nichts übrigbleiben, als unsere Tapferkeit zu rühmen und unsere Heldentaten zu besingen, und wenn ihr zurückgekehrt seid zu euren Söhnen und Töchtern, so werden eure Zelte erklingen von dem Lob Hassan el Kebihrs und des großen Sihdi aus Germanistan, der Areth, den Herrn des Erdbebens, tötet und den schwarzen Panther mit seiner Frau verschlungen hat!“
„Maschallah, tausend Schwerebretter, hat der aan Maul!“ meinte der Staffelsteiner ärgerlich. „Wenn's losgeht, wird der große Hassan so klein geworden sein, daß man ihn halt gar nit zu seh'n vermag!“
Die Sonne hatte bereits das dritte Viertel ihres Bogens vollendet; ich mahnte zum Aufbruch. Die Leichen blieben in ihrer gegenwärtigen Stellung liegen; die Totengräber der Wüste, Sand- und Bartgeier, überhoben uns der Arbeit. Ich wußte, daß ich mich nur wenig auf die Araber verlassen konnte, doch schien es mir, als sei die Gefahr, welcher ich entgegenging, nicht größer als so manche andere, die ich glücklich bestanden hatte. Der Hedjahn-Bei war mir nicht fürchterlicher als jeder gewöhnliche Araber, und wo der offene Mut nicht ausreichte, konnte ich ja zur List meine Zuflucht nehmen. Die Anaïa hatte ich wieder zu mir gesteckt; sie konnte mir von Nutzen sein. – – –
Behluwan-Bei, der Räuberwürger
„Die Spiegelung!“
Durch die brennende Einöde schleicht langsam die Dschellaba (Pilgerkarawane). Sie ist bereits seit Monaten unterwegs und durch die von allen Seiten sich anschließenden Zuströme sehr stark und zahlreich geworden. Reiche Uëlad Arab aus dem Belad es Sudan reiten neben armen Fußwanderern, welche sich auf die Mildtätigkeit der Gläubigen verlassen müssen und nichts besitzen als einen einzigen Mariatheresientaler um die Überfahrt über das Rote Meer bezahlen zu können. Jünglinge, welche kaum das Knabenalter überschritten haben, wandern neben ausgetrockneten Greisen, die vor dem Tod noch die heilige Kaaba sehen wollen. Gelbe Beduinen, braune Tuareg, dunkle Tebu und wollhaarige Tekrur, wie die schwarzen Mekkapilger genannt werden, murmeln in melancholischen Tönen ihre frommen Gebete oder ermuntern sich durch den lauten Zuruf des moslemitischen ‚La illaha il' Allah u Mohammed rassul Allah, es ist kein Gott außer Gott, und Mohammed ist Gottes
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