18 - Orangen und Datteln
Hamaïl (der Koran in einem Futteral) am Halse hängen und war also in Mekka und Medina gewesen. Krüger-Bei benahm sich außerordentlich würdevoll: „Der Mond erhält sein Licht von der Sonne, und ich habe keine Freude ohne den Freund meiner Seele. Dein Name ist groß auf den Bergen und deine Seele berühmt in den Tälern; dein Vater war der tapferste der Helden und der Vater deines Vaters der weiseste der Weisen. Mögen deine Söhne stark sein wie Chalid und die Söhne deiner Söhne tapfer wie der Hengst, der seine Frauen und Kinder verteidigt! Ich bringe dir hier zwei Männer aus dem Abendland. Sie sind große Emirs bei den Ihrigen und kommen zu dir, um deine Macht und Freundlichkeit rühmen zu können in den Ländern, wo die Sonne untergeht.“
Wie schade, daß dieser Krüger-Bei das Deutsche nicht ebenso gewandt zu gebrauchen wußte die das Arabische!
„Du sollst mein Rasik (Freund) sein, und du mein Aschab (Gefährte)“, meinte der Scheik, indem er erst dem Engländer und dann auch mir die Hand reichte. „Ihr seid in meinem Zelt so sicher, als ob Dsu'l Fekar (Der Blitzende), der Säbel des Propheten, euch beschütze. Tretet ein, und eßt das Brot mit mir!“
Wir traten in das Zelt. Die Begleiter Krüger-Beis blieben draußen, mein Diener Achmed mit ihnen. Er hatte nicht ein Wort, nicht einen Wink der Begrüßung von dem Scheik erhalten. Lag dies daran, daß dieser zunächst seine Gäste zu beehren hatte? Oder hatte es vielleicht andere, Achmed nicht freundliche Gründe?
Im Hintergrund des Zeltes war ein ungefähr sechs Zoll hohes, hölzernes und mit Matten belegtes Gestellt errichtet, das sogenannte Serir, auf welchem wir Platz nahmen. Eine besondere Frauenabteilung gab es augenscheinlich nicht. Die weiblichen Familienglieder des Scheik waren jedenfalls in dem kleineren Zelt, welches neben dem großen lag, untergebracht. Von der Decke hing an einer grünseidenen Schnur ein Glasgefäß herab, welches der Scheik nahm, um es uns entgegenzureichen. Es enthielt Salz, klargestoßenes Natron aus den Salzseen des Südens; dabei lag ein kleiner Porzellanlöffel. Beides, Glasschale und Porzellanlöffel, war hier ein Luxus, auf den der Scheik nicht wenig stolz zu sein schien. Wir genossen jeder einige Körner; Ali en Nurabi tat dasselbe und sagte dann feierlich: „Nanu malahin – wir haben Salz miteinander gegessen. Wir sind Brüder, und keine Feindschaft vermag uns zu trennen.“
Hierauf nahm er drei Tabakspfeifen von der Zeltwand, stopfte sie mit eigner Hand, reichte sie uns und gab uns Feuer. Dann entfernte er sich auf kurze Zeit. Als er wieder zurückkehrte, folgten ihm eine ältere Frau und ein junges Mädchen. Die erstere trug ein neun Zoll hohes Serneh (Tischchen mit Kupferplatte) in den Händen, welches sie vor uns niedersetzte. Die letztere war eine vollkommene Schönheit zu nennen. Sie trug das tiefschwarze Haar in langen, dicken Flechten, in welche Silberschnüre eingewoben waren; um den vollen, hellbraunen Hals legte sich eine Korallenkette, an welcher eine goldene Schaumünze hing; sie trug einen schneeweißen Saub (Hemd), welcher an der Brust ausgeschnitten war, so daß man das rotseidene Sudameirijeh (Schnürleibchen) sehen konnte, welches den vollen Busen trug, ohne ihn zu drücken. Dieses Hemd hatte sehr weite, geschlitzte Ärmel, so daß man den Arm bis zur Gegend des Ellbogens sehen konnte, und reichte bis über das Knie auf die weiß und rot gestreiften Sarwal (Hosen) herunter. Die nackten Füßchen staken in blauen Pantoffeln, und an den Hand- und Fußgelenken glänzten blanke metallene Ringe, an denen je ein Mariatheresientaler und ein goldenes Fünfpiasterstück befestigt war.
Sie trug einen aus starker Palmfaser geflochtenen, umfangreichen und präsentiertellerartigen Deckel in den Händen, welcher mit allerlei kleinen Vorgerichten belegt war, welche die beiden Frauen auf dem Serneh ordneten.
Da gab es Fubir (allerlei Süßigkeiten), knusprige Kebab (Vierecke Bratenstücke, an Holzstäben gebacken), kleine Schalen mit Dibs (Traubensirup), ein Salabah von Gurken, Granaten, Wassermelonen und verschiedene Sorten von Datteln, von denen mir besonders die Sorte el Schelebi auffiel. Sie ist zwei Zoll lang, kleinkernig und von dem herrlichsten Geruch und Geschmack. Da sie aus Medina kommt, so ist sie teuer, und es war also anzunehmen, daß der Scheik ein wohlhabender Mann sei.
Die Frauen sprachen kein Wort. Als sie sich wieder entfernt hatten, deutete der Scheik auf die Speisen:
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