18 - Orangen und Datteln
will aber den Ritt all mein Lebtage nicht vergessen. Das war mehr als Seekrankheit, das war, als hätte ich tausend Teufel verschluckt, die mit mir in alle Winde wollten. Ich werde niemals wieder eine solche armselige, elende Kreatur besteigen!“
Er streckte abwehrend alle zehn Finger von sich und spreizte die langen, unendlichen Beine aus, als habe er das Kamel, von welchem er sprach, noch unter sich.
Die besten der anwesenden Tiere wurden uns einzeln vorgeführt. Auch Krüger-Bei war ganz entzückt über die Milchstute. Sein gutmütiges Angesicht strahlte vor Wonne.
„Haben Ihnen bereits einmal so ein Tier gesehen?“ fragte er mich. „Dat ist, hole mir der Juckuck, eine echte Rawouan (edle Pferderasse)! Dem hat nicht einmal Sihdi Ali Bei, der Prinz Thronfolger, im seinen Marstall zu el Marfa, was dat Seebad von Tunis stets gewesen zu sein jenannt zu werden verdienen muß.“
„Ich hörte, daß er sehr viel Geld für Pferde ausgibt?“
„Sehr viel, ungeheuer viel – für Pferde, Wagen und Frauen. Er hat dreihundert Weiber, aber einem solchen Schimmel ist er noch nicht jewesen zu haben gehabt.“
„Halten Sie dieses Pferd wirklich für unvergleichlich?“
„Auf jeden Fall. Es ist mich lieber als alle dreihundert Weiber dieses Sihdi Ali Bei, unter denen sich niemals nicht kein solcher Schimmel befunden zu haben erwähnt zu werden erlaubt.“
„So sehen Sie sich einmal gefälligst meinen Rapphengst an!“
„Dat ist nicht leicht. Sie haben ihm ja so in dem Libet (Filzbekleidung, Filzdecke) injewickelt, daß man nur die Beine und die Nasenspitze zu sehen jewohnt werden muß.“
„Sie sollen ihn nachher sehen.“
„Sein Jang und seine Haltung ist mich bereits schon aufgefallen; er scheint Jeist und Feuer zu besitzen. Warum bedecken Sie ihm so über?“
„Er hat in letzter Zeit Durrha fressen müssen und ist davon ein wenig indisponiert. Doch halt, passen Sie auf!“
Der Scheik hatte den Schimmel bestiegen, um ihn durch die Schule zu nehmen. Das Tier bewährte sich als ganz vorzüglich, und gern hätte ich es einmal mit meinem Schwarzen in die Schranke genommen, wenn ich nicht der Gast seines Besitzers gewesen wäre. Es gibt keine größere Betrübnis für einen Beduinen, als wenn sein Lieblingspferd gegen ein anderes zurücktreten muß.
Mitten in gestreckter Karriere parierte Ali en Nurabi die Stute grad vor uns und fragte Krüger-Bei mit leuchtenden Augen: „Diese Stute heißt Utheif (Schwalbe); wie gefällt sie dir?“
„Sie ist wert, den Propheten im Paradies zu tragen. Verkaufst du sie?“
„Willst du mich beleidigen, Mir Alai (Oberst)? Weißt du nicht, daß der Sohn der Sahara lieber sich selbst, sein Weib und seine Söhne tötet, als daß er seine Stute für Geld hingibt?“
„Ich weiß es, o Scheik. Kennst du ein Pferd, welches dieser Utheif gleicht?“
„Es gibt nicht ihresgleichen.“
„Willst du dir nicht einmal den Hengst dieses Effendi ansehen?“
„Kein Effendi aus Frankistan kann ein Pferd haben, dessen Augen auf Utheif ruhen dürfen; dennoch ist dieser Hengst vielleicht kein schlechtes Pferd, da ihn sein Herr so sorgsam eingeschlagen hat. Wie heißt er?“
„Sein früherer Herr hat ihm den Namen ‚Rih‘ gegeben“, antwortete ich.
Das machte den Frager denn doch ein wenig stutzig.
„Rih ist ein arabisches Wort“, meinte er. „War der Herr des Pferdes denn ein Beduine?“
„Es war Mohammed Emin, der Scheik der Haddedihn von dem Stamme el Schammar.“
„So ist dein Hengst ein gewöhnliches Tier, denn kein Schammar verkauft ein gutes Pferd.“
„Er hat es nicht verkauft, sondern ich erhielt es als Geschenk von ihm. Ob es ein schlechtes Pferd ist, sollst du gleich sehen.“
Ich stieg ab und winkte meinem Diener Achmed. Dieser hatte unserer Unterhaltung mit Spannung zugehört und machte sich jetzt mit Freuden daran, die Hüllen von dem Rappen zu nehmen. Er war schon im voraus stolz auf den Sieg, den ich hoffentlich erringen würde.
„Wallahi, billahi!“ rief der Scheik, als der Filz am Boden lag. „Herr, dieser Hengst hat blutrote Nüstern und ist gebaut wie es Saleh, das Lieblingspferd Harun el Raschids. Er ist Radschi pak, er ist vom reinsten Blut. Kein Beduine verschenkt einen solchen Reichtum. Es ist dir gefolgt ohne sein Wissen!“
Das sollte mit andern Worten heißen, daß ich es gestohlen hätte. Nur die Verwunderung konnte dem Scheik diese Worte entreißen. Ich zog die Brauen zusammen und legte die Hand an den Dolch. „Weißt du, was du
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