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1800 - Zeitraffer

Titel: 1800 - Zeitraffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wurde. Wer dort arbeitete, war nicht bekannt. Lediglich die Gerüchte gaben einen Hinweis. Mundpropaganda. Nicht zu glauben, deshalb sehr wahrscheinlich echt. „Was darf ich dir bringen?" Gernot Blume war die ganze Zeit unruhig auf seinem Polsterstuhl herumgerutscht. Er konnte niemals stillsitzen, befand sich immer in Bewegung. „Hallo? Hörst du mir zu, Fremder?" Gernot Blume schaute erschrocken auf. Er hatte sich sehr auf das Büro konzentriert, auf die Umgebung kaum geachtet. Mitten zwischen den anderen Gästen und das waren um diese Zeit eine ganze Menge - stand eine rothaarige Frau, offenbar die Besitzerin des Cafes. „Wie kommst du auf die Idee, dass ich dir nicht zuhören könnte?" fragte er mit atemloser Stimme.
    Es gab Leute, die sprachen immer so, und zu denen gehörte er. „Weil du die ganze Zeit zum Büro hin übersiehst."„Es wäre möglich, dass ich nur durch Zufall in diese Richtung sehe, und dass ich in Wirklichkeit an Geld oder an Sex oder an die Wahl des Ersten Terraners denke. Die ist nämlich bald wieder."
    Nun war's an der rothaarigen Besitzerin, verwirrt zu schauen. „Nicht sehr wahrscheinlich, Fremder", sagte sie. „Seit das Büro aufgemacht hat, sind öfters Leute von deiner Sorte da. Die erkennt man inzwischen."
    „Ah!"
    „Und was kann ich bringen?"
    „Irgendwas, das mir die Wartezeit bis zur Wahl des Ersten Terraners vertreibt."
    „Du bist wirklich deswegen hier?" Sie schüttelte den Kopf. „Das macht nicht den geringsten Sinn. Du kannst nicht sechs Tage lang auf diesem Stuhl sitzen. Man hat es nur noch mit Irren zu tun."
    „Dann hätte ich gern einen Kaffee. Keinen Tee. Keinen Alkohol. Keinen Sex. Sehr viel Zucker. Sehr viel Milch."
    Die Frau sagte kein Wort mehr.
    Statt kurz darauf die Bestellung persönlich an den Tisch zu bringen, wie sie es bei den anderen Gästen tat schickte sie Gernot Blume einen Servo-Rob. So. Es sind also öfters Leute meiner Sorte da. Das wage ich aber zu bezweifeln. Er beschäftigte sich eine Stunde lang mit dem Kaffee, der im übrigen sehr viel Zucker und sehr viel Milch enthielt und ungenießbar war. Die Sache mit dem Sex war in dem Augenblick, als statt der Rothaarigen der Rob erschien, von allein entfallen. Darüber war er sehr froh.
    Gernot Blume stand auf, ließ das Getränk von seinem Kredit-Chip abbuchen und trat mit hektischen Bewegungen auf die Straße. Es herrschte nicht sehr viel Verkehr. Das meiste schob sich in Form von Gleitern über die Köpfe der Fußgänger hinweg. Blume schaute sich um. Er sah immer aus wie ein kleiner Junge, der gerade Bonbons stehlen wollte. Dazu passte seine nur 1,66 Meter große, dürre Gestalt. Lediglich der Geierkopf flößte ein wenig Respekt ein. Er spürte, wie er rot wurde. Jetzt aber. Bevor ein wenig wahrscheinliches Ereignis eintritt, das mich noch abhält. Wenig wahrscheinliche Ereignisse treten häufig ein. Man sollte stets auf verzuckerten Kaffee, Sex oder einen Verkehrsunfall vorbereitet sein. Oder auf TLD-Agenten, die in den Straßencafes Wache halten.
    Das mit den TLD-Agenten schien ihm am wahrscheinlichsten. Also machte er sich gen au darüber keine Gedanken mehr, überquerte rasch die Straße, warf sich förmlich durch die nichtssagende Tür ins Innere des Büros. Drinnen herrschte ein angenehmes Halbdunkel. Die Beleuchtung hatte allerdings den Nachteil, dass er nicht richtig sehen konnte. Eine Gestalt war auch da - hinter dem Schreibtisch aus Holz -, aber ihr Gesicht schien sich die ganze Zeit mit Nebel zu bedecken, wenn er es fixieren wollte. „Mein Name ist Blume, Gernot Blume", begann er.
    Sein Gegenüber antwortete: „So."
    „Ich bin hier, weil ich hörte, in diesem Büro fänden Rekrutierungen statt."
    „Das ist richtig. Du befindest dich in einem Rekrutierungsbüro."
    „Hältst du mich für einen TLD-Agenten?"Sein Gegenüber lachte. „Dich? Nein. Aber sie versuchen immer wieder hereinzukommen."
    „Was geschieht dann? Tötet ihr sie?" Der andere, ein Mann mit sehr tiefer Stimme, lachte nochmals. „Natürlich nicht. Was für eine absurde Annahme."
    „Deshalb ja. - Keine Toten in diesem Büro?"
    „Es hat meines Wissens nie ein Opfer gegeben." Gernot Blume ließ sich misstrauisch in den angebotenen blauen Sessel sinken. Er saß sehr bequem. Mitten in der Luft hing plötzlich ein dampfender Becher. Das Gefäß enthielt Kaffee mit sehr viel Zucker und sehr viel Milch; einer jener Zufälle, auf die er permanent vorbereitet war, und die ihn keineswegs überraschen konnten. „Ich

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