1800 - Zeitraffer
äußerer Energie."
„Ein natürlicher Vorgang? Erdbeben oder Tektonik?"
„Negativ. Die POLYAMID spricht definitiv von einem künstlich gesteuerten Prozess." Sheremdoc war sich darüber im klaren, was das bedeutete. Wenn man die Energie nicht orten konnte, wurde sie folglich abgeschirmt. Wer dazu imstande war, besaß eine ausgesprochen hochwertige Technik.
Ein ungeklärter Vorgang im Herzen der Macht... Nach menschlichem Ermessen war so etwas ausgeschlossen. Der Umkreis der Erde gehörte zu den am dichtesten überwachten Gebieten der Milchstraße. Nichts, was die Größe eines Staubkorns nennenswert überschritt, konnte ungesehen eindringen.
Und nun war es doch passiert. Seine Reaktion fiel entsprechend kompromisslos aus. „Rundspruch an die offiziellen Stellen der LFT", sagte er. „Ich versetze das gesamte Solsystem in Alarmzustand. Die Anordnung wird bitte unverzüglich weitergegeben."
Jemand anders hätte sich wohl gescheut, 20 Milliarden Lebewesen in Aufruhr zu versetzen. Sheremdoc störte sich nicht daran. Er betrachtete seine Anordnung als Notwendigkeit, also wurde sie ausgeführt, und zwar ungeachtet der möglichen Konsequenzen. Die Flüsterstimme bestätigte seinen Befehl, dann erst wurde es hell im Schlafzimmer. Mitten in der Nacht. Verdammt. Weshalb ereignen sich Katastrophen niemals am Nachmittag? Im Herzen von Terrania in den Hallen des Forschungszentrums Titan, überall schlugen die Sirenen Alarm. Egal ob NATHANS Wachstuben oder das HQ-Hanse, die Schaltstellen erwachten zum perfektionierten Chaos. Die kleinen und doch so mächtigen Wachschiffe am Rande des Systems wurden in Bereitschaft versetzt. Sämtliche Reaktionsmöglichkeiten, von der Evakuierung bis zum Gegenschlag, wurden nach erprobtem Schema vorbereitet.
Sheremdoc zog sich mit schnellen Bewegungen an. Der Apparat hing von seinen Entscheidungen ab. Seine Laune war nicht die beste, da er ein wichtiges Treffen mit ebenso wichtigen Personen vor einer Stunde ergebnislos abgebrochen hatte. Es ging um den Aufbau einer Organisation, die sich Terranischer Liga-Dienst nannte. Seine politischen Vorgänger hatten viel versäumt. Hätte sich Perry Rhodan an der Macht befunden, einiges wäre in der Liga anders gelaufen. Davon war Sheremdoc überzeugt. Aber Rhodan hielt sich irgendwo im Kosmos auf und stand der Menschheit nicht zur Verfügung. „Wie lange liegt die erste Ortung zu rück?" fragte er nebenbei. „Exakt 13 Minuten und 30 Sekunden."
„Ich erfahre zu spät davon", kritisierte er tonlos. „Wir haben 13 Minuten verloren."„Zunächst musste festgestellt werden, ob die Meldung tatsächlich die geforderte Dringlichkeitsklasse besitzt. Du befindest dich in körperlich schlechtem Zustand und benötigst Schlaf." Man schrieb den 15. September 1222 NGZ. In vielen hundert Systemen hatte das Stimmungsbarometer ein historisches Tief erreicht. Die Milchstraße war zu einer Galaxis im Aufbruch geworden. Anscheinend über Nacht - in Wahrheit durch einen langen, schleichenden Prozess.
Und Trokan? Sein Narbenantlitz schien nicht mehr zu sein als ein Puzzlesteinchen. Eine Vermutung, die sich nun als falsch erwies. Sheremdoc hatte einen Fehler begangen. Er hätte weniger auf die politische Lage, dafür mehr auf den eigenen Hinterhof achten sollen. Der vierte Planet des Solsystems stellte das letzte Rätsel der Gegenwart dar. Die ursprüngliche Nummer vier, der Mars, war seit April des Jahres 1218 verschwunden. Im Lauf der Ayindi-Krise hatten Todeskristalle den roten Planeten überwuchert. Damals. Als das Solsystem um ein Haar untergegangen wäre. Um die Drohung zu beseitigen, war kurzerhand der komplette Mars gegen eine andere Welt aus einem fremden Kosmos ausgetauscht worden.
Diese neue finstere Welt, sie trug den Namen Trokan. Terra war nicht glücklich über seinen neuen Nachbarn. Trokan kam gewissermaßen von der anderen Seite des Universums ins Solsystem, und niemand konnte sagen, ob man sich anstelle des Mars nicht ein trojanisches Pferd eingehandelt hatte. Jedes Objekt aus einem fremden Universum besaß eine gefährliche Strahlung, die man oft als „Strangeness" bezeichnete. In Trokans Fall klang die Strangeness langsamer ab als angenommen. Bis heute hatte kein Menschenfuß den Ödplaneten betreten; zur Erforschung blieb lediglich die Ortungsarbeit aus dem Weltraum.
Und nun? Unterirdische Vorgänge. Was darunter auch immer zu verstehen war. Um 4.28 Uhr hatte Geo Sheremdoc seine Kabine verlassen und befand sich in höchstem Tempo auf dem Weg.
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