1805 - Arsenal der Macht
dann zusammengebrochen war? Seit der Brand erloschen war, hatten sich Kammern und Gänge wieder mit gut atembarer Luft gefüllt, aber während die Feuersbrunst getobt hatte, war die Atemluft wahrscheinlich sehr knapp geworden. Es war daher durchaus vorstellbar, daß dieses Wesen an Sauerstoffmangel gestorben war.
Die Temperaturen in der Station waren recht angenehm, um die zwanzig Grad. Bei dieser Temperatur hätte das Geschöpf längst in Verwesung übergehen müssen, aber von Fäulnisgeruch war nichts wahrzunehmen gewesen.
„Alaska Saedelaere, der tapfere Weltraumfahrer und Eroberer der Sterne", mokierte sich Alaska über sich selbst. „Verharrt ehrfürchtig und voller Furcht vor einem leeren Plastiksack und meditiert über die Unsterblichkeit der Seele eines Haufens von Gelatine. Junge, du machst dich ganz schön lächerlich! Ein Glück, daß niemand dich sehen kann. Gucky würde sich den Biberschwanz krummlachen, wenn er dich so erblicken könnte."
Er steckte die Waffe zurück und schickte sich an, seine Suche fortzusetzen und den Gang weiter entlangzumarschieren.
Immerhin, ein letzter Rest von Zweifel blieb, und so verzichtete Alaska darauf, einfach über die Gallerte hinwegzustiefeln. Vielleicht handelte es sich ja doch um sterbliche Überreste eines fremden Geschöpfes, und Alaska, normalerweise kein Freund von transzendentalen Erwägungen, hätte es auch nicht gern gesehen, wären exotische Lebewesen auf seinem Leichnam herumgetrampelt.
Er schritt, einigermaßen mühsam, um den Plastiksack herum und wußte nicht, ob er dabei nicht abermals sarkastisch grinsen sollte, weil er sich womöglich ausgesprochen albern benahm.
Das Grinsen erstickte in einem Sekundenbruchteil ...
Zuerst spürte er nur, wie sein rechter Fuß etwas Sanftes, Nachgebendes berührte, dann aber wurde er selbst berührt. Etwas griff nach seinem linken Fuß, schoß daran mit unglaublicher Geschwindigkeit in die Höhe.
Alaska stieß ein Ächzen aus.
Unwillkürlich fuhr seine Rechte hinunter zum Gürtel, wo seine Waffe steckte. Seine ausgestreckten Finger glitten in eine warme, klebrige Feuchte und blieben darin stecken. Seine rechte Wade wurde umklammert, etwas kroch an seinem linken Oberschenkel in die Höhe und preßte seine Beine mit unerhörter Kraft zusammen. Der Aktivatorträger schwankte, ruderte mit dem freien linken Arm. Aus den Augenwinkeln heraus konnte er sehen, wie etwas, das feucht und widerwärtig glänzte, in die Höhe schnellte, ein Gallerttentakel, das zielgenau sein linkes Handgelenk zu fassen bekam und umschloß.
„Perry, Bully ... !"
Alaska stieß nur einen schwachen Ruf aus; er wußte, daß keiner seiner Freunde nahe genug sein konnte, um ihn zu hören.
Mit aller Kraft kämpfte er gegen die Umklammerung an.
Selbst Menschen, die ihn kannten, hatten immer wieder gestaunt, welche Kräfte der hagere Mann im Notfall mobilisieren konnte, weit mehr, als man ihm zugetraut hätte. Aber dieses Mal reichte es nicht aus.
Die Gallerte stieg an ihm in die Höhe; sie arbeitete mit einer geradezu teuflischen Geschicklichkeit. Das Tentakel an seiner linken Seite zog sich zusammen und zerrte Alaskas linken Arm an die Hüfte, wo er ebenso festgehalten wurde wie die rechte Hand. Gleichzeitig schob sich die feuchtwarme Masse an Alaskas Beinen in die Höhe, schnürte die Gliedmaßen eng aneinander und brachte den Mann ins Schwanken.
Alaska wußte: Wenn er den Halt verlor und umkippte, hatte er gar keine Chance mehr.
Er versuchte die Beine auseinanderzudrücken, vergebens. Das Ungeheuer war stärker, es schien über unglaubliche Kräfte zu verfügen.
Ich werde von einer verfluchten Amöbe gefressen, schoß es durch Alaskas Kopf. Was für eine jämmerliche Art zu sterben!
Er ahnte, was unausweichlich kommen würde, und das Grauen vor diesem Schicksal setzte ihm zu.
Angst vor dem Tod hatte der Mann nicht, dafür war er schon zu oft in Lebensgefahr gewesen, und noch viel öfter hatte er in seiner Vergangenheit als Transmittergeschädigter den Tod geradezu herbeigesehnt. Was ihn schaudern machte, war nicht der Tod selbst, sondern die Art des Sterbens, die ihm offenbar beschieden war.
Höher und höher. Das Biest packte ihm am Schritt, mit geradezu obszöner Sanftheit, schob sich weiter.
Zum Gürtel, über die linke Hand, die bisher frei gewesen war. Das Zappeln seiner Finger wurde erstickt, ebenso die krampfhaften Bewegungen, mit denen er seinen rechten Arm zu befreien versuchte.
Bauchnabelhöhe ...
Mit einer geistigen
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