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181 - Der ewige Turm

181 - Der ewige Turm

Titel: 181 - Der ewige Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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trauen? »Ausala«, sagte er schließlich.
    »Passt«, sagte der andere und stieg auf den Wagen.
    »Komm.« Er winkte Rulfan zu sich auf den Bock.
    »Wohin?«
    »Zum Hafen.« Er klopfte sich auf die mit Münzen gefüllte Manteltasche. »Schiff suchen.«
    Rulfan kletterte auf den Bock des Wagens, Chira sprang auf die kurze Ladefläche. Der Schnurrbartträger lenkte das Gespann aus dem Hof in die Gassen hinein. »Wie heißt du?«, wollte Rulfan wissen.
    »Cahai.«
    »Ich bin Rulfan von Coellen. Hast du immer so viel Glück beim Spiel?«
    Der andere grinste listig. »Immer.«
    ***
    Die Boten des Kometenfürsten kamen früher als erwartet in diesem Jahr. Im Morgengrauen standen sie plötzlich im Innenhof der Moscherune, drei hoch gewachsene Raubkrieger in ungebleichten Leinenmänteln, die Schädel mit grauen Tüchern verhüllt und die langen sichelartigen Säbel blank gezogen. Sayona wich erschrocken von der Balustrade zurück, als sie die Männer von der Galerie aus entdeckte.
    »Was ist?«, flüsterte Ballaya hinter ihr.
    Sayona sah sich um. Aus allen Kammertüren der Galerie streckten sie die Köpfe heraus und machten neugierige Gesichter; meist ältere Männer. Nur aus den Kammern der Sippen, deren Patriarch zur Jagd in den Ruinen oder zum Fischfang auf dem Meer unterwegs war, schauten Frauen hervor. Sayonas Vater, drei ihrer Brüder und eine Handvoll junger Männer waren auf der Jagd, ihr ältester Bruder auf dem Meer. Aus der Tür ihrer eigenen Sippenkammer schauten ihre Mutter und ihre Zwillingsschwester.
    »Was ist los, Mädchen?« Sayonas Mutter Eynaya runzelte unwillig die Stirn. »Warum so bleich? Sag endlich!«
    »Reezars Boten…« Sayonas Stimme brach.
    »Die Turmboten?« Eynayas Gesicht verlor jede Farbe.
    »Jetzt schon?« Sie eilte an die Balustrade und spähte hinunter. »So kurz vor Vollmond?« Sie huschte an den Kammertüren vorbei, zischte den Männern und Frauen die schlimme Nachricht zu und sprang zweihundert Schritte weiter die Treppe hinunter. Abdayas, der Scheiko – und zugleich Erster Patriarch – wohnte mit seiner Sippe in einer Großkammer im Erdgeschoss, deren Eingang zum Innenhof führte.
    Ballaya hatte die Hände vors Gesicht geschlagen, ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sayona lief zu ihr und schlang die Arme um sie. Die Schwestern hielten sich fest und weinten einander die Halsbeugen nass. Nach und nach wagten sich immer mehr Bewohner der Moscherune aus den Kammern auf die Galerie hinaus.
    Kein unverheiratetes Mädchen jenseits der Geschlechtsreife, das nicht weinte oder wenigstens zitterte.
    Die Boten des Kometenfürsten kamen ungefähr alle zwölf Monde, meistens ein paar Tage nach Vollmond.
    Das Schutzpfand, wie sie es nannten, musste dann bis zum nächsten Vollmond bestimmt und ausgeliefert werden. So weit Sayona zurückdenken konnte, hatten die Moscherunen vom Auftauchen der Turmboten bis zur Auslieferung des Schutzpfandes immer mindestens fünfundzwanzig Tage Zeit gehabt. Jetzt blieben ihnen nur dreizehn Tage bis zum nächsten Vollmond und zur Vorbereitung der Übergabe.
    »Irgendwas muss passiert sein«, flüsterte eine der Mütter, die ihre weinenden Töchter festhielten.
    »Vielleicht haben die Basaren oder die Universitynger das Schutzpfand verweigert!«
    Wie die Moscherunen gehörten auch die Basaren und die Universitynger zu den siebzehn Stämmen, die in den Ruinen von Kalumpu hausten – in Ka'El , wie die meisten Stämme die riesige Ruinenstadt nannten. Einer dieser Stämme, die Turmherrenrotte, forderte von den sechzehn anderen die monatliche Schutzsteuer und das jährliche Schutzpfand. Dreizehn der anderen Stämme bezahlten, die Stämme der Basaren, der Banker und der Universitynger lieferten die geforderten Waren und Mädchen seit einiger Zeit nur unregelmäßig oder gar nicht aus. Gegen diese drei führten der Kometenfürst Reezar und seine Turmrotte Krieg.
    »Oder die monatliche Schutzsteuer hat ihnen nicht gefallen«, flüsterte eine andere Mutter.
    Die Schutzsteuer musste zusätzlich zum jährlichen Schutzpfand entrichtet werden. Sie bestand aus Jagdbeute, Fellen oder Fischen und Meeresfrüchten und musste einmal pro Mond zum Höllentor gebracht werden. Das Höllentor war ein Schacht ins unterirdische Labyrinth, das die Turmrotte beherrschte und durch das man auch zum ewigen Turm gelangte. Manchmal waren die Turmherren unzufrieden mit den Lieferungen und schickten Boten, um zusätzliche Waren zu fordern. Doch das kam sehr selten vor.
    Unten im Innenhof wurden

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