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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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austoben, welche die Geschicke der Menschheit in ihren tiefsten Tiefen aufwühlten; endlich muß der donnernde Vulkan, der Europas Grundfesten in bebende Erschütterung setzt, erlöschen, und die blutigen Lavaflüsse werden stehen, die brausenden Ströme der Völker, die jetzt kämpfend gegeneinander wogen, in ihr altes, friedliches Bett zurückkehren. Dann, Rasinski, wenn die schönen Ufer der Erde sich wieder in ruhigen Fluten spiegeln, wenn der Himmel neu erheitert lacht, wenn der erschöpfte Mars in ferner Höhle den Schlaf sucht und der Themis das Schwert läßt, daß sie die Gebiete der Völker mit schlichtender Hand neu abmesse und ihre Rechte mit strenger Wage prüfe, dann, Rasinski, kommt der Tag, wo auch uns der Lohn für die schwersten Opfer des Herzens wird! Auf der Brandstätte der Schlachtfelder werden wir uns mit alter Liebe und Treue umarmen, und die Verwüstung um uns her schreckt uns nicht mehr, denn schon sprossen die neuen Keime des Lenzes empor, der in doppelter Schönheit da erblüht, wohin der Vulkan seinen zerstörendsten Aschenregen getrieben. Dahin laß uns die Blicke richten, auf dieses ferne, leuchtende Ziel. Fern? Was sage ich! Er, der die Sonnen aus der Nacht plötzlich schaffend heruorbrechen läßt, er, vor dem tausend Jahre ein Tag sind, er kann uns mit allmächtigem Arm im Flug des Augenblicks dahinführen. Darum laß uns ihm vertrauen, denn seine Gnade ist noch unerschöpflicher als seine Macht. Ewig Dein Ludwig.«
    Auch Bernhard hatte geschrieben:
    »Rasinski! Wenn ich Dir Auge in Auge sehen, von Mund zu Mund zu Dir reden könnte, so sollten weicher Blick und Ton das scharfe Gift meiner Worte mildern. Doch trinken müssen wir es beide, wie qualvoll es die Brust zerreiße. Das Schicksal rächt sich an mir. Du weißt, Rasinski, um des Freundes willen verriet ich mein Vaterland und nahm das Schwert und verwundete die Brust, die mich genährt. Jetzt rollt die Kugel um; die tückische Nemesis waffnet mich nun gegen den Freund und ich verrate ihn an das Vaterland. Was wehrt sich mein törichtes Herz dagegen und will bald brechen, bald sich empören und aus der Brust hervorstürmen? Hinunter zur Ruhe! Ich hatte und habe recht. Trotzig will ich nun mit eherner Stirn ausharren und wie ein Spartaner zu der Folter lächeln, auf der mich das Schicksal zu einem falschen, feigen Geständnis zu zwingen denkt. Dir, Rasinski, tue ich das wahre: Es ist meine heilige Pflicht, mit der Waffe in der Hand gegen Dich anzudringen, und die Brust zu durchbohren, die mir so treuen Schutz gewährte, an der mein Herz in heißester Liebe geschlagen. Tue Du mir auch so! – O, Rasinski! Der Tag wird schön sein, wo wir uns in Donnern und Wetterwolken, wie bei Mosaisk, finden, und gleich dem Brüderpaar vor Thebens Mauern mit dem Speer gegeneinander anrennen, daß wir beide durchbohrt niedersinken! Hier beteuere ich Dir, ich werde Dich nicht schonen; denn einen schwerern Verrat wüßte ich nicht zu begehen an meinem Vaterlande. Tue Du mir auch so! Wenn wir aber nebeneinander hingesunken sind und unter den toten Brüdern liegen, dann will ich mit sterbender Stimme rufen: «Rasinski», und Du rufe «Bernhard». Mit unserm Herzblut ströme dann der Völkerhaß dahin; und je mehr die versiegende Kraft des Lebens unsere Brust erkalten läßt, um so heißer wird sie in heiliger Freundesliebe erglühen. Unsere wunden Herzen sollen aneinander ausschlagen! Es wird ein schöner Tod sein und sie werden um uns weinen, Bianka– Marie!–Jetzt aber vorwärts; alle Ströme, wie wild sie brausen, finden ja doch endlich das Meer und dann ruhen sie aus, und ihre Wellen dringen nicht mehr rastlos weiter. Bis dahin lebe wohl! –– Bernhard.«
    Marie und Bianka begehrten die Briefe zu sehen. »Wie ihr wollt, meine Lieben,« entgegnete Ludwig, »doch es ist besser, ihr laßt es.«–»Nein,« rief Bernhard, »es ist besser, ihr leset. Ihr wißt, was geschieht, warum solltet ihr nicht wissen, wie?«
    Mit diesen Worten gab er ihnen die Blätter und sie lasen, beide zugleich, stumm, unter hervordringenden Tränen. Bernhard ging indessen in heftiger Wallung auf und ab; endlich blieb er vor Ludwig stehen und sprach: »O, es geht mir durch die Seele!« Und der Freund lag am Herzen des Freundes. Marie und Bianka schrieben jede einen innigsten Gruß der Liebe unter die Worte des Bruders. So wurden die Briefe abgesandt.
    Über eine Woche verstrich, bevor Antwort eintraf. Diese Zeit war indessen eine unruhig bewegte, da sie sich mit

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