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1825 - Schreie aus dem Fegefeuer

1825 - Schreie aus dem Fegefeuer

Titel: 1825 - Schreie aus dem Fegefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Speisewagen gibt und ich nicht lange zu laufen habe?«
    »Ja, gleich zwei Wagen vor uns.«
    »Dann gehe ich mal los. Soll ich dir was mitbringen?«
    »Nein, ich schaue mich gleich selbst mal um.«
    »Okay, bis später.«
    Ob Harry wirklich nur den Speisewagen finden wollte, ich konnte es mir nicht vorstellen. Bestimmt suchte er jetzt den Zug nach Edith Truger und Urs Meyer ab. Auch für mich wäre es keine Überraschung gewesen, wären sie erschienen. Ich gehörte zu den Menschen, die sich immer über einen Fall Gedanken machten und auch die Hintergründe nicht außer Acht ließen. In diesem Fall machte ich mir über das Fegefeuer Gedanken.
    Im vierzehnten Jahrhundert war von Papst Benedikt XII ein Dogma formuliert worden, wonach die Seelen der Verstorbenen, die keiner Reinigung bedürfen, sofort und ohne ein letztes Gericht zu Gott gelangen. Andererseits wurden die Bösen sofort in die Hölle geworfen. Die zeitlich befristete Läuterung aller anderen Seelen geschieht im Purgatorium, auch Fegefeuer genannt. Dort werden sie gereinigt und für den Himmel fit gemacht. So hatte man es im auslaufenden Mittelalter geglaubt. Was wirklich passierte, das wusste keiner.
    Ob es das Fegefeuer wirklich so gab, wie die Menschen es sich vorstellten, war fraglich. Aber der Begriff existierte, und er tauchte auch immer wieder auf.
    Wie jetzt …
    Was ich von ihm halten sollte, wusste ich nicht. Ich würde mich überraschen lassen, denn es war nichts vorauszuberechnen. Nicht bei meinem Job. Aibon war mal das Fegefeuer genannt worden, aber ich sah es mehr als eine Ausrede an.
    Es gab auch nicht viele Vorstellungen, die das Fegefeuer betrafen. Ja, ich hatte mal alte Zeichnungen oder Malereien gesehen. Da war das Fegefeuer immer zwischen Himmel und Erde gezeichnet worden, und man hatte sich keine so schlimmen Qualen ausgedacht wie in der Hölle. Da war man schon recht kreativ gewesen.
    Fegefeuer und Hölle waren Angstmacher, sie gehörten eigentlich nicht in die modernen Religionen hinein, und doch waren sie nicht wegzubekommen. Das Urböse war leider nicht gestorben. Es hatte nur andere Formen angenommen.
    Nicht zuletzt ich wusste, dass es das Böse in verschiedenen Varianten gab. Dazu gehörten der Teufel und das absolut Böse, das sich in Luzifer vereinigte, der in Matthias seinen Stellvertreter hatte. Damit hatten wir in diesem Fall zum Glück nichts zu tun, und ich hoffte, dass es auch so blieb.
    Ich schaute aus dem Fenster. Noch hatten wir die Stadt Zürich nicht verlassen. Ich sah noch zahlreiche Gleise neben dem unsrigen. Firmensitze, die ihre Namen groß an die Außenfassaden geschrieben hatten, tauchten auf, und ich erkannte auch die Namen einiger Banken, die ihren guten Ruf in der letzten Zeit verloren hatten. Ich drehte den Kopf, als ich hörte, dass die Tür geöffnet wurde. Harry Stahl kehrte zurück. Er hatte zwei Flaschen Wasser gekauft. Eine warf er mir zu.
    »Nimm, wer weiß, wann es wieder was zu trinken gibt.«
    »Danke.« Ich trank noch nicht und schaute zu, wie sich Harry in seinen Sitz sinken ließ. »Ist dir was aufgefallen?«, fragte ich ihn.
    »Nein. Alles normal. Aber ich bin auch nicht weit gegangen. Und von Urs Meyer und Edith Truger habe ich nichts gesehen.«
    »Ist okay.«
    »Wobei ich nicht davon überzeugt bin, dass sie wirklich zu Hause geblieben sind.«
    »Das kann sein. Die schauen sich jeden Fahrgast genau an.«
    »Dann würden sie ja auch irgendwann hier sein.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    Ich stellte Harry eine Frage. »Und wie ist dein Eindruck, den du von den Reisenden gewonnen hast?«
    »Hm.« Er fuhr durch sein graues Haar. »Normal, würde ich sagen.« Er schlug seine Beine übereinander. »Ich habe nichts festgestellt, das mich alarmiert hätte.«
    »Nicht schlecht.«
    Er lachte leicht kratzig auf. »Wenn ich das so höre, könnte ich auf den Gedanken kommen, dass du davon ausgehst, hier im Zug und unter den Reisenden Gegner zu sehen. Oder liege ich mit meiner Vermutung völlig daneben?«
    »Liegst du nicht.«
    »Super, dann glaubst du auch daran, dass wir auf der Fahrt dem Fegefeuer begegnen?«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Freude macht das nicht.«
    Ich grinste Harry an. »Bist du denn gekommen, um Freude zu haben?«
    »Wenigstens ein bisschen.« Harry drehte seine Flasche auf. Er trank einen Schluck und drehte die Flasche wieder zu. »Ich für meinen Teil mache es mir bequem und schließe die Augen. Weck mich bitte, bevor wir in den Tunnel einfahren.«
    »Ich werde es

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