Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1827 - Flucht durch Bröhnder

Titel: 1827 - Flucht durch Bröhnder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
nicht herausholen."
    „Das ist noch nicht gesagt. Ich muß nachdenken."
    Dorota verstand meine letzten Worte als Signal, die Unterhaltung abzubrechen. Sie meldete sich nicht mehr.
    Dafür ruhten auf mir die Augen der Raubyner. Varquasch, der Vatermutter von fünf Jungen, blieb soweit wie möglich im Hintergrund. Bei einer Größe von drei Metern und einem Gewicht von rund einer Tonne war das nicht so einfach, weil er die Hälfte der Zentrale mit seiner Körpermasse praktisch ausfüllte.
    Das Wesen von Raubyn erinnerte mich stets an einen irdischen Elefanten; an einen indischen, um genau zu sein. Die graue, rissige Haut war vom „Vorbild" kaum zu unterscheiden. Dagegen saß der konisch geformte Kopf vorne in der Mitte des Körpers. Ab dem Halsansatz bedeckte cremefarbenes Fell die gesamte Schädelpartie. Der Mund lief sehr spitz zu, wie bei einem Ameisenbär, so daß der gesamte Kopf auf einen Meter Länge kam.
    Varquasch war ein zutiefst gutmütiges Wesen. Seit ich ihn aus den Fängen der Piraten von Bröhnder befreit hatte, behandelte er mich wie einen Bruder.
    Einen Freund wie Varquasch zu haben, das empfand ich in der Fremde als sehr angenehm. Wenn man sich von der Heimat sehr weit entfernt befindet, im schlimmsten Fall in einem fremden Universum, dann werden Freunde automatisch wichtig. Varquasch würde jederzeit mit seinem Leben meines verteidigen. Da war ich mir sicher.
    Ganz anders seine fünf Jungen: Lanagh, Scheep, Orgelloc, Kjaiup und Filibin führten sich als wandelnde Mordmaschinen auf.
    Körperlich ähnelten sie ihrem Vatermutter wenig. Die Haut und der Kopf stimmten einigermaßen überein, doch der plumpe Körper des Elters war bei ihnen noch schlank und wenig ausgebildet.
    Sie benutzten zum Gehen nicht alle vier Extremitäten, sondern nur die beiden unteren. Die Arme endeten in vierfingrigen Händen, und die Finger waren mit rasiermesserscharfen Krallen bestückt.
    Ich hatte mit eigenen Augen gesehen, wie die Jungen einen ausgewachsenen Piraten zermetzelten. Dabei hatten sie in etwa die Pietät eines Fleischwolfs an den Tag gelegt.
    Mittlerweile verging kaum ein Tag, an dem Lanagh, Scheep oder einer der anderen nicht vorschlug, ausgerechnet mich als nächstes Opfer zu zerlegen.
    Varquasch hatte seine liebe Not, die Kleinen an einer solchen, nicht wieder rückgängig zu machenden Aktion zu hindern.
    Auf ihre Weise schätzten sie mich durchaus wert. Da es an Bord der CANT keine anderen Opfer gab, geriet ich aber zwangsläufig im täglichen Rhythmus in die Schußlinie.
    Varquasch hatte sie in seinem Beutel herangezogen; er vereinigte in sich sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsmerkmale, deshalb nannte er sich Vatermutter. Irgendwann würden die Kleinen sein wie er. Vorausgesetzt, sie überlebten den Maotenangriff.
    Entsprechend überrascht war ich, als Lanagh vor mich hintrat und fragte: „Soll ich dir etwas zu essen bringen, Alaska?"
    „Willst du es vergiften?"
    „Das würde ich ja gern, aber Varquasch hat’s verboten."
    „Und ob!" trompetete der Vatermutter von hinten. „Es herrscht strengstes Vergiftungsverbot in diesem Schiff!"
    „Schon gut", sagte Lanagh. „Ich will dir bloß einen Gefallen tun, Alaska."
    „Danke! Ich habe keinen Hunger."
    Wenn sich Lanagh über die reservierte Behandlung ärgerte, so ließ er nichts davon erkennen. Ich wunderte mich, daß der rauhe Bursche plötzlich zahm geworden war. Vermutlich spürte er die Verzweiflung, der sich Varquasch und Dorota so lustvoll hingaben. Oder die Erziehungsversuche zeitigten erste Erfolge.
    „Alaska, ich muß aber etwas essen."
    Das war die gedankliche Stimme der Haut. Ich spürte, daß sie hungrig war, aber der Appetit war mir gründlich vergangen.
    Seit ich die Haut wie einen Parasiten trug, hatte sich mein Nahrungsbedarf verdoppelt. Was der nicht erwünschte Begleiter benötigte, das besorgte er sich über meine Körperöffnungen. Zu Beginn hatte sich das angefühlt wie eine permanente Magen- und Darmspiegelung, beides zur selben Zeit.
    Mittlerweile nahm ich die Dinge gelassen. Wer mehr als ein paar hundert Jahre alt ist, lernt automatisch, mit seinen Ekelgrenzen umzugehen.
    „Bitte. Ich benötige Nahrung."
    „Nein!"
    Auch das Betteln der Haut konnte mich nicht bewegen, etwas zu essen. Ich wäre sie am liebsten losgeworden. Aber das war nicht möglich.
    Seit ich sie meinem Willen unterworfen hatte, führte sie ein geistig eigenständiges Leben, hing jedoch körperlich völlig von mir ab. Für sie hätte die Trennung

Weitere Kostenlose Bücher