1827 - Flucht durch Bröhnder
beflügelte. Sie verlieh mir nicht nur neue Kräfte. Sie legte vor allem Schritt für Schritt Erinnerungen an die Vergangenheit frei, an meine Zeit als oberste Kriegsrätin der Nomaden von Bröhnder.
Wenn ich den virtuellen Körper betrachtete, seine fragilen Glieder und den Schädel, den man sehr viel leichter brechen konnte als jedes Computergehäuse, dann wollte ich es kaum glauben. Kriegsrätin! Welch eine Perversion! Ich eignete mich nicht für den Krieg und nicht für Hinterlist.
Nur so war der Fehler zu erklären, den ich begangen hatte. Wer sich von Euphorie beflügeln läßt, der sollte schauen, in welcher Lage das geschieht. Ist es die falsche Lage, dann kann Euphorie das Ende bedeuten.
Viel zu früh hatte ich Kontakt mit meinen vier Zujas, den „Stellvertretern" oder „Staatssekretären", aufgenommen. Natürlich waren das Ausdrücke, wie sie Alaska Saedelaere benutzte. In meiner eigenen Wirklichkeit klangen sie anders und sehr viel eleganter. Für mich besaßen sie so etwas wie Poesie.
Per Hyperfunk hatte ich Nosetto, Gulwal und Prinn erreicht, und per Normalfunk den überaus wichtigen Mellenbrock.
Der Zufall hatte es gewollt, daß die Syntronik, in der Mellenbrock Unterschlupf genommen hatte, just auf dem Planeten Maotock stationiert war. Das war ungewöhnlich. Nach der Basiszuweisung Zujandrons sollten wir alle in Computereinheiten existieren, die auf Raumschiffen ihren Dienst taten. Es gab einen simplen Grund dafür: Nur mit einem Raumschiff waren wir beweglich.
Ich hegte keinen Zweifel daran, daß Mellenbrock nur durch unglückliche Umstände in die Syntronik der Maoten gewechselt war. Sicher hatte er lange Zeit abgewartet, bis es keine andere Möglichkeit mehr gegeben hatte. Gewiß hatte er einen mobilen Arbeitsplatz herbeigesehnt. Und ebenso gewiß war, daß es damit bis heute nicht funktioniert hatte.
Ich betrachtete Mellenbrock als mein spezielles Sorgenkind. Es würde meine Aufgabe sein, ihn auf eine mir selbst noch unbekannte Weise wieder mobil zu machen. Vielleicht konnte ich Mellenbrock im Bordcomputer der CANT deponieren. Jedenfalls für eine begrenzte Zeitspanne, überlegte ich, in einem parallelen Sektor.
Es war nur die Frage, ob Fasoldog (so hatte Kummerog den Computer genannt) wirklich Platz für zwei von unserer Sorte bot.
Ich erkannte, daß ich schon wieder zu träumen begann. Ich saß ja in der Falle, die CANT war selbst nicht mehr mobil.
Die Fesselfelder der Maoten - oder genauer gesagt: die des Hohen Herrn von Yiliton - verhinderten das.
Hinzu kamen die aufgefahrenen Geschütze und zahlreiche Kampfschiffe im Himmel oberhalb der CANT.
Durch meine wenig überlegte Botschaft hatte ich die Fremden auf unsere Spur gelockt. Wir hätten niemals auf dem Planeten landen sollen. Aber nun war es zu spät.
Alaska Saedelaeres Balkenspindel, ein Raumschiff von ganz spezieller Form, lagerte in kurzer Entfernung auf einer Müllhalde der Maoten. Hätte ich nicht diesen Fehler begangen, Saedelaere hätte die Datenspeicher der Spindel vielleicht schon ausgeräumt. Und wir wären auf dem Weg in Sicherheit.
Träume!
Ich saß so fest wie Mellenbrock. Oder noch fester. Ja, ich hatte einen Fehler begangen.
Mein Fehlgriff hatte eine mißliche Lage herbeigeführt, in der die Realisierung des vegaonischen Planes vielleicht unmöglich wurde.
Meine Komponente war eine von den achtzehn, die zur Bildung des Kollektivs der Ysperay unbedingt erforderlich war. Auf Mellenbrock und meine drei anderen Stellvertreter konnte Zujandron zur Not verzichten.
Aber nicht auf mich und die anderen fünfzehn ehemaligen Räte.
Jeder einzelne mußte anwesend sein, denn jeder barg etwas in seiner vegaonischen Komponente, das für die Integration des Kollektivs der Ysperay obligatorisch war. Sollte auch nur eine der Komponenten fehlen, war das Kollektiv nicht lebensfähig, und der Kometenregen würde niemals durchs Universum ziehen. Dann wäre alles umsonst gewesen.
Die vegaonische Grundsubstanz war damals in achtzehn Komponenten geteilt worden. Jeder Rat trug eine davon in sich.
Nur Zujandron besaß deren zwei. Eine davon war der Schlüssel, der einmal alle anderen Komponenten miteinander verbinden sollte. Die andere war das Prinzip der Arterhaltung.
Meine Komponente war die der seelischen Kraft. Eine Ironie des Schicksals, so dachte ich, daß die Seele sich in einem virtuellen Raum verbergen mußte.
Ich hoffte, daß Alaska Saedelaere einen Weg zu meiner Befreiung fand. Mir allein war das unmöglich.
Die
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