1827 - Flucht durch Bröhnder
daß eine Raumschlacht ohne verheerenden Verlust vonstatten geht."
Alaska Saedelaere schwieg eine Weile. Seine nächste Frage überraschte mich.
„Dorota, du sagtest doch, du warst einmal ein biologisches Wesen. Kannst du mir zeigen, wie du damals ausgesehen hast?"
„Natürlich."
„Würdest du es tun?"
Ich dachte darüber nach. Das virtuelle Bild rotierte in den Speicherplätzen, die ich für meine Zwecke abgezogen hatte.
Wenn ich es betrachtete, empfand ich eine schwer erklärbare Unsicherheit. Der seltsame Wunsch Alaskas erzeugte in mir einen ebenso seltsamen Widerwillen: Welchen Nachteil brachte es, wenn der Träger der Haut meine einstige Gestalt zu Gesicht bekam?
„Ich erzeuge ein Kunstbild", kündigte ich an. „Das Hologramm wird dem Original sehr ähnlich sein.
Schau auf die Kupferplatte! Nun, was hältst du davon? Von mir, meine ich, von meinem früheren Selbst."
Saedelaere schien sehr verblüfft zu sein. „Du bist, nein, du warst eine Humanoide."
„Ja."
„Erstaunlich. Dein Gesicht unterscheidet sich sehr von meinem eigenen oder von den Gesichtern, die ich kenne. Es ist ein schönes Gesicht. Ich bin einige Male einem Wesen begegnet, das eine entfernte Ähnlichkeit zu dir besaß."
„Was für ein Wesen war das?" fragte ich leise.
„Ein weibliches. Es gehörte zu den Erbauern des Schwarms."
„Eine Cyno?"
Seine Antwort war eine Gegenfrage. „Was weißt du über Cynos, Dorota?"
„Wenig. Mir ist nie einer begegnet. Ich hörte lediglich davon."
Alaska Saedelaere versank in tiefe Nachdenklichkeit. „Nein, sie war keine Cyno. Sie gehörte zu einem völlig anderen Volk. Zu einem Volk, glaube ich, das sehr viel fremder war. Ihr Name lautete Kytoma."
„Der Name sagt mir nichts. Die Ähnlichkeit beruht wohl nur auf Zufall."
„So sehe ich es auch."
Alaska Saedelaere sprach das Bröhn plötzlich mit einem eigenartig, holprigen Tonfall, den ich zuvor an ihm niemals bemerkt hatte.
Irgendwie hatte ich das Gefühl, als spiegele der Ton seine wahre Natur wider. Als habe er sich mit der Haut und der Selbstsicherheit nur vor dem eigenen Innersten maskiert.
Ich wußte nicht, wie ich zu solchen Gedanken kam. Wahrscheinlich lag es daran, daß zum ersten Mal seit einer unglaublich langen Zeit jemand mein Gesicht betrachtete.
Aber auch der Träger der Haut hatte interessante Züge. Merkwürdig, daß ich es jetzt erst sah, aber wenn das Licht aus einem bestimmten Winkel in sein Gesicht fiel, dann erstrahlte es in einem irisierenden Schimmer.
Bevor ich ernsthaft in Schwierigkeiten geraten konnte, sagte Saedelaere: „Dorota, wir müssen handeln."
Seine Worte weckten mich. Ich ließ das Hologramm erlöschen.
„Ich will, daß du deinen Kommandanten über unsere Lage informierst. Wir müssen nach jedem Strohhalm greifen, wenn wir hier herauskommen wollen."
Er verlangte es also ebenfalls.
Das irritierte mich zunächst, weil meine Gedanken noch bei Kytoma und bei Alaskas Gesicht weilten.
Aber das Vertrauen in den Träger der Haut war bei allen Differenzen sehr groß. In diesem Fall gab seine Forderung den Ausschlag. Wenn Alaska eine Bitte äußerte, wenn außerdem Mellenbrock nicht müde wurde zu argumentieren, dann mußte ich handeln.
Ich aktivierte den Hyperfunksender und pegelte ihn auf Enkendrans Frequenz ein. Es dauerte keine drei Minuten, dann war über Hunderte, vielleicht Tausende von Lichtjahren der Kontakt hergestellt.
„Endlich, Dorota."
Ich spürte förmlich, wie erleichtert der Koordinator war.
„Warum hast du dich nicht früher gemeldet?" wollte er wissen.
Ich schilderte ihm die wichtigsten Fakten.
„Das ist alles schlimm", meinte Enkendran, „aber wir geben die Hoffnung nicht auf. Zujandron wird eine Lösung finden."
„Zujandron kann mich auch nicht zum Sahmhorst bringen. Dorthin aber muß ich."
„Das ist richtig. Wir benötigen Vertrauen und Zuversicht. 24.000 Lichtjahre sind viel, aber was wiegen sie gegen den Gegner, der uns einst beinahe vernichtet hätte? Auch damals haben wir es geschafft."
„Du weißt nicht einmal, wo sich Zujandron aufhält. Oder irre ich mich, Enkendran?"
„Keineswegs. Ich habe jedoch zeitweise Kontakt zu ihm. Bei der nächsten Gelegenheit werde ich ihn informieren. Er wird zweifellos die beste Entscheidung treffen, die es gibt. Halte durch, Dorota!"
Weil die Seele nicht sterben darf.
Aber das fügte Enkendran nicht mehr hinzu. Der Kontakt wurde unterbrochen.
Seine Worte hatten zuversichtlich geklungen. Ich konnte mir allerdings nicht
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