1829 - Unternehmen Humanidrom
nicht übel. Es war nun einmal so, daß die meisten Nicht-Humanoiden zur Zeit Front gegen die Terraner bezogen, denen man sich unterlegen fühlte und deren Einfluß man offenbar mehr fürchtete als den Angriff der Tolkander.
Selma hastete zum Ausgang, und ein Stein fiel ihr vom Herzen. Nur noch ein einziger ihrer Angestellten hielt sich in den Büroräumen auf: George Freeder. Mit einem Blick auf die Monitoren vor ihm erkannte sie, daß er einen eiligen Auftrag erledigt hatte, der besonders zeitaufwendig gewesen war.
„Irgend etwas stimmt nicht", stellte er beunruhigt fest. „Ich fürchte, der ORRA hat ein Auge auf dich geworfen."
„Kann ich mir nicht denken", erwiderte sie mit einer Geste, die deutlich machen sollte, nichts sei abwegiger als eine solche Vermutung.
Obwohl sie sicher war, daß sie ihm vertrauen konnte, wollte sie auf keinen Fall zugeben, daß sie Grund hatte, die Organisation von Chief Denay zu fürchten.
„Komm!" drängte er und zerrte sie mit sich.
Zunächst widerstrebend und langsam, dann aber immer schneller und bereitwilliger eilte sie mit ihm über einen Gang, der aus dem Geschäftszentrum und zu einem Parkdeck führte.
„Schnell!" keuchte er, von der fluchtartigen Bewegung schon bald außer Atem gebracht. „Alle Welt scheint furchtbar nervös zu sein wegen der Konferenz. Könnte es sein, daß der ORRA dich verhaften will, um Störungen bei dem Treffen zu vermeiden?"
„Unsinn", wies sie den Verdacht ab, während sie auch den letzten Widerstand aufgab. „Ich bin eine Geschäftsfrau. Mit der Konferenz habe ich nichts zu tun."
„Vielleicht habe ich einen Fehler gemacht, als ich die Nachforschungen angestellt habe", rief er und schlug sich dabei mit der flachen Hand vor die Stirn. „Natürlich!"
Er ließ sie nicht los und rannte, obwohl ihm die Luft hörbar knapp wurde.
„Tut mir leid, Selma", stammelte er. „Ich bin ein Dummkopf. Ich habe Fragen gestellt, die den ORRA auf dich aufmerksam gemacht haben. Ich mache mir schwere Vorwürfe."
„Aber jetzt hilfst du mir!"
„Das ist doch selbstverständlich."
„Die Gehaltserhöhung ist dir sicher", sagte sie und blickte ihn lächelnd an. „Aber nun sollten wir uns trennen. Für mich gibt es keinen Grund, vor irgend etwas zu flüchten. Sollte jemand einen Verdacht gegen mich richten, wird sich sehr schnell klären, daß er unbegründet ist."
Sie erreichten das Ende des Ganges und passierten mehrere Türen, die eine Schleuse bildeten. Selma streifte Freeders Hand ab, während ihr immer deutlicher bewußt war, daß ‘sie niemals mit ihm zusammen hätte weglaufen dürfen.
Ihre Reaktion konnte ihr als Flucht ausgelegt werden. Eine Flucht war immer zugleich auch so etwas wie ein Schuldgeständnis.
„Ja, du hast recht", entgegnete er und blieb in einer der Türen stehen. „Und mit der Gehaltserhöhung bin ich auch einverstanden, zumal sie ein solches Ausmaß hat."
„Hoppla", lachte sie und bemühte sich, ihre innere Anspannung vor ihm zu verbergen. „Ich habe versprochen, daß du eine Zulage bekommst, aber habe noch nicht festgelegt, wie hoch sie sein soll."
„Ist auch nicht nötig!" Er blickte sie kalt und abschätzend an. „Ich weiß auch so, wie hoch der Gewinn ist, den diese Firma erzielt. Er steigt in schwindelerregende Höhen, sobald das High-Tech-Geschäft morgen abgeschlossen ist."
Sie glaubte, der Boden weiche unter ihr.
„Wie bitte?"
„Du hast schon richtig verstanden, Selma."
Allerdings, das hatte sie. George war ein Verräter. Er wollte sie an Chief Denay ausliefern, um die Firma übernehmen zu können.
Da schon in wenigen Stunden eine der wichtigsten Lieferungen für das Forum Raglund eintreffen würde, stand ein ungewöhnlich hoher Gewinn ins Haus. Der höchste Überschuß, den die Handelsniederlassung SELMI je erzielt hatte, stellte eine allzu große Verlockung für Freeder dar.
Für wenige Sekunden hatte sie die Beherrschung verloren und hatte sich ihm angeschlossen, um mit ihm zusammen wegzulaufen. Dieser Fehler wurde der Agentin nun zum Verhängnis.
Sie griff nach ihrer Waffe, doch er war schneller und hielt ihre Hand fest.
„Nicht doch", warnte er.
Schritte näherten sich ihr vom Parkdeck her. Sie erkannte, daß er sie genau zu der Stelle geführt hatte, an der der ORRA sie haben wollte, um sie verhaften zu können. Die Terranerin blickte sich nicht um. Sie wartete darauf, von Paralysestrahlen zu Boden geworfen zu werden.
„Du bist ein mieses Stück", zischte sie, während sie eine
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