1831 - Requiem für den Smiler
freie Stelle zwischen den sonst so dicht gestaffelten Häusern hinunterblicken. Es handelte sich um einen verwilderten Park, in dem die meisten Pflanzen längst abgestorben waren, Baumstümpfe und Äste reckten sich kahl in die Höhe. Dazwischen bot sich ihr das gleiche Bild wie schon mehrmals zuvor.
Massen von durcheinanderquellender Vivoc, dazwischen abgestorbene Larven, die von den Neezern sorgsam eingesammelt und in Behälter gesteckt wurden. Andere Neezer standen abwartend herum und rührten sich nicht. Sie schienen auf etwas zu warten.
Agnes’ SERUN machte sie auf eine Reihe von Larven aufmerksam, die sich verändert hatten. Ihre Hülle wirkte verhärtet, und die Schale bekam bereits die ersten Sprünge. Der SERUN fing eine dieser gereiften Larven optisch ein und brachte sie groß ins Bild.
*
Die trockene Haut der Larve barst wie Pergament. Auf den ersten Blick sah es aus, als gebe die Hülle ein Schlangennest frei. Aber dann war zu erkennen, daß alle diese „Schlangen" zusammengehörten. Was sich da zuckend schlängelte waren die vier Arme, zwei Beine und der Körper, eines Neezers.
Aus der Vivoc war ein kleiner Neezer geschlüpft.
Es war die Fortsetzung jenes Vorganges, den Agnes in Ansätzen gesehen, aber noch nicht im Detail hatte verfolgen können.
„Vivoc is’ Brut von Neezer!" sagte Agnes Figor verhalten, aber deutlich, als mache sie einen Eintrag ins Logbuch. „Vivoc is’ Neezer! Neezer!"
Das winzige Wesen lag zusammengekauert da, die tentakelartigen Gliedmaßen zuckten über den zerbrechlich wirkenden Körper, wie um ihn zu wärmen. Der winzige Schlangenkopf mit dem noch kaum ausgebildeten Horn reckte sich, zuckte vor und zurück. Dabei stieß der frisch geschlüpfte Neezer schrille, klagende Laute aus.
Sofort war einer der abwartend dastehenden Neezer zur Stelle, hob das kleine Schlangenbündel auf und schwebte mit ihm zum wartenden Beiboot hoch.
Weitere verhärtete Larven brachen auf. Jedesmal kam ein winziger Neezer zum Vorschein. Und sogleich war ein erwachsener Neezer zur Stelle, um seinen neugeborenen Artgenossen zu bergen und zum Beiboot hoch zu bringen.
Auch die Neezer, die die abgestorbene Vivoc eingesammelt hatten, kehrten nach getaner Arbeit mit ihren vollen Behältern in die Beiboote zurück. Es schlüpfte danach vorerst keine Vivoc mehr. Die Galaktiker und Hangayer blieben wie in Trance zurück, umgeben von der restlichen Vivoc, die zuckend und pulsierend über ihre Körper kroch.
Agnes verließ ihren Beobachtungsposten und kehrte zum Versteck von Torük Galayz und Nurmir-Trenk zurück.
Ronald Tekener war noch nicht zurück. Das schien sie zu ernüchtern und das ungewöhnliche, noch niemals zuvor im Detail beobachtete Geschehen von vorhin vergessen zu lassen.
„Wo is’ Tek?" fragte die Terranerin.
„Auf dem Weg zurück", antwortete der SERUN.
„Gesund?"
„Ronald Tekener hat leider einen Schock erlitten", antwortete der SERUN. „Der genaue Grund dafür ist mir nicht bekannt. Du wirst ihn erfahren, wenn Ronald Tekener zurückkommt."
Da die Beiboote der Neezer inzwischen abgeflogen waren, ließ Agnes den Blue und den Topsider wieder aus ihrem Versteck. Torük Galayz nahm seine seltsame Wanderung wie durch ein Labyrinth, das nur er sehen konnte, wieder auf.
Agnes Figor begann ebenfalls unruhig umherzuwandern; es sah beinahe so aus, als wolle sie dem Blue nacheifern.
Nurmir-Trenk gab ein krächzendes Geräusch von sich, das nur ein Gelächter sein konnte. Er deutete auf Agnes.
„Komisch! Wie komisch!" rief er.
Agnes Figor hielt inne, als sie merkte, daß sie zum Gespött des Topsiders geworden war. Sie straffte sich.
„Schach!" sagte sie zum SERUN.
„Du willst jetzt Schach spielen?" erkundigte sich der SERUN. „Du weißt, daß du längst keine Chance mehr gegen mich hast."
„Ein paar Züge!" verlangte Agnes.
Der SERUN projizierte vor sie ein dreidimensionales Schachbrett. Agnes tat den ersten Zug, dann den zweiten. Sie merkte, daß sie zu überhastet begann und gönnte sich für die nächsten beiden Züge eine längere Nachdenkpause.
Nach sieben Zügen mußte sie erkennen, daß sie sich in eine hoffnungslose Lage gebracht hatte. Es bedurfte nicht ihrer vollen geistigen Kapazität, um zu erkennen, daß sie in zwei weiteren Zügen schachmatt wäre.
„Ich find’ne Lösung!" behauptete sie.
Da kam Ronald Tekener in seinem SERUN herangeschwebt. Eigentlich kam der SERUN mit ihm, denn es war sofort zu erkennen, daß Tekener außerstande war, ihn
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