Lass dich unter Sternen lieben: Wo Träume wahr werden (German Edition)
PROLOG
Charlie „C.J.” Miller warf einen Seitenblick auf seinen dösenden Passagier. Das arme Mädchen war dank der Gewitter in Texas und gestrichener Flüge seit über sechsunddreißig Stunden wach gewesen. Nachdem sie vor dem Abheben noch höflich Konversation gemacht hatte, hatte sie es sich schließlich mit dem Kissen bequem gemacht, das er ihr angeboten hatte, ohne den Spiralblock auf ihrem Schoß loszulassen.
Obwohl er neu in dem Job war, hatte C.J. bereits etwa ein Dutzend Leute vom Anleger in Miami zu einer der Urlaubsinseln geflogen, die zusammen Fantasies, Inc. ergaben – Seductive Fantasy, Secret Fantasy und das heutige Ziel, Intimate Fantasy. Sein neuester Passagier, Kyra Cartwright, besaß eine natürliche Schönheit, war im Alter seiner ältesten Tochter und hatte hellbraune Haare, die ihr in sanften Wellen über die Wangen fielen. Ihr Mund war im Schlaf leicht geöffnet, als sei sie völlig sorgenfrei.
Natürlich wusste C.J. es besser. Fantasies, Inc. existierte nur aus einem Grund – um Träume wahr werden zu lassen, Wünsche zu erfüllen und Sehnsüchte zu stillen. Und eine junge Frau, deren Sehnsucht groß genug war, um sie auf eine der Inseln zu treiben, hatte ganz sicher die eine oder andere Sorge.
Als einziger Pilot der Inseln war C.J. in die Fantasien jedes Gastes genügend eingeweiht, um nicht aus Versehen etwas Falsches zu sagen oder den Gast in Verlegenheit zu bringen. Über Miss Cartwrights Bewerbung hatte er grinsen müssen. Sie hatte eine Frage formuliert – wieso sollte eine erfolgreiche Karrierefrau, deren Familie eine Kette von Radiosendern gehörte, eine Woche auf der Suche nach Abenteuern auf einer sonnigen Insel verbringen wollen? –, um anschließend die Gründe darzulegen. Unter ihnen listete sie die Abenteuer auf, die ihr vorschwebten, in absteigender Reihenfolge von reizvoll bis am wenigsten reizvoll.
Zwar ähnelte die Liste einem Geschäftsplan, doch alles in allem war die Bewerbung keineswegs trocken und geschäftsmäßig. In ihrer ordentlich getippten Liste hatte Kyra Cartwright viel über sich offenbart und erklärt, wie sie das Familienunternehmen zu retten versuchte, indem sie den Heiratsantrag ihres Freundes annahm. Doch statt aufgeregt oder nervös zu sein wegen der bevorstehenden Hochzeit, fühlte sie sich nur verloren.
C.J. ahnte, was in ihr vorging. Sie wollte ihre Unruhe loswerden und die leise Stimme in ihr zum Schweigen bringen, die ihr ständig sagte: „He, Mädchen, wir reden hier über den Rest deines Lebens. Bist du dir sicher, dass du genau weißt, was du tust? Solltest du dich nicht erst mal ein wenig umschauen?”
Fantasies, Inc. würde ihr dabei helfen. Die Besitzerin, Merrilee Schaefer-Weston, wählte jeden Gast einzeln nach dessen Bewerbung aus, in der detailliert die jeweilige Fantasie beschrieben war. Nach dem Tod ihres Mannes hatte Merrilee Millionen geerbt und ihre Leidenschaft in Fantasies, Inc. gesteckt. Jetzt war sie erfolgreich, indem sie anderen Menschen die Möglichkeit gab, ihr Glück zu finden.
„Intimate Basis an Alpha-Victor-null-null-neun, bitte melden. C.J., wo steckst du?”
Die Stimme meldete sich in seinem Kopfhörer, und er schob das Mikrofon näher an seinen Mund, damit er antworten konnte, ohne Miss Cartwright aufzuwecken. „Hier Alpha-Victor-null-null-neun. Ich komme von Osten herein.”
„Verstanden”, sagte Chris aus dem Büro auf Intimate Fantasy.
C.J. spähte nach unten zu dem Haufen grüner Inseln, die zu Fantasies, Inc. gehörten, und entdeckte die Lagune von Intimate Fantasy. Selbst nach fast vierzig Jahren im Cockpit erstaunte es ihn immer noch, wie friedlich die Welt aus der Luft aussah. Natürlich sahen die Florida-Keys auch vom Boden aus friedlich aus. Doch es hatte etwas Magisches, wie sich die üppigen grünen Inseln aus dem kristallblauen Ozean erhoben. „Habe das Landegebiet in Sicht.”
„Es steht dir offen, nach eigenem Ermessen zu landen.”
„Verstanden.” Hinter ihm regte sich etwas. Sein Passagier war aufgewacht.
„Willkommen zurück”, sagte er. „Wie fühlen Sie sich, Miss Cartwright?”
Sie lächelte. „Kyra, bitte. Mir geht es schon viel besser, Mr …”
„Miller”, half er ihr. „C.J. Miller.”
Sie bewegte den Arm, unter dem sich der Notizblock auf ihrem Schoß befand. Er erhaschte einen Blick auf eine sorgfältige Liste, deren einzelne Punkte alle mit einem Häkchen versehen waren: Flugticket, Taxigeld, Trinkgeld für den Pagen, Zeitschrift fürs Flugzeug,
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