1834 - Vier grausame Jäger
schwache Lampe ließ sie brennen.
Die Tür hatte sich kaum hinter ihr geschlossen, da schüttelte sie den Kopf, denn sie konnte nicht nachvollziehen, was Lucy ihr da gesagt hatte. Normal war das nicht.
Als sie das Wohnzimmer betrat, lag ihr Mann auf der Couch und sah fern. In der Flimmerkiste lief eine alte Show mit einem Entertainer, der schon seit Jahren tot war, aber noch viele Fans hatte. Den Ton drehte der Mann leiser und fragte dann: »Schläft sie?«
»Ja, ich denke schon.«
»Das ist gut.«
Iris Miller nahm in einem Sessel Platz. »Sie hat mir nur so etwas Ungewöhnliches gesagt.«
»Aha. Hat es mit den Hunden zu tun gehabt?«
»In der Tat. Lucy erzählte, dass die Hunde mit ihr gesprochen hätten. Verrückt, würde ich sagen, aber sie ließ sich nicht davon abbringen. Und auch, dass die Hunde sie beschützen würden, und das ihr ganzes Leben hinweg.«
»Hört sich stark an, nicht?«
»He, du klingst nicht überrascht.«
James Miller richtete sich auf. »Das bin ich auch nicht. Lucy hat ein Faible für die Hunde entwickelt, das ist phänomenal. Ich denke, dass wir in Zukunft ein wenig darauf achten sollten. Oder wie siehst du es?«
»Nicht anders.«
»Das freut mich.«
Iris schüttelte den Kopf. »Wie kann man nur auf derartige Gedanken kommen?«
»Das weiß ich auch nicht. Aber wir sollten etwas mehr auf sie aufpassen.«
Darin waren sich die Eltern einig. Auch Iris spürte, dass sie müde wurde, und ihrem Mann fielen ebenfalls fast schon die Augen zu. Deshalb beschlossen sie, ins Bett zu gehen.
Sie schliefen ein, sie träumten auch, und in den Träumen spielten Hunde eine große Rolle.
Noch wussten sie nicht, dass sie für die Zukunft sehr bedeutend sein sollten …
***
Auch bei den Hunden war es dunkel geworden. Sie hätten schlafen können, aber das taten sie nicht. Sie wanderten durch ihre Hütte, jaulten manchmal, knurrten auch, und in der Dunkelheit verwandelten sich ihre Körper in Schatten.
Sie gingen hin und her und waren kaum zu hören, wenn sie auftraten. Sie wurden zu ungewöhnlichen Gestalten, obwohl sie gleich blieben, aber die Dunkelheit war kreativ und schuf immer wieder neue Konturen.
Es geschah etwas mit den Tieren. Plötzlich waren ihre Augen nicht mehr das, was sie eigentlich sein sollten. Sie hatten eine andere Farbe angenommen und glühten jetzt in einem dunklen Rot. Rot war eine Farbe, vor der man sich fürchten konnte, weil es ein besonderes Rot war. Ein tiefes Rot, das sich gegen die Menschen richtete und aus der tiefsten Hölle zu kommen schien.
Vier Hunde.
Vier Gezeichnete.
Und ein Kind.
Passte das zusammen?
Die Zukunft würde es zeigen …
***
Vierzehn Jahre später.
»Wo willst du hin?«, fragte Lucy Miller.
Larry kicherte. »Das weißt du doch.«
»Nein, bisher nicht.«
»Wir fahren in den Wald.«
»Aha. Und dann?«
»Machen wir es uns gemütlich«, erwiderte er grinsend.
»Aha, so läuft das also.«
»Ja, so läuft das.«
Lucy sagte erst mal nichts. Sie wusste, was ihr Freund Larry vorhatte, aber das wollte sie nicht. Ein bisschen rumknutschen, ein wenig Petting, das war okay, aber Larry wollte richtigen Sex, und dazu war sie nicht bereit.
Nicht mit ihm. Nicht so schnell. Auf keinen Fall.
Gedehnt sprach sie seinen Namen aus.
»Ja, was ist denn?«, fragte er.
»Ich habe keinen Bock darauf, mit dir in den Wald zu fahren, ich will nicht bumsen.«
»Das brauchst du auch nicht.«
»Na bitte.«
Er kicherte. »Das erledige ich schon. Du wirst sehen, ich bin eine Schau. Wenn du mich einmal genossen hast, willst du es immer wieder.«
»Das glaubst du doch selbst nicht.«
»Sonst hätte ich es nicht gesagt.«
»Also gut. Mach keinen Mist. Halt an, dann kannst du umdrehen und wieder zurückfahren.«
»Ach, so willst du das?«
»Ja.«
»Ich aber nicht. Außerdem haben wir den Wald schon so gut wie erreicht.«
Lucy Miller saß vorn. Und sie ließ ihre Blicke schweifen. Es war draußen zwar dunkel, aber wer in dieser Gegend wohnte, der kannte sich auch in der Nacht aus.
Sie fuhren dicht an der Waldgrenze entlang, die auf der linken Seite lag.
Auf der rechten breitete sich ein großes Feld aus, auf dem Roggen wogte, der bald geerntet werden musste. Wenn sie weiter geradeaus fuhren, würden sie nach drei Kilometern auf einen Ort treffen. Sie konnten aber auch zurückfahren, das wäre ihr am liebsten gewesen.
Larry bremste kurz ab, kurbelte das Lenkrad herum und bog in den Weg ein, der in den Wald führte. Es war eine Rumpelstrecke, die
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