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184 - Die Herren von Sydney

184 - Die Herren von Sydney

Titel: 184 - Die Herren von Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn und Stephanie Seidel
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angegeben hatte, um sein wahres Ziel zu verschleiern. Das Argument, etwas aus Sydney mitzubringen, das ihre Expedition dorthin bestätigte, hatte ihn schließlich überzeugt. Sie würden nicht lange bleiben, sodass sich die Reise zum Marianengraben nur um etwa drei bis vier Tage verlängern würde.
    Außerdem – er musste es sich eingestehen – freute er sich doch, die Hochhäuser der einstigen Metropole wieder zu sehen. Er war sechs Jahre nicht hier gewesen.
    Erstaunlich, was die Einheimischen inzwischen zustande gebracht hatten. Allem Anschein nach waren die religiösen Kräfte an der Entwicklung nicht unbeteiligt.
    Als Quart’ol, die beiden neugierigen Marsianer im Rücken, den Kopf durch die Luke schob, sah er zwei Mönche mit eigenartigen Kopfbedeckungen und hellgrauen Kutten in einem Zelt verschwinden. Erst dann sah er mehrere rote Punkte, die oberhalb der Kaimauer glühten, und zischte seinen Begleitern zu, dass sie sich nicht aufrichten sollten.
    »Ist dieses Volk etwa gewalttätig?«, hörte er Clarice hinter sich raunen. Man merkte ihrer Stimme an, wie aufgeregt sie war. Im Gegensatz zu ihr war Vogler die Ruhe in Person.
    »Es gibt hier kein Volk im eigentlichen Sinne«, erwiderte Quart’ol im Flüsterton, um zu verhindern, dass seine Stimme übers Wasser hallte. »Hier sind mehrere politisch und religiös unterschiedlich gefärbte Fraktionen ansässig.«
    Eine Eingabe in die bionetische Konsole setzte die Transportqualle wieder in Marsch. Sie glitt lautlos an dem nicht weit vom Mauerrand entfernten Bauwerk vorbei und steuerte hundert Meter weiter das Ufer an.
    Hier war das Gelände unbebaut und finster. Kein Mensch war zu sehen. Insekten zirpten im Schilf. Ein dreiäugiger Fisch, lang wie ein Arm, sprang neben ihnen aus dem Wasser, schnappte sich eine dicke Flegge und verschwand glucksend unter dem Wasserspiegel.
    Vogler, der das dunkle Land mit einem Messingfernglas absuchte, grunzte zufrieden. »Hier ist niemand.« Er ließ das Instrument sinken. »Ich kann es kaum erwarten, an Land zu gehen.«
    »Wir warten noch eine Weile.« Quart’ol nahm die nächste Eingabe vor. Er hätte am liebsten einen Seufzer ausgestoßen, doch dann hätten die Marsianer ihn bestimmt gefragt, ob ihn etwas plage. Er hätte ihnen nur ungern die Unwahrheit gesagt: Bei seinem letzten Besuch hier hatte er beinahe ins Seegras gebissen. Fast bereute er es schon wieder, dass er sich hatte breitschlagen lassen.
    Nun ja, dachte Quart’ol. Irgendwie sind sie ja doch Menschen… und Menschen brauchen nun mal Betonwüsten, um wirklich glücklich zu sein.
    Obwohl er sich der Gefahr eines Landgangs bewusst war, hatte er eingewilligt – nicht zuletzt auch, weil es hier jemanden gab, den er gern wieder sehen wollte. Dazu war die Nacht ganz gut geeignet.
    Als die Transportqualle dicht neben dem Ufer dümpelte, bedeutete Quart’ol seinen Begleitern, hinaus zu springen. Clarice zuerst, dann folgte Vogler, beide natürlich mit geschlossenen Helmen. Sie gingen im Schilf in Deckung. Quart’ol sah, dass sie sich begeistert und wissensdurstig umschauten.
    Wie sahen die beiden wohl diese Welt und ihre Bewohner?
    Die organische Schleuse schloss sich hinter Quart’ol.
    Er schickte einen telepathischen Befehl an die Qualle, dann sprang er hinter den Marsianern her. Als er sich vorsichtig einen Weg durchs Schilf bahnte, hörte er ein Rauschen. Er reckte den Hals und sah etwa zehn Meter über sich die dunkle Bespannung eines Drachengleiters.
    Quart’ol ließ sich sofort fallen. Die Marsianer, denen er während er Fahrt durch die Bucht einiges über die Verhältnisse in Sydney erzählt hatte, machten sich im Schilf klein. Doch der Drachenflieger hatte es nicht auf sie abgesehen. Er drehte eine Kurve über dem alten Opernhaus, dann stieg er wieder auf und nahm Kurs auf das Hafenviertel.
    Quart’ol holte tief Luft. Die Gefahr war vorbei. Oder?
    ***
    Es war nicht schwierig, in Erfahrung zu bringen, wo sich das Quartier von Magister Nikodeemus befand. Fast jeder Wühler hatte schon mal einen Fund in das Museum gebracht, das der kleine Gelehrte verwaltete.
    Als die anderen noch zusammen saßen, rauchten und würfelten, machte Roney, die Papiere unter dem Hemd, sich auf den Weg zur Hafengasse, in die er sich seit einer Woche nicht mehr zu gehen traute.
    Zuvor hatte er sich glatt rasiert und sein Haar zu einem Zopf zusammengebunden.
    Um noch unkenntlicher zu werden, hatte er zwei silberne Ringe an seinen Ohrläppchen befestigt. Heute ging er

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