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184 - Die Herren von Sydney

184 - Die Herren von Sydney

Titel: 184 - Die Herren von Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn und Stephanie Seidel
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barhäuptig.
    Das sonstige in der Kleiderkammer erbeutete Zeug war verschossen, zerrissen und ließ Roney verwegener und jünger aussehen.
    Er hatte sich überhaupt verändert.
    Da er seit über einer Woche nicht mehr trank, kaum rauchte, regelmäßig aß und viel schlief, sah auch sein Teint gesünder aus. Seine Hände zitterten nun gar nicht mehr. Er hatte den Entzug erstaunlich gut überstanden.
    Trotz alledem lief ihm das Wasser im Mund zusammen als er das Schild der Taverne Zum Roten Gockel sah.
    Aber er musste sich im Griff behalten. Vielleicht konnte er Morgen einen heben gehen und nach Kunden für seine Artillerie Ausschau halten. Seit seiner Tätigkeit als Pseudo-Ratze kannte Roney eine Menge Leute, denen nur die richtigen Waffen fehlten, um ihre Interessen durchzusetzen.
    Doch als er nun nüchtern und aufgeräumt die alten Häuser der Hafengasse passierte und die Menschen musterte, wurde ihm klar, dass er die Verantwortung für das trug, was seine Kunden mit den Waffen anstellten.
    Diese Erkenntnis versetzte Roney einen so heftigen Schlag, dass er auf der Stelle verharrte. »Was ist nur los mit mir?«, knurrte er vor sich hin. »Bin ich bescheuert? Ich mach mir über so was Gedanken? Was geht es mich an, was diese Typen mit dem Zeug machen, das sie von mir kaufen? Kümmert es etwa einen Schleifer, dass man mit dem Messer, das er schärft, jemanden abstechen kann?«
    Seine Gedanken machten ihn nervös. Roney tastete fahrig in der Hemdtasche mit den aufgesparten Zygars herum. Doch als er sich im Licht einer roten Hauslaterne fragte, ob er die Zweifel nicht lieber schleunigst im Alk ertränken sollte, konnte er sich zum ersten Mal nicht dazu durchringen. Das Stäbchen zwischen seinen Zähnen roch ekelhaft und kratzte in seinem Hals.
    Zum ersten Mal in seinem Leben warf Roney Tobakk auf den Boden und trampelte darauf herum. Eine elende Gestalt, die neben dem Eingang einer Taverne hockte, rief ihm ziemlich vorwurfsvoll zu: »Die hättest du auch mir geben können!«
    Roney nickte. »Hast Recht.« Er ging zu dem Mann hin und schenkte ihm die restlichen drei, die er bei sich trug.
    Der Arme war außer sich vor Überraschung und Freude.
    Bevor er Roney die Stiefel küsste, klopfte er ihm auf die Kappe und bog in die nächste Gasse ein.
    Sie war eng, gepflastert und finster und mündete auf einen unbefestigten, von Bäumen umsäumten Weg. Hier standen nur wenige Häuser. Die meisten waren nicht beleuchtet, sodass Roney bald durch eine nur von kaltem Sterngeglitzer beleuchtete Landschaft schritt.
    Ein ratterndes, von zwei Wakudas gezogenes Fuhrwerk kam ihm entgegen. Auf dem Bock saß ein vermummter Einheimischer, der ihn keines Blickes würdigte. Als das Fuhrwerk vorbei war, glaubte Roney hinter sich Schritte zu hören. Er drehte sich um, doch da war niemand. Er ging weiter. Kurz darauf hatte er erneut das Gefühl, dass ihn jemand verfolgte.
    War er überreizt? Einerseits war er ruhiger als vor einer Woche, doch andererseits… Sein Herz pochte.
    Wenn es früher so gepocht hatte, hatte er ein schlechtes Gewissen gehabt. War ich damals bescheuert oder bin ich es heute?
    Er hatte durch die Sauferei alles verloren, was ein Mann sich nur wünschen konnte. Nicht nur die Segnungen, die es nur im Hohen Haus gab.
    Schon wieder Schritte. Roney wusste nun, dass er es sich nicht einbildete. Er behielt sein Tempo bei, um sich nichts anmerken zu lassen. Fünfzig Schritte weiter machte der Weg einen Knick. Schnell bog er um die Ecke und verbarg sich hinter dichtem Buschwerk.
    Roneys Herz raste. Er zählte die Sekunden. Dann bog eine verdammt große Gestalt um die Kurve. Roney wartete, bis sie an ihm vorbei war, dann trat er hinter dem Busch hervor und eilte lautlos hinter ihr her, in der Rechten den Revolver mit dem Stummellauf zum Schlag auf ihren Kopf erhoben.
    Doch kurz bevor er die hoch aufgeschossene Gestalt erreicht hatte, stutzte er. Was war das für ein Flimmern um ihren Kopf? Es sah aus, als würde sich das Sternenlicht… auf einem gerundeten Glas spiegeln?
    Roney kam nicht mehr zum Schlag. Irgendetwas, das sich hart und spitz anfühlte, krachte in sein Kreuz und lähmte sein Hirn und seine Muskeln. Der Boden kippte ihm entgegen. Bevor Roneys Wange in den Schmutz klatschte, drang ein eigenartiger Geruch in seine Nase.
    Fisch?, war sein letzter verdutzter Gedanke. Hat mir da jemand einen Fisch ins Kreuz gehauen?
    ***
    Das Prickeln in den Knochen erinnerte Roney an die Folgen eines Stromschlags. Die in seinem Schädel

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