1843 - Die Falle der Sensenfrau
aber leicht lachen. Sogar den Kopf schüttelte ich. Und doch glaubte ich nicht, mich verhört zu haben. Trotzdem hakte ich nach.
»Du hast also deine Mutter und deinen Vater getroffen. Oder habe ich das falsch verstanden?«
»Nein, das ist schon richtig.«
»Also zwei Personen.«
Jetzt war ich auf die Antwort gespannt. Und Suko erging es ebenso, das sah ich ihm an.
»Nein, eine Person.«
Da war es wieder. Und wir hatten beide gute Ohren. Da hatte sich niemand verhört.
Ich verdrehte die Augen, und Suko atmete scharf ein. Dann schaute ich auf Julian, der nichts sagte und abwartete, wie wir diese Neuigkeit aufnehmen würden.
Suko meldete sich zuerst. »Eine Person? Habe ich das richtig gehört?«
»Hast du.«
»Aber als Eltern zählt man immer zwei Personen. Zum einen die Mutter und zum anderen den Vater.«
»Die habe ich auch.«
Suko lachte. »Aber du hast doch von nur einer Person gesprochen, wenn ich richtig gehört habe.«
»Das trifft auch zu.«
»Darf ich was sagen?«, fragte ich.
»Bitte.«
»Dann sind dein Vater und deine Mutter eine Person«, fasste ich zusammen.
»Du hast recht.«
Jetzt war ich baff. Eigentlich hatte ich das gar nicht so ernst gemeint, nun aber bekam ich die Bestätigung und wusste erst mal nicht, was ich sagen sollte. Ich hatte Probleme, damit zurechtzukommen, und konnte nur den Kopf schütteln.
Ich musste wohl einen ungewöhnlichen Gesichtsausdruck gezeigt haben, denn Julian fragte: »Glaubst du mir nicht?«
»Doch, doch. Zumindest versuche ich es. Das ist schon ein Problem, ehrlich.«
»Aber es stimmt.«
»Ja, ja. Deine Mutter und dein Vater sind eine Person.«
Während er nickte, sagte er: »Du hast es erfasst, John. Sie sind eine Person.«
»Und wer ist der Vater?«
»Das ist Sariel.«
»Gut. Und wer ist die Mutter?«
Jetzt war ich auf die Antwort gespannt. Das konnte nur Sariel sein, aber so lautete die Antwort nicht. Sie hatte eigentlich keinen Sinn, denn ich hörte die Worte, die leise gesprochen wurden.
»Ich kenne den Namen nicht. Ich habe sie als Sensenfrau erlebt.«
»Als was?«
»Als Frau mit einer Sense. Sariel hat sich verwandelt. Aus ihm wurde die Sensenfrau, meine Mutter.«
Suko und ich saßen da und sagten nichts. Wir starrten uns an, keiner konnte es glauben, aber warum hätte Julian lügen sollen? Dafür gab es keinen Grund.
Ich hatte schon viel erlebt. Aber das hier gehörte zu den Dingen, die auch für mich unglaublich waren. Mann und Frau eine Person, wobei die Frau noch in der Lage gewesen war, ein Kind zu gebären. Das war schon ein Hammer.
»Hast du beide gesehen?«, fragte ich.
»Ja, das habe ich.«
»Und weiter?«
»Ich habe gesehen, wie sich mein Vater in meine Mutter verwandelt hat. Ja, ich war Zeuge.«
»Und weiter?«
»Ich sah einen anderen Körper, ich sah ein anderes Gesicht, und ich konnte sehen, dass meine Mutter bewaffnet war. Sie besaß eine Sense, als wäre sie der Tod.«
»Und wo war das?«
»Nicht hier, John. In der anderen Welt. Sie hat sich mir geöffnet, und ich war froh, meine Eltern zu sehen. Ich weiß jetzt, dass ich nicht allein auf dieser Welt bin.«
»Das ist wohl wahr«, flüsterte ich. »Aber du hast nie gewusst, wer deine Eltern sind. Vorher, meine ich.«
»So ist es.«
»Und jetzt?« Ich verzog die Lippen. »Hast du dir schon Gedanken darüber gemacht, wie es weitergeht?«
»Nein, ich nicht.«
»Wer dann?«, fragte Suko.
»Sariel.«
»Ach, dein Vater und zugleich deine Eltern.«
»Ich bin ihr Sohn. Ich tue das, was sie wollen. Und das habe ich schon getan.«
In mir stieg plötzlich ein ganz böses Gefühl hoch. Oder ein schlimmer Verdacht.
»Man hat dir also etwas befohlen?«
»Ja.«
»Etwas Schlimmes?« Ich näherte mich nur sehr vorsichtig dem eigentlichen Ziel.
»Nicht für mich, denke ich. Für einen anderen Menschen schon.«
Mir war längst klar, was er damit gemeint hatte. Und auch Suko wusste Bescheid, denn er nickte mir zu. Ich aber wollte es von Julian selbst wissen.
»Solltest du töten?«
»Ja, das sollte ich.«
»Und wen?«
Da lächelte er.
Eine Antwort musste er mir jetzt nicht geben. Ich kannte sie auch so. »Es war Ignatius – oder?«
»Ja, das war er …«
***
Was sollten wir dazu sagen?
Wir standen da und schauten ins Leere. Ich schüttelte den Kopf, und Suko stöhnte leicht. Mit diesem Geständnis hätten wir vor einer Stunde noch nicht gerechnet, aber jetzt wussten wir Bescheid.
Wir schauten ihn an und machten uns über ihn unsere Gedanken. Ich wusste
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