1843 - Die Falle der Sensenfrau
hieß es nur, die Daumen zu drücken. Aber wir mussten noch etwas tun. Wir mussten dafür sorgen, dass das Krankenzimmer bewacht wurde. Darüber würde noch mit den Mitgliedern der Weißen Macht zu reden sein.
Ignatius’ Stellvertreter war ein Mann namens Conte. Auch er trug einen dunklen Anzug. Ein hageres Gesicht, das graue Haar zu einem Igel geschnitten, stand er vor uns wie ein Wachtposten, der keinen an sich vorbeilassen wollte.
Wir sprachen mit ihm über unsere Befürchtungen, die er durchaus verstand. Außerdem war er über uns informiert. Ignatius hatte ihn ins Vertrauen gezogen.
»Sie meinen, dass er noch in Gefahr ist?«, fragte er.
»Davon gehe ich aus.«
»Und wer will ihn tot sehen?«
Was hätten wir auf diese Frage antworten können? Eigentlich nichts, denn wir wussten es nicht. Es gab einen Verdacht, das war alles, und den wollte ich nicht aussprechen.
»Wir wissen es nicht«, sagte Suko.
»Gut.« Conte nickte. »Kann ich davon ausgehen, dass es keine normalen Gegner sind?«
»Wie meinen Sie das?«
Conte lächelte Suko an. »Das ist einfach zu beantworten. Ignatius hat mir schon öfter etwas erzählt. Er erwähnte auch Ihre Namen. So kann ich mir vorstellen, dass es durchaus etwas gibt, was einen dämonischen Beigeschmack hat.«
Ich sagte nichts, und Suko hielt auch den Mund. Das konnte dem Mann nicht gefallen.
»Habe ich recht oder nicht?«
»Sie haben recht«, sagte ich.
Er sagte erst mal nichts, schaute sich dann um und sagte mit leiser Stimme: »Es ist fatal, über so etwas auf einem Gebiet wie diesem reden zu müssen.«
Da stimmten wir ihm zu, und auch seine nächste Frage konnten wir nachvollziehen.
»Womit müssen wir rechnen?«
Ich breitete meine Arme aus. »Ich weiß es nicht, Signor Conte. Ich weiß es wirklich nicht …«
***
Wir waren wieder zurück in das Arbeitszimmer unseres Freundes gegangen. Unsere Gesichter hatten einen harten Ausdruck angenommen, als wir sahen, dass die Blutlache noch nicht entfernt worden war. Das erinnerte uns wieder daran, dass unser Freund im Krankenhaus lag und um sein Leben kämpfte, wobei wir hofften, dass er es schaffte.
Suko kam auf ein bestimmtes Thema zu sprechen. »Und wo steckt Julian?«, fragte er mich. »Dich, John, hat Ignatius doch angerufen, um dir mitzuteilen, dass er wieder hier ist.«
»Schon.«
»Und jetzt ist er weg. Verschwunden. Das ist schwer zu verstehen. Wo kann er sein?«
»Ich weiß es auch nicht.«
»Und dann haben wir noch einen Beinahe-Mörder«, sagte Suko.
»Was meinst du damit?«
»Ich frage mich, ob Julian nicht derjenige gewesen ist, der Ignatius niedergeschlagen hat.«
Ich war skeptisch. »Meinst du das wirklich?«
»Ja, John. Es ist alles möglich. Wer weiß schon, in welchen Horror wir hier hineingeraten sind.«
»Klar, da ist was dran. Aber Ignatius hat ihm Schutz geboten. Weshalb hätte ihm Julian so etwas antun sollen?«
»Das weiß ich nicht. Aber ich gebe zu bedenken, dass er kein normaler Mensch ist, sondern ein Produkt zwischen einem verfluchten Engel und einer Menschenfrau.«
»Richtig.«
»Das sollte uns nachdenklich machen.«
Suko hatte recht. Es konnte durchaus sein, dass wir Julian gegenüber zu blauäugig gewesen waren. Auf der anderen Seite aber hatte er eine gewisse Zeitspanne seines Lebens bei einem Bischof verbracht. Wenn er zur anderen Seite gehörte, dann hatte er sich schon stark verstellen müssen. Ob das so einfach gewesen war, wusste ich nicht.
»Hast du dir keine anderen Gedanken über den Angreifer gemacht?«, fragte ich.
Suko setzte sich auf die Schreibtischkante. »Habe ich, John.«
»Und was ist dabei herausgekommen?«
»Dass Sariel nicht vergessen werden darf.«
Ich deutete mit dem Zeigefinger auf ihn. »Genau das ist es, Suko. Wir dürfen Sariel nicht vergessen. Wir müssen auch daran denken, wie mächtig er ist. Da kann ich mir vorstellen, dass er kam, um Ignatius umzubringen. Er hat es nicht ganz geschafft, zum Glück, und ich gehe davon aus, dass er es noch mal versucht.«
»Und was ist mit Julian?«, fragte Suko.
»Den müssen wir finden. Unbedingt. Es ist unsere erste Aufgabe, und ich denke, dass wir auch jemanden mit ins Boot holen, der sich hier auskennt.«
»Denkst du an Conte?«
»Sicher.«
»Und was willst du ihm sagen?«
»Die Wahrheit, Suko. Wir müssen Vertrauen zu ihm haben. Dabei ist fraglich, ob er uns glauben wird.«
»Warum sollte er das nicht?«
»Weißt du, ob Ignatius ihn in seine Angelegenheiten eingeweiht hat? In die tiefen,
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