1848 - Wir jagten die rote Hexe
Mehr kann ich Ihnen auch nicht sagen, Sir.«
»Das hört sich nicht besonders gut an.«
»Ich weiß, aber was will man machen?«
»Haben Sie denn irgendwelche Hinweise, wo Sie eingreifen können?«
»Nein, die haben wir noch nicht. Das ärgert mich, aber es ist nichts zu machen.«
»Gut. Glauben Sie denn, hier in der Stadt eine Spur zu finden?«
»Sicher. Ich denke nicht, dass sie sich irgendwo verstecken kann, ohne dass sie gefunden wird. Larissa ist ein weiblicher Ghoul. Dementsprechend riecht sie auch. Das ist ja verräterisch.«
»Gut, dann verlassen wir uns darauf.«
Das Gespräch war beendet. Suko hatte mitgehört. Er war schon an Deck gegangen, wie ich wusste, und ich ging ihm mit langsamen Schritten nach.
Ein Mitglied der Besatzung begegnete mir und wollte sich bedanken, doch ich winkte ab.
»Schon gut. Wir haben Glück gehabt. Und das Glück gehört im Leben dazu.«
»Da sagen Sie was.«
Ich ging weiter und sah Suko an der Backbordseite stehen und in die Ferne schauen. Es gab nicht nur den Himmel und das Meer, sondern auch schon die Küste zu sehen und zwei andere Schiffe, die uns entgegen kamen. Die Mündung der Themse war so gut wie erreicht, und jetzt konnte eigentlich nichts mehr schiefgehen …
***
Es war ein hinterlistiger und brutaler Angriff gewesen. Jane hatte damit nicht rechnen können. Umso größer war der Schock, der sie jetzt erwischte.
Jane hörte sich röcheln, dann spürte sie den Schnitt der Schlinge, die ihren Hals erreicht hatte. Aber das Ding saß nicht optimal. Jane hatte sich im letzten Moment noch bewegen können, sich zur Seite gedreht und sich dabei auch geduckt.
So hatte die Würgerin keine besonders gute Position, aber der Druck der Schlinge konnte auch so tödlich sein.
Jane hörte sich schreien. Sie stemmte sich gegen den Griff. Sie wollte sich nicht nach hinten ziehen lassen, aber sie war nicht in der Lage, sich von der Schlinge zu befreien.
Sie schrie und keuchte. Das glaubte Jane. Stattdessen drangen andere Laute aus ihrem Mund. Sie merkte, dass ihr die Luft immer knapper wurde und die Schmerzen am Hals sich verstärkten. Mit den Händen konnte sie sich nicht befreien. Sie bekam keinen Finger zwischen der Schlinge und ihrer Haut. Wenn das so blieb, würde sie sterben müssen. Das wollte sie auf keinen Fall.
Auch wenn ihre Bewegungen immer schwächer wurden, so hatte sie die Hände doch frei. Und das wollte Jane ausnutzen. Mit einem routinierten Griff gelang es ihr, die Beretta aus dem Hosenbund zu ziehen.
Wohin schießen?
Lange Zeit, um zu zielen, hatte sie nicht. Außerdem wollte sie mit dem Schuss die andere Seite zumindest verunsichern. Sie schaffte es noch, die Waffe schräg zu halten, dann hörte sie den Abschussknall.
Einen Augenblick später jagte die Kugel aus dem Lauf und klatschte schräg in die Wand. Die Würgerin war zwar nicht getroffen worden, aber der Schuss zeigte trotzdem seine Wirkung. Und die spürte auch Jane Collins, denn hinter ihrem Rücken bewegte sich die Gestalt. Sie hörte einen Fluch, bekam das Zucken mit und drückte noch mal ab. Diesmal hatte sie die Waffe etwas drehen können und somit näher an die Würgerin herangebracht.
Sogar zu nahe, denn sie hörte einen Schrei, und einen Moment später ließ die Würgerin die Schlinge los. Jane merkte es nicht sofort, sie hörte nur das Aufsetzen der Schritte, als die Person floh.
Jane Collins drehte sich um. Leider etwas zu schnell, sodass sie das Gleichgewicht verlor, zur Seite taumelte und dann hinfiel. In der Zeit war sie bereits dabei, sich von der Schlinge zu befreien, was nicht einfach war, denn sie hatte sich fest um ihren Hals gedreht. Jane spürte auch die Feuchtigkeit an ihren Fingern. Es war kein Schweiß, auch kein Wasser, sondern klebriges Blut, das aus der Schnittwunde am Hals gedrungen war.
Sie lockerte die Schlinge endlich. Dabei jammerte sie leise, sie erlebte auch die Schmerzen, aber es überwog die Erleichterung, es letztendlich geschafft zu haben.
Sie krümmte sich auf dem Boden, lauschte ihrem Keuchen und hatte Mühe, einen klaren Gedanken zu fassen. Noch konnte sie nicht normal sehen, denn vor ihren Augen bewegte sich eine graue Welt. Noch überwogen die Schatten, noch kam sie sich vor wie eine fremde Person. Sie lag auf dem Boden und drückte ihren Körper immer wieder hoch, um dabei rasselnd nach Luft zu schnappen.
Es war schlimm, aber sie erholte sich. Wenn auch nur langsam, und dann fand sie auch die Kraft, aufzustehen.
Einfach war es nicht. Auf
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