1853 - Im Zeichen von Thoregon
einfach nicht mehr dagewesen. Vorher, so sagten sie übereinstimmend aus, hätten Tausende tiefblaue Blitze an dieser Stelle den Weltraum durchzuckt.
Kaif Chiriatha hatte daraus nur auf eine überlegene Transmittertechnologie schließen können.
Sie hatte Ce Rhioton bei einem seiner seltenen Besuche auf Helter Baaken danach gefragt. Im Grunde genommen war es der einzige seit seiner überraschenden Eröffnung gewesen, daß er sie auserwählt habe.
„Du wirst es erfahren, Kaif Chiriatha", hatte er geantwortet. „Du wirst einmal alles wissen, soviel wie ich und am Ende viel mehr. Doch noch muß ich über die Geheimnisse der Koalition Thoregon schweigen - selbst dir gegenüber."
Die Galornin hatte gespürt, wie sich ein Anflug von Trauer und Beklommenheit in seine unendlich starke mentale Aura mischte. Er hatte geseufzt und seine Hand schwer auf die ihre gelegt.
„Kaff, die Gemeinschaft Thoregon ist immer noch erst im Werden begriffen. Es gibt Millionen von Schwierigkeiten, die vor dem Schritt ins kosmische Rampenlicht noch ausgeräumt werden müssen. Ich bin deshalb häufig über die Brücke in die Unendlichkeit in den Galaxien Thoregons unterwegs und manches Mal auch weit außerhalb. Hab Geduld, Kaif, und höre nie auf, zu wachsen und zu lernen, bis der lag kommt, an dem du meine Aufgaben übernehmen wirst. Du wirst ihn so manches Mal verfluchen, wenn du einsam an einem Punkt des Universums stehst, wo noch nie ein Galorne gewesen ist. Allein, Kaif, verstehst du? Das wird dein Schicksal sein."
Sie hatte verstanden.
Allein, das bedeutete, ohne Lopt und ohne einen anderen Galornen, der ihr lieb und teuer geworden war.
Ohne Muum Dugesm, ihren alten Lehrmeister und Freund ...
Ohne ihr Kind ...
Es waren ihr unermüdlicher Ehrgeiz und der feste Glaube an Thoregon, der Kaif nicht daran verzweifeln ließ, innerhalb weniger Jahrzehnte zur zweithöchsten Galornin aufgestiegen zu sein. Der sie daran hinderte, Ce Rhiotons Angebot - falls es denn überhaupt ein solches war- abzulehnen und ihrem Leben eine andere Richtung zu geben.
Eine normale Galornin zu werden mit einer normalen Familie.
Doch gerade der, für den sie dies möglicherweise bereit gewesen wäre zu tun, würde das niemals zulassen. Lopt Zadheven war nicht minder ehrgeizig als sie. Er hatte sich damit abgefunden, daß sie die Auserwählte sein sollte, und er, der ehemalige Widersacher, unterstützte sie, wie und wo er nur konnte.
Auch um den Preis, sie eines Tages an ihre Aufgabe, an Thoregon zu verlieren.
Kaif Chiriatha und Lopt Zadheven liebten einander so heftig, wie sie sich vormals gehaßt hatten. Wenn ihre Auren zusammenflossen, dann glaubten sie, daß ihre mentalen Ströme das Universum zu sprengen vermochten. Sie reisten in ihrer Inneren Welt durch Labyrinthe der Erkenntnisse und durchbrachen vorher für sie unvorstellbare Barrieren.
Kaif brauchte noch ein Jahr, dann würde ihr erstes Kind das Licht der Welt erblicken. Und dann würde sie sich wieder voll in ihre Arbeit stürzen können, die jetzt Lopt zum großen Teil übernommen hatte. Lopt und sie wollten sich bei der Betreuung des Kindes abwechseln, so war es abgesprochen. Und wenn ihr Nachkomme erst einmal alt genug war, würde sich Muum Dugesm ebenfalls darum kümmern.
So war es gedacht.
Doch als es nur noch ein halbes Jahr bis zur Geburt war, erreichte Kaif die Nachricht von Dugesms Erkrankung.
Sie verließ sofort die Kontrollzentrale im Weltraum, wo bereits wieder Tausende von Galornen und viele Adlaten aus dem in die Wolke gebrachten Material erste Teilkomplexe des neuen Bauwerks montierten.
Im Licht der Atomsonnen waren die aneinander verankerten Flöße zu sehen, die wie gewaltige Schlangen vor dem Hintergrund des Staubmantels darauf warteten, entladen zu werden. Und ständig kamen mehr.
Kaif machte sich große Sorgen um ihren ehemaligen Lehrmeister. Woran er litt, das hatte man ihr nicht sagen können - nur daß es ihm von Tag zu Tag schlechter gehe.
Muum Dugesm war immerhin bereits knapp über siebenhundert Jahre alt. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Galornen betrug zwar achthundert, aber dies gab, wie alle statistischen Werte, niemandem eine Garantie.
Sie fand den väterlichen Freund in seinem Haus. Er hatte ihr Kommen bereits gespürt und kam ihr entgegen. Kaif sah ihn lächeln und fühlte, daß er glücklich war, sie so überraschend zu sehen.
In der letzten Zeit waren sie sich nicht oft begegnet. Kaif hatte sich schon Vorwürfe gemacht, ihn vernachlässigt
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